Morning Roundup: Aufklärungsweltmeister und menschlicher Austausch

By Auerbach and JR

Armenien-Resolution: Aufklärungsweltmeister Deutschland

In ihrer Auseinandersetzung mit der Armenienresolution des Deutschen Bundestages habe das türkische Regime die nationalistische Karte bei Menschen gezogen .., die eigentlich mit dem Land am Bosporus nicht mehr zu tun haben als die meisten Pauschaltouristen aus Deutschland, notierte bereits am Freitag Peter Nowak in einem Beitrag für „Telepolis“. Gemeint sind in Deutschland geborene junge Menschen, deren Eltern oder Großeltern aus der Türkei migrierten, mit Türkei-Fahnen in den Händen, in Berlin, auf Kundgebungen gegen die Armenienresolution.

Aber auch die Bundesregierung habe nationale Narrative bedient, so Nowak, und verweist auf den Wortlaut der Resolution. Dass der dabei verwendete Stil in zivilgesellschaftlichem Ton daherkomme, ändere nichts an jenem typisch deutsche[n] Nationalismus, der mit der Geschichtsaufarbeitung Weltpolitik  betreibt und die deutschen Interessen befördert. Die Moralisierung von Politik für den selbsternannten Aufklärungsweltmeister Deutschland sei seit Jahren der beste Weg .., die eigenen Interessen durchzusetzen.

Amerika, China: zwischenmenschlicher Austausch

In Beijing beginnen die 8. Strategischen und Wirtschaftlichen Dialoge und die 7. Hochrangigen Konsultationen zum People-to-People Exchange – der zweite Punkt ist am ehesten mit zwischenmenschlichen Austauschprogramm übersetzbar. Oder, per Definition des US State Department:

The CPE promotes and strengthens people-to-people ties between the United States and China in the fields of education, culture, health, science and technology, sports, and women’s issues. It provides a high-level annual forum for government and private-sector representatives to discuss cooperation on exchanges in a broad, strategic manner.

Sport und Frauengeschichten haben in der neueren amerikanisch-chinesischen Aktivitätenskala Tradition: 1973 besuchte Shirley MacLaine mit einer Frauendelegation die VR China. Seinerzeit eröffneten Washington und Beijing Verbindungsbüros bei der jeweiligen Gegenseite – die Vorläufer der späteren offiziellen Botschaften.

—– —– —– —– —–

Irgendwie fehlen hier die soft topics – aber die kann ich nicht, die muss ich mir leihen. Für die Frühstückspause:

Übung macht den Meister.

—– —– —– —– —–

OAS-Generalsekretär: „Ernsthafte und dringliche Situation“ Venezuelas

Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, hat eine Konferenz angesetzt, auf der Venezuelas Mitgliedschaft in der Organisation aufgrund seiner innenpolitischen Krise möglicherweise ausgesetzt werden soll, berichtet „Euronews“. Es wäre offenbar das erste Mal, dass die OAS zu einem solchen Mittel griffe.

Es sei nicht vorhersehbar, ob eine für die Supsendierung Venezuelas erforderliche Zweidrittelmehrheit in der OAS-Konferenz, in der jedes Mitgliedsland ungeachtet seiner Größe eine gleichgewichtige Stimme habe, überhaupt zustandekommen werde, erklärte Andreas Feldmann, ein Juniorprofessor an der University of Illinois, in einem Interview mit der „Deutschen Welle“.

Im innervenezolanischen Konflikt hat sich Almagro, von 2010 bis 2015 Außenminister Uruguays, klar auf die Seite der Opposition in Caracas geschlagen. Aber seine Linie ist in Lateinamerika – inner- und außerhalb der OAS – keineswegs unumstritten.

Der kubanische Staatsrats- und Ministerratsvorsitzende Raúl Castro erklärte auf einem Gipfel der Association of Caribbean States (ACS) in Havana, sein Land, das 1962 aus der OAS ausgeschlossen wurde, sei an einer Rückkehr in „ein Instrument imperialistischer Vorherrschaft“ nicht interessiert.

