Tag-Archiv | Xi Jinping

Morning Roundup: Warschauer Gipfel – zwei Orgs, ein Ehrgeiz

Heute:

  • NATO/EU: „Gemeinsame Verpflichtungen“
  • NATO und EU: Zwei Orgs, ein Ehrgeiz
  • Historischer Kalender / Wunschkonzert
  • Russland: ein Terrorist, ein Extremist, ein Selbstmordbomber
  • Taiwan: kein Terrorismus
  • Südkorea: THAAD-Überwachung wird installiert
  • US-Kongress: Eierkopf belehrt Hinterwäldler
  • Menschenrechte in China: Stein, der im Meer versinkt
  • Mitglieder des Repräsentantenhauses treffen Trump

Merkel_Warschau

NATO/EU: „Gemeinsame Verpflichtungen“

Großbritannien entsendet ein Bataillon von 500 Soldaten nach Estland, sowie 150 Soldaten nach Polen, um diese Länder „zu beruhigen“, zitierte die BBC am Freitag den britischen Verteidigungsminister Michael Fallon. Die entsprechende Zusage habe die NATO nach der Annexion der Ukraine 2014 gemacht. Insgesamt sei die Stationierung von vier multinationalen Bataillonen unter britischer, amerikanischer, deutscher und kanadischer Führung in Estland, Lettland, Litauen und Polen vorgesehen.

Militärexperten Die baltischen Staaten, so BBC-Korrespondent Jonathan Marcus, wären gegen einen schnell mobilisierten russischen Angriff „fast ummöglich zu verteidigen“. Dieser würde kaum in einem Panzerangriff bestehen:

Ein typisches „wargamed“ Szenario ist das einer Infiltration durch russische Spezialkräfte in einen der baltischen NATO-Mitgliedsstaaten – Estland zum Beispiel, wo es eine bedeutende russischsprechende Minderheit gibt.
A typical scenario „war gamed“ is of infiltration by Russian special forces into one of Nato’s Baltic members – Estonia, for example, where there is a significant Russian-speaking minority.

Unruhen führen zu Gewalt, Russischsprechende werden getötet, und eines Morgens wacht die NATO auf und sieht, dass über Nacht eine russische „Friedenstruppe“ eine Stadt wie Narwa nahe der russischen Grenze eingenommen hat, um die lokale Bevölkerung zu „beschützen“. Was macht die Allianz dann?
Unrest leads to violence; Russian-speakers are killed; and one morning Nato wakes up to find that over-night a Russian „peace-keeping“ force has seized a town like Narva, near the Russian border, to „protect“ the local population. So what does the alliance do then?

Es gehe also darum, Russland davon zu überzeugen, dass nach Jahren der verstärkten Aktivitäten in Übersee die kollektive Verteidigung nun ernst gemeint sei.

Im Kalten Krieg sprach man von Abschreckung (deterrence) – auch dieser Begriff aus dem Ost-West-Lexikon ist wieder da.

Ebenfalls am Freitag unterzeichneten der Präsident des Europäischen Rates (Donald Tusk), der Präsident der EU-Kommission (Jean-Claude Juncker) und der NATO-Generalsekretär (Jens Stoltenberg) in Warschau eine gemeinsame Erklärung. Diese enthält – grob wiedergegeben – folgende Punkte:

  • Stärkung der gemeinsamen Fähigkeit, hybride Kriege zu parieren
  • operative Zusammenarbeit u. a. auf See und bei Migration
  • Cybersicherheit
  • schlüssige, einander ergänzende und vollständig kompatible Verteidigungsfähigkeiten von EU-Mitgliedsstaaten und NATO-Verbündeten
  • Förderung einer stärkeren Verteidigungsindustrie und größerer Verteidigungsforschung sowie industrielle Zusammenarbeit, innereuropäisch und transatlantisch
  • Koordination der Militärmanöver mit ersten parallelen und aufeinander abgestimmten Manövern 2017 und 2018 und
  • dem Aufbau von Verteidigungs- und Sicherheitskapazitäten, gegenseitige (oder einander ergänzende) Förderung der Widerstandskraft der Partner im Osten und Süden mit Hilfe spezifischer Projekte für einzelne Nehmerländer, darunter auch die Stärkung der Marinekapazitäten.

In praktischer Hinsicht spielt die Tatsache, dass z. B. das EU-Mitgliedsland Schweden kein NATO-Mitglied ist, nicht mehr die Rolle wie zur Zeit des Kalten Krieges. Schweden trat 1994 der „Partnership for Peace“ bei und gilt laut NATO als „einer der aktivsten Partner der NATO und als ein geschätzter Beitragsleister für NATO-geführte Einsätze auf dem Balkan und in Afghanistan“ – allerdings „basierend auf einer langjährigen Politik militärischer Bündnisfreiheit und einem entschiedenen nationalen Konsens, gerichtet auf Gebiete, auf denen gemeinsame Ziele bestehen. Während die (regierenden) schwedischen Sozialdemokraten und Grünen an einem Nichtbeitritt festhalten, haben die Zentrumspartei und die Christdemokraten ihre Position nach 2014 geändert. Allerdings bilden die beiden Parteien nur einen kleinen Teil der bürgerlichen Reichstagsfraktionen und stellen zusammen lediglich 38 Mandate von insgesamt 349.

Die Wortwahl „Partner im Osten und Süden“ ist nicht eindeutig. Sie könnte sich auf Mitgliedsländer der NATO, aber auch auf Nichtmitgliedsstaaten wie Georgien und die Ukraine („Partnership for Peace“) beziehen.

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Vergleiche hierzu „Morning Roundup“, 08.07.16, Warschauer NATO-Gipfel.

 

Nato_Obama

NATO und EU: zwei Orgs, ein Ehrgeiz

US-Präsident Barack Obama erwarte vom Vereinigten Königreich auch nach dem „Brexit“-Votum eine wichtige Rolle in der europäischen Sicherheitspolitik, so – immer noch am Freitag – die BBC. Man ist in London noch wer.

