Bedingungsdemokraten
Das mittlerweile unüberhörbare Gejammere darüber, die Alten hätten beim britischen EU-Referendum die Zukunft der Jungen bestimmt, ist nicht nur albern. Es ist demagogisch. Wer behauptet, die Brexiters seien eben überwiegend alt und müssten die Folgen ihrer Entscheidung nicht mehr tragen, verkennt nicht nur, dass es eben auch alte Remainers und junge Brexiters gab; sondern er beginnt, die abgegebenen Stimmen zu gewichten. Die Möglichkeiten, das zu tun, dürften nahezu unbegrenzt sein – je nachdem, wie man es gerade braucht.
Das aber richtet sich frontal gegen ein Essential der Demokratie: one (wo)man, one vote.
Versuche, die Bedeutung eines Stimmrechts in einer demokratisch verfassten Gesellschaft zu Gunsten eines anderen Stimmrechts zu relativieren, sind verfassungswidrig. Es gibt nur ein Stimmrecht, das für alle Bundesbürger (oder in diesem Falle britischen Stimberechtigten) gleichermaßen gilt.
Der Grund für die Versuche, Jung gegen Alt auszuspielen, dürfte vor allem darin liegen, dass die Autoren solcher Versuche zwar vorgeblich die Demokratie bejahen, aber nicht, wenn demokratische Entscheidungen tatsächlich weitreichende Konsequenzen haben. Dass sie zwar das Recht des Volkes – des Souveräns – auf die Ausübung der politischen Macht „im Prinzip“ bejahen, aber nur, wenn Abstimmungen so ausgehen, wie sie selbst sie sich gewünscht hätten.
Es gibt berechtigte institutionelle Prüfstellen für die Rechtmäßigkeit demokratischer Beschlüsse. Es gibt Rechte, die unveräußerlich zu jedem einzelnen Menschen gehören, und es gibt bürgerliche Rechte, die nur unter ganz bestimmten Umständen eingeschränkt werden dürfen.
Solche Rechte sind nicht zustimmungsbedürftig. Keine noch so große Mehrheit hat das Recht, über die Ausübung solcher Rechte durch Minderheiten zu befinden. Da stößt das Mehrheitsprinzip auf berechtigte Grenzen.
Aber um solche Rechte ging es beim Referendum über den Brexit nicht. Das mediale – für viele Leser sicherlich wohltönende – Gemurre darüber, die zukunftslosen Alten hätten die Zukunft der hoffnungsvollen Jugend bestimmt, richtet sich tatsächlich gegen die demokratischen Rechte aller: der Alten, der Mittelalten, und der Jungen.
Hier äußern sich nicht die Beschwerden von Demokraten, sondern von Bedingungsdemokraten.
Bedingungsdemokraten sind nur so lange Demokraten, wie sie Mehrheiten finden.
Hat dies auf montagfrei rebloggt.
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Von den 18-24 Jährigen sind nur 36% wählen gegangen. https://twitter.com/erhardstackl/status/746731914292301825
😦
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Das sind aber indirekt hergeleitete Werte daraus, wie die Wahlbeteiligung in Gebieten mit einem hohen Anteil junger Wähler war, oder? Ich bestreite nicht, dass sie einen Aussagewert haben, aber der scheint mir nicht so hoch zu sein wie absolute Zahlen.
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P.S.: Wer macht morgen den Roundup? 🙂
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Ich bin dran, schaffe das aber nicht bis 9, in der Labour Party läuft ein Corbyn Putsch. Jeremy hat Hilery Benn rausgeschmissen, weil er ihn unterminierte … wegen der „Junge Wähler Frage“ hier http://www.theguardian.com/politics/2016/jun/26/hilary-benn-revolt-jeremy-corbyn?CMP=share_btn_tw
Es gab wohl auch ein Corbyn-Interview auf Sky, in dem seine Aussagen verfälscht dargestellt wurden, … Das such ich gerade …. Alles Wahnsinn, sie wollen den integersten, besten Politiker absägen. Blair murkst da wohl im Hintergrund mit rum. Zwei Wahlen simultan, Tory und Labour?
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Bon – isch ‚eute, Sie morgen. Aber vielleicht nachher ein paar Updates re Corbyn von Ihnen?
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I owe you :))
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Hehe. Just words. :-))
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Words rule! :))
Bilder: Habe gerade die Guardian Titelseite von gestern in unseren Bilderpool hochgeladen. Und auch die von Liberation, mit Boris suspended up in the air … alles verwenden wo es passt.
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–
Nu isser drin. Juncker as carved into stone by Albrecht Dürer included:
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