Auch aus Argentinien droht der Initiative Almagros  laut „Guardian“ Ungemach: Argentinien sei demzufolge an einem „Deal“ mit Caracas über die Berufung des nächsten UN-Generalsekretärs interessiert. „Das ist ernst“, zitierte der „Guardian“ aus einem Telefoninterview mit Almagro, „Mitglieder beschweren sich. Solche Spiele sollten nicht gespielt werden. Wir reden über ein Land [Venezuela], das vor einer ernsten und dringlichen Situation steht.“

Möglicherweise hat die Haltung des argentinischen Präsidenten Mauricio Macri den OAS-Generalsekretär tatsächlich überrascht. Denn noch im November 2015, nach seiner Wahl zum Präsidenten Argentiniens, hatte Macri kein gutes Haar an der Regierung in Caracas gelassen.

Association of Caribbean States erklärt Unterstützung für Maduro

Vom 2. bis 4. Juni trafen sich die Staats- bzw. Regierungschefs der Association of Caribbean States (ACS) in Havana. Der „Jamaica Observer“ übernahm dazu am Sonntag einen Bericht der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua, dem zufolge die Außenminister der Mitgliedsländer eine gemeinsame Unterstützungserklärung für die Regierung Maduro verabschiedeten, die von den Staats- und Regierungschefs „bewertet“ werden solle. Laut Radio Havana wurde ein Sonderkommuniqué zur Unterstützung der venezolanischen Regierung in die Abschlusserklärung des Gipfels aufgenommen.

Erstmals nahm ein niederländischer Premierminister am ACS-Gipfel teil. Mark Rutte warb in Havana für niederländische Expertise in Wasser- und Deltamanagement und für einen niederländischen Vertreter im UN-Weltsicherheitsrat.

Verwirklichung chinesischer Träume: die Universität

„Leider ist das das Nationale Examen zur Hochschuleinschreibung für viele andere gewöhnliche Schülerinnen der einzige Weg, unsere Träume zu verwirklichen,“ zitiert „Bloomberg“ eine junge Sichuanesin in einem Artikel über das Gefälle in den Universitätszugangsprüfungen zugunsten von Chinesen aus den großen Städten des Landes. Tatsächlich gelten die zweitägigen Prüfungen als nahezu alternativlos für Chinesen mit Ehrgeiz. Entsprechend hoch ist der Stress. Aber darum Bücher zerreißen und in den Fluren der Prüfungsstätten herumschreien? Das geht gar nicht. Entweder würdevoller Stressabbau, oder gar keiner, verfügte laut „BBC“ das Erziehungsbüro der Stadt Xiamen in der südostchinesischen Provinz Fujian.

Am Dienstag beginnen die diesjährigen universalen landesweiten und einheitlichen Hochschulimmatrikulationsprüfungen der VR China (zhonghua renmin gongheguo putong gaodeng xuexiao zhaosheng quanguo tongyi kaoshi – oder kürzer: gaokao.). Alleine die zentralchinesische Stadt Xi’an hat 13 Prüfungsstätten eingerichtet, für 58.000 Prüfungskandidaten.

Eine senior high school in der Stadt Dancheng, Provinz Henan, gilt mit ungewöhnlich hohen Zugangsraten zur Beijing-Universität und zur Tsinghua-Universität als „Zugangsprüfungstraumfabrik“, also als besonders erfolgreiche Bildungseinrichtung bei der Prüfungsvorbereitung.

Fotos aus den Büffelsessions in Dancheng veröffentlichte  heute früh die Nachrichtenagentur „Xinhua“.

 

+++ Échauffements in Kürze +++

Die EU stimmt heute über das  krebserregende Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ab. Deutschland enthält sich der Abstimmung, da es der Großen Koalition

„… bislang nicht gelungen [ist], eine gemeinsame Position zu entwickeln. Und deshalb wird sich die Bundesregierung bei der Abstimmung in Brüssel enthalten.“

So der Regierungspressesprecher Steffen Seibert. +++ die Zeit berrichtete letzte Woche »Glyphosat soll noch mindestens ein Jahr erlaubt seinDie Zulassung für den Unkrautvernichter Glyphosat läuft Ende Juni aus. Die EU-Kommission hat nun für eine zwischenzeitliche Verlängerung plädiert. Schon wieder.«

TÜRKEI +++ Armenien Resolution des Bundestages. Der türkische Präsident Erdogan nennt türkischstämmige MdB »verlängerten Arm« der Terroristen. Die ARD brachte dazu am Samstag ein kurzes Statement mit dem Journalisten @OezcanMutlu in dem die Gefahren für Presse- und Meinungsfreiheit deutlich werden. Zumal, laut ARD, in einschlägigen Kreisen wohl auch schon eine Liste deutscher Abgeordneter samt Namen und ihren Fotos kursierte. Dazu bei SPON http://www.spiegel.de/politik/ausland/erdogan-wettert-gegen-tuerkischstaemmige-bundestagsabgeordnete-a-1095991.html