Der diesbezügliche Artikel enthält auch Hinweise des BBC-Korrespondenten Jonathan Marcus darauf, was die NATO und die EU in ihrer gemeinsamen Deklaration (siehe vorigen Teilbeitrag) unter „Partner im Osten und Süden“ verstehen könnten:

Die gemeinsame Erklärung der EU und der NATO verpflichtet sich zur Beschleunigung der Kooperation angesichts so genannter „hybrider Bedrohungen“, die Propaganda und psychologische Kampagnen, Cyberattacken und die Nutzung politischen, wirtschaftlichen und energiewirtschaftlichen Drucks beinhalten.
The EU and Nato joint declaration pledges to accelerate co-operation in the face of so-called „hybrid threats“, which include propaganda and psychological campaigns, cyber-attacks, and use of political, economic and energy pressure.

Die NATO ist mithin so ziemlich alles. Zuständig. Ähm, für. Was sie mit der EU gemeinsam haben dürfte. Zwei Organisationen, ein Ehrgeiz.

So machen Freihandelsabkommen richtig Sinn.

Historischer Kalender / Wunschkonzert

Nachdem schon das musikalische Element im vorigen Morning Roundup zu gefallen wusste, hier noch eins, aus historischem Anlass:

Heute vor 101 Jahren kapitulierte das damalige Deutsch-Südwestafrika vor der ebenfalls damaligen Südafrikanischen Union. Das deutsche Liedgut aber wurde auch  67 Jahre später noch in der Ex-Kolonie und im Ex-Mutterland gepflegt.

Russland: ein Terrorist, ein Extremist, ein Selbstmordbomber

Sehen Sie selbst!

Taiwan: kein Terrorismus

Puh, Glück gehabt!

Südkorea: THAAD-Überwachungssystem

In Südkorea wird ein Raketenüberwachungssystem stationiert, das zwar als Maßnahme zur Frühwarnung gegen nordkoreanische Angriffe deklariert ist, sich aber auch zur Überwachung von Teilen Chinas und Russlands eignet.

US-Kongress: Eierkopf belehrt Hinterwäldler

Zur Erinnerung: das FBI empfiehlt, keine Anklage gegen Hillary Clinton wegen ihres Umgangs mit dienstlichen Emails zu erheben. Republikanische Kongressabgeordnete reagieren darauf unwirsch und laden den FBI-Direktor zur Befragung vor. Dieser hält einen Vortrag – teilweise sogar auf Lateinisch.

Kurzwellendienst der Voice of America für Afrika am Donnerstag nachmittag (Weltzeit):

Angry Republican lawmakers are demanding answers Thursday from the Chief of the Federal Bureau of Investigations, about why he concluded that Hillary Clinton was extremely careless in dealing with classified material in emails, while she was secretary of state, yet said that no charges were warranted against the presumpted Democratic presidential nominee. FBI director James Comey is at this hour appearing before a House of Representatives investigative panel. The hearing comes two days after concluding there was no evidence that Clinton clearly, willfully had sought to violate US laws by using private email servers, stationed at her New York home, rather than more secure government email servers, while she was secretary of state. This is James Comey:

„In our system of law, there’s a thing called mens rea. It’s important to know what you did, but when you did it, this Latin phrase,mens rea, means ‚what were you thinking?‘ We don’t want to put people in jail unless we prove they knew they were doing something they shouldn’t do. That is the characteristic of all the prosecutions involving mishandling of classified information.“

Mr. Comey went on to say that his investigation did not meet that threshold to prosecute.

„So when I look at the facts we’ve gathered here, as I said, I see evidence of great carelessness, but I do not see evidence that is sufficient to establish that Secretary Clinton or those with whom she was corresponding both talked about classified information on email and knew when they did it they were doing something that was against the law.“

Menschenrechte in China: Stein, der im Meer versinkt

Mandarindienst des Taiwaner Auslandsradios RTI, am Freitag:

Die Repressionen des Staatsvorsitzenden auf dem chinesischen Festland, Xi Jinping, gegen abweichende Meinungen dauert seit einem Jahr an. Heute verstärkten Mitglieder des US-Kongresses ihre Kritik an der Inhaftnahme mehrer Dutzend Menschenrechtsjuristen. Deutschland forderte das Festland dazu auf, seine Pflichten hinsichtlich der Menschenrechte zu erfüllen.
中國大陸國家主席習近平對不同意見展開鎮壓迄今1年,今天美國國會議員對大陸已關押數十名人權律師加以批評。德國則促請大陸,履行人權義務。

[…]

Die Congressional-Executive Commission on China (CECC) rief das Festland laut der Nachrichtenagentur Reuters dazu auf, „politische Gefangene“ freizulassen. Ferner kritisierte die CECC die von ihr so bezeichnete „öffentliche Verachtung“ Chinas für „die Herrschaft des Rechts und die universalen, öffentlich anerkannten Menschenrechte.“
路透社報導,美國國會及行政部門中國問題委員會(CECC)呼籲大陸釋放「政治犯」,並對該委員會所形容中國「公然藐視法治和普世公認的人權」加以批評。

Chris Smith, republikanischer Abgeordneter im Repräsentantenhaus, sagte in einer Erklärung: „Die chinesiche Festlandsregierung ergreift außerordentliche Maßnahmen und entfernt mit allen Kräften Menschenrechtsjuristen. Damit macht sie diesen Berufszweig zügig zu einem der gefährlichsten auf dem chinesichen Festland.“
共和黨眾議員史密斯(Chris Smith)在聲明中指出:「中國大陸政府採取非常手段,大量消除人權律師,使這項行業迅速成為大陸最危險的行業之一。」

Die deutsche Botschaft in China erklärte heute (8. Juli), die Botschaft habe wiederholt Telefonanrufe und Faxe mit Erkundigungen hinsichtlich der festländischen Menschenrechtsjuristen an die festländischen Behörden gerichtet. Diese seien aber sämtlich ohne Reaktion geblieben.*)
德國駐中國大陸大使館今天(8日)表示,使館一再致電並傳真給大陸當局,以求了解大陸人權問題,但都石沈大海。

In einer Erklärung sagte die deutsche Botschaft, „Wir fordern das chinesische Festland dringend dazu auf, seine internationalen Verpflichtungen hinsichtlich der Menschenrechte zu erfüllen und nicht nur das Recht auf Meinungs- und Ausdrucksfreiheit zu respektieren, sondern auch das Versprechen zur Errichtung der Herrschaft des Rechts zu verwirklichen.“
德國使館發表聲明說:「我們強烈要求中國大陸,履行國際人權義務,並不只是要尊重言論自由權,也須實現建立法治的承諾。」

Die Übersetzung folgt der taiwanischen nachrichtlichen Sprachgewohnheit. Ob die deutsche Botschaft tatsächlich vom „chinesischen Festland“ oder schlicht von „China“ sprach, bleibt dahingestellt.

Die Erklärung des Congressional-Executive Commission on China (CECC) im Wortlaut findet sich hier.
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*)  石沈大海, shi chen da hai (ohne Reaktion geblieben) bedeutet wörtlich übersetzt „Stein, der im Meer versinkt“

Mitglieder des Repräsentantenhauses treffen Donald Trump

Trump hat es nicht leicht mit den republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus, und wer soll sein Vizepräsident werden?

Guten Morgen.

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Morning Roundup: Steinmeier schaltet sich scharf, aber London hat Zeit

Brexit: there’s no such Thing as a Deadline

David Cameron trifft am Dienstag und Mittwoch nächster Woche seine Kollegen bei einem Gipfel des Europarats, schrieb gestern der „Telegraph“:

Er wird unter erheblichem Druck stehen, Artikel 50 [des Lissabon-Vertrags] zu aktivieren und Ausstiegsverhandlungen zu beginnen. Die Führer [der EU-Mitgliedsstaaten und der EU] wollen nicht in ein monate- und jahrelanges Gefeilsche über Großbritanniens Status hineingezogen werden: „Raus ist raus“, sagte [EU-Kommissionschef] Jean-Claude Juncker am Mittwoch.

Im Gegensatz dazu hat die offizielle Out-Kampagne gesagt, es bestehe keine Notwendigkeit, Artikel 50 zu aktivieren, so lange keine informellen Verhandlungen stattgefunden hätten – die potenziell Jahre dauern können.

Geht es nach EU-Kommissionschef Juncker, sollen sich die Briten zügig vom Acker machen. Und während die deutsche Regierungschefin Angela Merkel London ein möglichst freundliches Gesicht zu zeigen versucht, macht Friedensfürst Steinmeier sich schon mal scharf.

Eine Default-Regelung, der zufolge nach einem Zeitrahmen von zwei Jahren entweder eine Einigung erreicht ist oder aber Großbritannien nur noch zu WTO-Konditionen mit der EU handeln und investieren darf, gibt es aber nicht, so lange der Artikel 50 nicht mit einer britischen Austrittsnote an Brüssel aktiviert wurde.

Und da stellt sich natürlich die Frage, warum London sich freiwillig unter Zeitdruck setzen sollte. Das Referendum hatte eine beratende, keine Anweisungsfunktion für Whitehall, hob vor zwei Tagen David A. Green, Rechtskommentator der „Financial Times“ hervor. Und auch bei Befolgung des Ergebnisses liege es bei London, den „roten Knopf“ des Artikel 50 zu drücken – und das werde nicht zwangsläufig geschehen.

Mit Fristen hat man in London bereits vor dreißig Jahren böse Erfahrungen gemacht: als Großbritannien mit China über die Rückgabe Hong Kongs verhandelte, gab es einen nahezu unausweichlichen Termin: den 99 Jahre zuvor vereinbarten Rückgabetermin des nahezu kompletten Territoriums am 1. Juli 1997 um null Uhr. Von Chinas Daumen auf Hong Kongs Trinkwasserversorgung und Hong Kongs Müllabfuhr gar nicht zu reden.

Neoliberale Vision für die britische Zukunft

Tim Congdon, Wirtschaftsprofessor und führendes Mitglied der UKIP, zeichnet in einem BBC-Beitrag das Bild eines wirtschaftlich liberalisierten Großbritanniens:

Mit einem Vereinigten Königreich, das wieder in der Lage ist, finanzielle Regulierungen entsprechend seinen eigenen Bedürfnissen zu schneidern, kann die Londoner City außerhalb der EU blühen. Die meistgehandelte Währung in der City ist der Dollar. Aber das Vereinigte Königreich ist kein Staat der USA – musste nicht der 51. Staat werden, um seinen hohen Anteil am internationalen Finanzgeschäft aufrechtzuerhalten, das in Dollars betrieben wird. Wertpapiere, die in vielen Nationen herausgegeben werden, kauft und verkauft man in London, und das wird nach dem Brexit weitergehen.

[…]

Natürlich müssen britische Unternehmen, wenn sie in die EU exportieren, die EU-Regulierung befolgen, ob das Vereinigte Königreich nun in der EU ist oder nicht. Aber gibt es irgendeinen Grund, warum das UK nicht ein Arrangement mit der EU verfolgen sollte wie das der USA, Australiens, oder Kanadas? Sie blühen, ohne zum Gemeinsamen Markt zu gehören.

Auf keinen Fall darf das UK irgendwelches Geld an die EU zahlen, für den Zugang zum Gemeinsamen Markt, wie es Norwegen und die Schweiz tun.

Nationen ziehen Nutzen aus dem freien Handel. Der Gipfel des freien Handels ist wirklich der absolute, bedingungslose und unilaterale freie Handel, wie Singapur und Hong Kong ihn betreiben.

Es darf keinen Zweifel an Großbritanniens Fähigkeit geben, eine erfolgreiche eigene Handelspolitik außerhalb der EU zu errichten.