+++ In Hessen tagt ab 9:00 Uhr der NSU-Untersuchungsausschuss. Befragt wird mit Andreas Temme heute der Ex-Verfassungsschutz Beamte, der während des Mordes an Halit Yozgat zufällig mit im Café in Kassel saß, dennoch aber nichts bemerkt haben will. Die Befragung Temmes lässt sich im NSUAU_Hessen eigenen Twitterfeed https://twitter.com/nsuwatch_hessen gut verfolgen und wird außerdem von Journalisten u. a. der Frankfurter Rundschau live – witzig und klug – kommentiert, besonders von Hanning Voigts @hanvoi .

+++ NAZIS griffen Polizei in Dortmund an. Die Polizei dazu mit einem Statement auf Facebook https://m.facebook.com/Polizei.NRW.DO/posts/1161114200575855 +++

+++ Die Probleme der Politik werden bei Bei Augstein und Blome gelöst. Jakob Augstein fordert: Die CSU für ganz Deutschland! – Eine richtig schöne Idee.

»Die CDU wäre die eine, große Volkspartei der Mitte, rechts flankiert von der kleinen Schwester CSU, links von den Grünen. Die AfD wäre marginalisiert oder tot, die Linken auf ewig in den östlichen Schmollwinkel verbannt und die SPD, ja, die SPD – die hätte da gar keinen sinnvollen Platz mehr. Mit Blick auf Bebel und Brandt wäre das traurig, keine Frage. Aber jetzt mal ehrlich: eine SPD, die das Wort „sozialdemokratisch“ erst googlen muss, fehlt niemandem.«  Jakob Augstein

Das Konzept schnell erläutert https://www.facebook.com/JakobAugstein/posts/1166856600025933

Schlagwörter:, , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Über justrecently

Blogging about China - the economy, politics, and society. Translating Chinese press articles into English. Making Net Nanny talk.

18 Antworten zu “Morning Roundup: Aufklärungsweltmeister und menschlicher Austausch”

  1. Auerbach sagt :

    Hat dies auf montagfrei rebloggt.

    Gefällt 1 Person

  2. schna'sel sagt :

    »Irgendwie fehlen hier die soft topics – aber die kann ich nicht, die muss ich mir leihen.«

    that brute, famous actor named Willis
    though did not embody soft skillis
    he nevertheless
    got a lot of success
    by his personal heel of achilles

    Gefällt 1 Person

    • justrecently sagt :

      Vorschlage „soft skillis“.

      Gefällt 2 Personen

      • schna'sel sagt :

        Ja, würde man das so bilden? Ich kann Ihnen das nur glauben, bin aber davon überzeugt, dass Sie da den kompetenteren Hintergrund haben…

        Like

      • justrecently sagt :

        … bin aber davon überzeugt, dass Sie da den kompetenteren Hintergrund haben…

        Ja, wer weiß das schon? Wo ich aber eh schon beim Rechthaben bin, möchte ich noch darauf hinweisen, dass ich den Nowak-Artikel zwar für eine gute Beobachtung der laufenden Politik halte, bei seiner Auffassung davon, was „Hohe Pforte“ bedeutet, aber doch Zweifel daran habe, dass er das richtig verstanden hat.

        Allerdings war die „Hohe Pforte“ für Diplomaten eine Art Interface zur Türkei, so wie Kanton es in China zunächst für die Ostindischen Kompanien war. Das mag die Wahrnehmung prägen – aber wohl kaum als ein türkisches Tor, welches das Deutsche Reich hätte in Besitz nehmen können.

        Gefällt 2 Personen

        • schna'sel sagt :

          »Allerdings war die „Hohe Pforte“ für Diplomaten eine Art Interface zur Türkei, so wie Kanton es in China zunächst für die Ostindischen Kompanien war.«

          Tja, spannend, die Geschichte, und bis heute definitiv von Bedeutung. Genau so wie die Orientalistik dieser Zeit. Ich habe nur das Gefühl bei dem ganzen Informationsangebot muss man sich entscheiden. Wenn man so eine Tür aufmacht, dann ist dahinter auch immer eine ganze Welt verborgen… Lohnt sich sicher, kostet aber auch sehr viel Zeit

          Like

Hinterlasse einen Kommentar