Sogar Nationen, die so klein wie Island und Chile sind, mit Handelsvolumina, die Bruchteile des britischen ausmachen, haben ausgedehnten internationalen Handel, die auf gegenseitig vorteilhaften bilateralen Handelsabmachungen und multilateralen Rahmenwerken der Welthandelsorganisation beruhen.

Noch nie habe ein Staat die EU verlassen, so BBC-Korrespondentin Carolyn Quinn in einem Feature für BBC Radio 4 im Januar. Aber Grönland, ein autonomes Überseegebiet Dänemarks, habe nach einem Referendum die EU verlassen – das war 1985, über zwanzig Jahre vor der Unterzeichnung und Inkraftsetzung des Vertrags von Lissabon mit dem jetzt so kritischen Artikel 50.

Das damalige Ergebnis des grönländischen Referendums: 52% für Austritt, 48% dagegen.

Putin besucht Beijing

Am Samstagabend Lokalzeit trafen sich Chinas Staatsvorsitzender Xi Jinping und Russlands Präsident Vladimir Putin in Beijing. Zu den von ihnen diskutierten Themen gehörten laut Radio Japan die Konflikte um das Südchinesische Meer.1) Laut der staatlichen russischen Medienplattform RT billigten die beiden Seiten Geschäftsinitiativen im Gesamtwert von 50 Mrd. US-$. Außerdem sei ein verstärkter Einsatz in nationalen Währungen – also russischen Rubel und chinesischen Yuan RMB – in den bilateralen Geschäften vereinbart worden.

Putin besuchte Beijing im Anschluss an das Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit in Uzbekistan. Laut „Guardian“ lag der Schwerpunkt dabei auf Energielieferungen und petrochemischen Projekten, inklusive Unternehmensbeteiligungen.

Laut „Beijing Times“, hier wiedergegeben durch die „Volkszeitung“, dem Zentralorgan der KP Chinas, wurden über dreißig Dokumente über Zusammenarbeit unterzeichnet. Die chinesische State Grid Corporation und das russische Energieunternehmen Rosseti unterzeichneten anlässlich des Putin-Besuchs einen Vertrag über die Gründung eines Joint Ventures. Tass meldete heute, Geschäftsfeld des JV werde der Ausbau von Infrastrukturen in der Energieversorgung sein. Die Finanzierung – bis zu 1 Mrd. US-$ jährlich – werde durch chinesische Kredite sowie durch andere ausländische Finanzinstitutionen gewährleistet.

Xi betonte bei dem Treffen mit Putin in der „Großen Halle des Volkes“ auch die Bedeutung gegenseitiger politischer Unterstützung der beiden Länder. Durch Förderung der Zusammenarbeit auf Gebieten gemeinsamen Interesses, insbesondere die Förderung strategischer Schnittstellen in der Entwicklung beider Länder und des Seidenstraßenprojekts.2), solle ferner die Zusammenarbeit im Rahmen der Eurasischen Wirtschaftsunion gestärkt werden.

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1) Vergleiche „Morning Roundup“, 11.06.16, Spratley-Inseln: Philippinen gegen China.
2) Seidenstraße = one belt, one road, vergl. Xi Jinping in Polen, 21.06.16.

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Morning Roundup: Bedrohte Zukunft

 

BERLIN. In einem offenen Brief spricht sich die Belegschaft der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz gegen den neuen Intendanten, den Kurator und jetzigen Direktor der Tate Modern, Chris Dercon aus:

„Dieser Intendantenwechsel ist keine freundliche Übernahme. Er ist eine irreversible Zäsur und ein Bruch in der jüngeren Theatergeschichte, während der die Volksbühne vor der Umwidmung in ein Tanz- und Festspielhaus bewahrt werden konnte. Dieser Wechsel steht für historische Nivellierung und Schleifung von Identität. Die künstlerische Verarbeitung gesellschaftlicher Konflikte wird zugunsten einer global verbreiteten Konsenskultur mit einheitlichen Darstellungs- und Verkaufsmustern verdrängt.“

 

Den Intendantenwechsel im kommenden Jahr begleitet die Sorge um Einsparungen, Stellenabbau und die Abschaffung ganzer Gewerkschaften. Zu den Unterzeichnern gehören u. a. die Schauspieler Sophie Rois, Birgit Minichmayr und Martin Wuttke sowie weitere prominente Theaterschaffende wie Carl Hegemann, Anna Viebrock und René Pollesch. Die Neuausrichtung der Volksbühne dürfe nicht um den Preis „der Abwicklung künstlerischer Standards und gewachsener Kooperationen“ vorgenommen werden.

Das kritisierte, interdisziplinär ausgerichtete Konzept des zukünftigen Intendanten Chris Dercon wurde im Sommer 2015 an der Volksbühne von Dercon zusammen mit dem Berliner Kulturstaatssekretär Tim Renner präsentiert.

Hintergründe – Reaktionen in den Medien:

 

BrotundSpiele

Theater oder Kunst? Oder bloß politischer Aktivismus?

Die Frage wirft das Zentrum für Politische Schönheit (@Politicalbeauty) regelmäßig auf. Not und Spiele heißt die neue Kunstaktion in der für »Flugbereitschaft« geworben wird. Prominente Stimmen sprechen sich für eine Gesetzesänderung aus.

https://twitter.com/Augstein/status/744946978430287872?lang=en

Der Auftritt der syrischen Schauspielerin May Skaf bei der Aktion »Flüchtlinge fressen« am Maxim Gorki Theater in Berlin (Sofortbild berichtete im Morning Roundup v. 17.06.2016) verspricht großes Drama: »Binnen acht Tagen eine fluchtfreundliche Politik einzuleiten, anderenfalls werde sie sich den Tigern zum Fraß vorwerfen«, so lautet ihr Ultimatum an die Bundesregierung.

»Gerade indem die Schauspielerin ganz im Spiel ihrer Inszenierung blieb und damit die Unterscheidung von Fiktion und Wirklichkeit betonte, gelang ihr etwas Eigentümliches. […] »Die Kunst relativierte sich selbst, ohne einen Zweifel daran zu lassen, dass die grausame Realität, auf die sie mit erklärtermaßen erpresserischen Mitteln den Blick gelenkt hatte, weiter bestehen bleibt.« Mark Siemons, FAZ

In der FR hingegen betont Arno Widman die Theaterhaftigkeit der Aktion

„Bundeserpressungskonferenz“ein Theater, das immer auch Politik ist, ein Theater also, das Inhumanität beseitigen und Humanität fördern möchte. Es macht das mit drastischen Mitteln. Es weiß, dass der Erkenntnis, damit sie uns wirklich erfasst, der Schock vorangehen muss darüber, dass wir die Wirklichkeit nicht erkannt, nicht gesehen, systematisch ausgeschlossen hatten.“

 

+++ UPDATE +++ [14:53 Uhr] by __Auerbach

Für alle, denen die Kunstaktionen des Zentrum für politische Schönheit (ZPS) einfach etwas zu slick sind: Wichtige kritische Stimmen zur Aktion des ZPS kommen vom Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich und von dem Künstler Wolfgang Müller (Tödliche Doris).

In seinem Essay für das online Kulturmagazin  Perlentaucher »Kunst und Flüchtlinge: Ausbeutung statt Einfühlung« analysiert Wolfgang Ullrich medienwirksame Kunstaktionen Aktionen berühmter Künstler wie Olafur Eliasson, Ai Weiwei oder das »Zentrum für Politische Schönheit«. Sie machten »den Zuschauern verschiedene, nach Intensität gestaffelte Angebote, auf dem Rücken der Flüchtlinge ihre Seelen zu bereichern und ihre »Großgesinntheit« unter Beweis zu stellen. Einwand gegen eine Ästhetik des guten Gewissens.« Der Essay in voller länge, hier.

Wolfgang Müller beleuchtet das Phänomen in Moralische Reinheit? Zentrum für politische Schönheit und Christoph Schlingensief.

Das Zentrum für politische Schönheit setzt den christlichen Erlösermythos vielleicht in einer etwas aggressiveren Variante fort. Zum Erlösermythos zählt auch die nichtgestellte Frage der eigenen Berufung. Wer beruft eigentlich die, die sich für berufen halten? „Grundüberzeugung ist, dass die Lehren des Holocaust durch die Wiederholung von politischer Teilnahmslosigkeit, Flüchtlingsabwehr und Feigheit annulliert werden und dass Deutschland aus der Geschichte nicht nur lernen, sondern auch handeln muss.“ Dass ex-taz-Chefredakteurin Ines Pohl das Öffentlich-machen der Flüchtlingsleichen gegen Vorwürfe des Zynismus verteidigt, passt zum Konzept der kleinsten deutschen Boulevardzeitung, die dem Inhalt und der Moral immer eine so große Bedeutung zusprach, dass darüber die Form, die Gestalt vernachlässigt wurde. Ines Pohl landete bei der „Deutschen Welle“. Wolfgang Müller, Berliner Gazette 10.082015

 

Gedenktag zweiter Klasse

Vor 75 Jahren überfiel Deutschland die Sowjetunion. In den Worten Joachim Gaucks, der vor gut einem Jahr an die Verbrechen an den sowjetischen Kriegsgefangenen erinnerte, die in Deutschland „aus mancherlei Gründen […] nie angemessen ins Bewusstsein gekommen“ seien:

Wenn wir betrachten, was mit den westalliierten Kriegsgefangenen geschah, von denen etwa drei Prozent in der Gefangenschaft umkamen, dann sehen wir den gewaltigen Unterschied: Anders als im Westen war der Krieg im Osten vom nationalsozialistischen Regime von Anfang an als ein Weltanschauungs- und Vernichtungs- und Ausrottungskrieg geplant – und in der Regel auch geführt, denken wir zum Beispiel an diese schreckliche jahrelange Belagerung Leningrads mit dem Ziel des Aushungerns einer Millionenstadt.

Das „Beijinger Abendblatt“ wertete Gaucks Rede seinerzeit als erneuten Beleg für ein verantwortungsbewusstes und geläutertes Deutschland – das war in einer Linie mit der amtlichen chinesischen Sicht auf Deutschland.

Aber die Sache hat einen Haken. Es gab in den vergangenen Jahren außer Gaucks Rede keine vergleichbar deutliche Erinnerung aus der Bundespolitik an die Dimensionen des Vernichtungskriegs „im Osten“. Der Bundestag wird heute nachmittag um 16:30 Uhr über den 75. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion „debattieren“. Eine Vereinbarte Debatte wie diese, so die „Berliner Zeitung“, ist protokollarisch niedriger eingestuft als eine Gedenkstunde.

Eine Botschaft, die nicht deutlich wahrnehmbar wiederholt wird, wird vergessen. Es ist eine Frage des politischen Willens, ob die Öffentlichkeit sich erinnert, oder ob sie vergisst. Die Bereitschaft zum Erinnern – oder zum Vergessen – drückt sich in der Häufigkeit oder Seltenheit aus, mit der die Erinnerung erneuert wird.

„Verordnetes Vergessen“ konstatiert Sevim Dagdelen, Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, in „Neues Deutschland“. Ihr Fazit:

Geschichtsvergessenheit gehört zum Instrumentenkasten einer aggressiven deutschen Außenpolitik von Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier (SPD) gegen Russland.

Aber dieses „Vergessen“ muss niemand verordnen. Es geht ja nicht darum, etwas zu tun, sondern darum, etwas zu unterlassen: das Erinnern.

Das ist in Fällen wie diesen eine leichte Übung. Auf die wohlwollende Mitwirkung einer allzeit schlussstrichbereiten Öffentlichkeit dürfen Politik und Massenmedien zählen.

Chinas und Nordkoreas „strategische Beziehungen“

Der südkoreanische Auslandsdienst KBS betrachtet Beijings Nordkoreapolitik – und Nordkoreas Chinapolitik. Auch hier geht es um „Erinnerungskultur“, aber um eine gemeinsame: wieviel Gewicht werden die beiden Seiten – protokollarisch – auf den 55. Jahrestag des nordkoreanisch-chinesischen Abkommens über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung legen?

 

Brexit-Befürworter überwiegen in Umfrage, viele Wählerregistrierungen

44 Prozent der befragten Briten in ener YouGov-Umfrage sind für einen Brexit; 42 dagegen. 46,5 Millionen Briten haben sich laut einer Meldung von Radio Japan für das Referendum registriert – der Meldung zufolge ein Rekord.

Ebenfalls laut Radio Japan wurde die Laufzeit der Registrierung um zwei Tage verlängert, weil eine Registrierungswebsite nicht richtig funktioniert habe.

Wem eine hohe Wahlbeteiligung eher nützt, wird aus der Reaktion der Brexit-Unterstützer auf diese Verlängerung erkennbar: „einige Parlamentarier“ sollen Premierminister David Cameron kritisiert und ihm vorgeworfen haben, er habe die Verlängerung zwecks Verbleibs des Vereinigten Königreichs in der EU angeordnet.

Korrekte Propaganda: dein Name sei „Partei“

Überwachung durch die öffentliche Meinung und korrekte Propaganda sind eins, dekretierte Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping – derzeit verreist – im Februar. Das „China Media Project“ in Hong Kong wirft einen Blick zurück auf den Umgang mit Widersprüchen zwischen Überwachung durch die Öffentlichkeit und korrekter Propaganda in den 1950ern.

1,2 Militär : Flüchtlingshilfe 0,03

Militärausgaben machen 1,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus – man müsse sich den 3,4 Prozent der USA annähern, befand Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern (am Dienstag) auf dem Wirtschaftstag der CDU.

Deutschlands Ausgaben für humanitäre Hilfe: 0,03 Prozent.

Xi Jinping in Polen: mein Tor nach Europa, sein Tor nach Europa, ihr Tor nach Europa …

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Wie immer vor einem protokollarisch wichtigen Termin hoben die chinesischen Massenmedien in den Tagen vor Xi Jinpings Besuchen in Serbien und Polen Gemeinsamkeiten hervor: Polen sei eines der ersten Länder der Welt gewesen, die „das neue China“ nach Gründung der VR 1949 anerkannt hätten, so die Xinhua Nachrichtenagentur in einem Artikel am 13. Juni. In der Tat nahm Polen etwa zeitgleich mit der UdSSR und den übrigen Warschauer Vertragsstaaten sowie einer Reihe von Staaten der Blockfreien-Bewegung diplomatische Beziehungen mit Beijing auf.

Dafür, dass die chinesisch-serbischen und chinesisch-polnischen Beziehungen hohes Potenzial aufwiesen, führte Xinhua zwei Aussagen ins Feld; zum einen die des früheren polnischen Botschafters in China, Krzysztof Szumski, und zum anderen die des Direktors des Forschungsraums für Mittel- und Osteuropa beim Institut für Europastudien der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, Liu Zuokui.

Die polnisch-chinesischen Beziehungen hätten sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich erwärmt, und der Besuch des Vorsitzenden Xi Jinping werde die etablierten, langfristigen und stabilen kooperativen Beziehungen zwischen beiden Ländern weiter voranbringen, gab Xinhua Szumskis Einschätzung wieder. Und Liu wurde mit den Worten zitiert, Serbien und Polen hätten jeweils erheblichen Einfluss in Südost- und Osteuropa. Chinas bilaterale Beziehungen mit beiden Ländern könnten eine Vorbildrolle für die Beziehungen Chinas zu Europa insgesamt spielen, so Liu.

Serbien, Polen und Uzbekistan (das dritte Land, das Xi Jinping auf seiner derzeitigen Reise besuchen wird) seien unter den Ländern, die besonders frühzeitig und intensiv auf die chinesische One Belt, one Road Initiative eingegangen seien*), hob Xinhua hervor:

Serbien betreibt eine aktive „Reindustrialisierungsstrategie“ und hofft, bei der One Belt, one Road Initiative andocken zu können und mehr Auslandsinvestitionen anzuziehen. Polen ist das mitteleuropäische Land mit der größten Wirtschaftskraft, das einzige Mitgliedsland in der Asia Infrastructure Investment Bank der Region [Mitteleuropa], und hofft, seine geografischen und regionalen Vorteile darauf anzuwenden, für China zu einem Tor nach Europa zu werden.

Serbien, Polen und Uzbekistan haben den starken Wunsch zur Zusammenarbeit und große Potenziale dazu. Besondere regionale und industrie-kooperationelle Vorteile führen zu einer wichtigen Rolle der drei Länder in der „One Belt, one Road“ Initiative. Die Besuche des Vorsitzenden Xi werden der Errichtung [der „Seidenstraße“] verstärkten Schwung verleihen.

Zum selben Thema wärmte der deutschsprachige Auslandsdienst des polnischen Radios ein Interview mit der Professorin für zeitgenössische Chinathemen, Karin Tomala, wieder auf, das sie dem Sender bereits vor einigen Jahren im Zusammenhang mit einem hindernisreichen chinesisch-polnischen Autobahnprojekt gegeben hatte (einstweilen hier herunterladbar; Auszüge aus dem Interview ab der 11. Minute).

Die gleichen Argumente, die zur Zeit im Kontext des Xi-Besuchs von chinesischen Medien bzw. Mediengesprächspartnern zugunsten Polens als mitteleuropäischen Partner vorgebracht werden, finden sich allerdings zum Teil auch schon in dem mehrere Jahre alten Interview mit der polnischen Sinologin. Ab 15′ 00′ (Download)‘:

Q: Polen, im Vergleich zu China, ist natürlich ein sehr kleines Land, rund 38 Millionen Einwohner, die in Polen leben, so viele leben in einer winzigen Region in China. Polen ist kein reiches Land, nicht so reich wie Deutschland oder England. Wieso sollte sich China für Polen interessieren? Was kann Polen China geben?

A: Erst einmal müssen wir wissen, dass China heute schon eine globale Macht ist – noch keine Supermacht, aber eine globale Macht, die an allem interessiert ist, und warum? Polen hat vieles zu bieten. Und wenn es noch so klein ist: es könnte eine Brückenfunktion haben, wenn das die Polen [auch] nicht immer selbst formulieren. Ich denke, man muss seine guten Seiten nicht immer direkt auftischen, was allzu oft getan wird. Aber Polen ist hier ein Standbein für Osteuropa, meinen viele Chinesen. Ganz bestimmt nicht für die Demokratisierung, sondern Polen hat Kontakte, auch zu Firmen in Osteuropa, und vielleicht können hier multilaterale Kontakte entstehen. Polen ist von Interesse, wie jedes andere Land auch. Polen bildet hier keine Ausnahme. Man soll in der Praxis, Schritt für Schritt, versuchen umzusetzen, dass die Beziehungen sich verbessern, auf ein anderes Niveau realisiert werden können als bisher.

Xi traf am Sonntag mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda und am Montag mit der Ministerpräsidentin Beata Szydlo zusammen. Duda äußerte die Hoffnung, Polen werde für China zu einem „Tor nach Europa“ werden, nicht nur symbolisch, sondern in wirklicher wirtschaftlicher Hinsicht.

Je genauer man hinsieht, desto mehr ist natürlich jedes Land ein „Tor“ für andere Länder, sofern nicht durch Krieg oder schwerwiegende Konflikte verschlossen. Auch die britische Regierung sieht ihr Land als everybody’s gateway, zumindest aber als ein Tor nach Europa für China und für Indien.

Polen ist eben – die Sinologieprofessorin hatte es im Radiointerview angemerkt – „von Interesse, wie jedes andere Land auch“.

Xi reiste inzwischen nach Uzbekistan. Neben bilateralen Gesprächen steht dort ab Donnerstag auch eine Sitzung der Shanghai Cooperation Organizaton (SCO) auf dem Programm.

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*) vergl. Staatsbesuch im Land des größten Respekts, 17.06.16.

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Xi Jinping: Staatsbesuch im Land des größten Respekts

Es reist nicht alle Jahre ein chinesischer Spitzenpolitiker nach Serbien. Der letzte Besuch eines Staatsoberhauptes aus Beijing ist laut Associated Press mehr als dreißig Jahr eher.

Das heißt nicht, dass einem Durchschnittschinesen, den man auf der Straße fragt, zu Serbien viel einfallen würde – außer einem Ereignis vor siebzehn Jahren: die Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad, 1999, durch die NATO. Und Serbien tut nicht viel, um sich der chinesischen Öffentlichkeit medial zu präsentieren: der einzige chineschsprachige Dienst Serbiens fristete ein Schattendasein beim Belgrader Auslandsradio, das im vergangenen Jahr obendrein komplett abgewickelt wurde.

Aber die geringe öffentliche Wahrnehmbarkeit Serbiens in China entspricht nicht seiner tatsächlichen Bedeutung für die chinesische Politik und Wirtschaft. Es sind just chinesische Medien, die jetzt diese Bedeutung hervorheben.

Partei- und Staatschef Xi Jinping besucht Serbien1) in seiner Eigenschaft als chinesischer Staatsvorsitzender – es ist protokollarisch Brauch, dass chinesische Kader, ob hochrangig oder nicht, Auslandskontakte mit nichtkommunistischen Mächten in ihrer staatlichen und nicht in ihrer Parteifunktion wahrnehmen.

Aber auch, wer zum Besuch Xis in Serbien nur nüchterne Informationen sucht, kommt an dem zunehmenden Personenkult um den Generalsekretär und Staatschef kaum herum.

„Studiennetzwerk für Chinas Kader“ (im folgenden „Studiennetzwerk“), eine von der Parteihochschule betriebene Website, lädt dazu ein, anhand von Zitaten des Vorsitzenden Xi (bzw. mehr oder weniger akkurater Anleihen Xis aus historischen Werken) die freundschaftlichen chinesisch-serbischen Beziehungen zu studieren, die sich heute auf dem höchsten Niveau in ihrer bisherigen Geschichte befänden2).

Der erste Abschnitt, „Die chinesisch-serbische Freundschaft stärken, die wie die Große Mauer ist“, zitiert zunächst eine Anleihe Xi Jinpings bei Qiao Zhou, einem Beamten aus der Zeit der drei Reiche. Der aus dem Klassiker Taiping Yulan geliehene Spruch geht über des Bloggers alltagssprachliche Übersetzungsfähigkeit weit hinaus, könnte aber soviel bedeuten wie „der Austausch hat seinen Wert, die tausend Meilen haben ihr Gutes, unzertrennlich verbunden und fest wie Metall und Stein.“

Ein chinesischer Blogger ordnet die Erstverwendung der poetischen Ansage durch Xi einem Besuch in Weißrussland im Mai 2015 zu, am Vortag der Siegesfeiern über Deutschland am 9. Mai in Moskau.

„Studiennetzwerk“ fährt fort:

Das gegenseitige Vertrauen Chinas und Serbiens nimmt kontinuierlich zu und die gegenseitige Unterstützung verstärkt sich unaufhörlich. Schon während der jugoslawischen Zeit entwickelten die beiden Länder eine tiefe und feste Freundschaft. 1955 nahm China mit Jugoslawien diplomatische Beziehungen auf. Nach dem Zerfall Jugoslawiens änderte die chinesische Botschaft in Jugoslawien 2003 ihren Namen in chinesische Botschaft in Serbien und Montenegro um, und 2006 in chinesische Botschaft in Serbien. Im Jahr 2009 begründeten China und Serbien eine strategische Partnerschaft, und Serbien wurde zu Chinas wichtigsten strategischen Partner in Südosteuropa. Seitdem haben sich die hochrangigen Interaktionen beider Staaten und insbesondere in den letzten Jahren die politischen Kontakte, kontinuierlich entwickelt und die bilateralen Beziehungen sich stark erwärmt. Staatsratsvorsitzender Li Keqiang und Vizestaatsratsvorsitzender Zhang Gaoli besuchten Serbien 2014 bzw. 2015, und Serbiens Präsident Tomislav Nikolic besuchte im September 2015 China und nahm an den Gedenkveranstaltungen zum 70. Jahrestag des Widerstandskriegs des chinesischen Volkes gegen Japan und des Sieges des internationalen Kampfes gegen den Faschismus teil. Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vucic stattete China im November 2015 einen offiziellen Besuch ab und nahm an der vierten Runde der Chinesisch-südosteuropäischen Staatsführerkonferenz teil.

中塞两国政治互信日益巩固,相互支持不断加强。早在南斯拉夫时期两国就结下了深厚的友谊。1955年,中国同前南斯拉夫建立外交关系。南斯拉夫解体后,中国驻前南斯拉夫大使馆先后更名为中国驻塞尔维亚和黑山大使馆(2003年)、中国驻塞尔维亚共和国大使馆(2006年)。2009年,中塞宣布建立战略伙伴关系,塞尔维亚成为中国在中东欧地区的第一个战略伙伴。此后,两国高层互动频繁,尤其是近年来,两国政治交往不断,双边关系逐渐升温。李克强总理和张高丽副总理分别于2014年底和2015年中访问塞尔维亚,塞总统尼科利奇于2015年9月来华出席中国人民抗日战争暨世界反法西斯战争胜利70周年纪念活动,塞总理武契奇于2015年11月对中国进行正式访问并出席第四次中国-中东欧国家领导人会晤。

[…]

China und Serbien unterstützen einander bei wichtigen Kerninteressen. Auf der Basis der Gleichberechtigung beider Seiten und des gegenseitigen Vertrauens unterstützt man einander, hilft einander, wahrt gemeinsam Fairness und Gerechtigkeit [in den internationalen Beziehungen]. Die in der chinesisch-serbischen Zusammenarbeit erzielten Erfolge setzen ein Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen China und südosteuropäischen Ländern. Zu einem gewissen Grad haben sie auch die Entwicklung der Beziehungen zwischen China und Europa gefördert. Bei einem Gespräch, das Xi Jinping am 26. August 2013 in der Großen Halle des Volkes mit Serbiens Präsidenten Nikolic führte, äußerte er: „China würdigt, dass Serbien Chinas Gesellschaftssystem und seinen Weg der Entwicklung respektiert und entschieden die Ein-China-Politik verfolgt. China respektiert Serbiens Souveränität und territoriale Integrität, versteht die legitime Besorgnis Serbiens bezüglich des Kosovo-Problems, und würdigt die serbischen Bemühungen um eine politische Lösung dieses Problems. Nicolic sagte, Serbien sei dankbar für Chinas Unterstützung in Serbiens Wahrung seiner Soveränität und territorialen Integrität. Serbien werde weiterhin an der „Ein-China-Politik“ festhalten und Chinas Standpunkt in der Taiwanfrage, der Xinjiang-Frage und der Tibetfrage unterstützen.

中塞两国互相支持对方在重大核心问题上的立场。中塞双方在平等、互信的基础上,相互支持、相互帮助,共同维护国际公平与正义。中塞合作取得的成绩为中国- 中东欧国家合作树立了典范,也在一定程度上推动了中欧关系的发展。2013年8月26日,习近平在人民大会堂同塞尔维亚总统尼科利奇举行会谈时指出:“中 方赞赏塞方尊重中国社会制度和发展道路、坚定奉行一个中国政策,中方尊重塞尔维亚主权和领土完整,理解塞方在科索沃问题上的合理关切,赞赏塞方为寻求该问 题政治解决所作的努力。”尼科利奇表示,塞尔维亚感谢中方支持其捍卫主权和领土完整的努力,将继续坚定奉行“一个中国”政策,支持中国在台湾、新疆和西藏 等问题上的立场。

Die Bandbreite chinesisch-serbischer Zusammenarbeit nimmt kontinuierlich zu. In wirtschaftlicher Hinsicht ist die Kooperation der beiden Länder beim Aufbau der Infrastruktur bemerkenswert erfolgreich. Li Manchang, Chinas Botschafter in Serbien, zählt aus der Liste der Errungenschaften auf: die Pupin-Brücke, das erste Brückengroßprojekt Chinas in Europa. Der Baukontrakt für das Projekt der E-763-Schnellstraße, wahrgenommen von der Shandong Expressway Group [oder Shandong Hi-Speed Group], die elfte europäische Korridor-Schnellstraße. Die durch die China Machinery Engineering Corporation durchgeführte Bau des Kostolac-Kraftwerks. Die Ungarisch-Serbische Eisenbahnlinie. Usw.. Auf den Gebieten der Kultur, der Bildung, des Tourismus usw. stärken China und Serbien kontinuierlich den Austausch und die Zusammenarbeit.

中塞两国合作领域不断拓宽。在经济方面,两国在基础设施建设方面合作成绩斐然。中国驻塞尔维亚大使李满长如数家珍般“晒”出中塞合作成绩单:中国企业在欧 洲承建的第一个大桥项目——贝尔格莱德跨多瑙河大桥、山东高速承建的位于泛欧11号走廊的E763高速公路项目、中国机械设备工程股份有限公司承建的科斯 托拉茨电站项目以及匈塞铁路等。中塞在文化、教育、旅游等领域不断加强交流与合作。

Der zweite Abschnitt ist überschrieben mit der Losung „Gemeinsam vereinbarte strategische Schnittstellen“, poetisch ergänzt um den Titel für das neunte Huainanzi-Kapitel, „Von der Lehre des Herrschens“ (Info dort – der selbe Blogger, aber auf einer anderen Plattform). Demnach von Xi zuerst am 6. November in Vietnam verwendet.

Xis Wortwahl: „积力之所举,则无不胜也;众智之所为,则无不成也.“ Laut Blogger lautet der ursprüngliche Wortlaut „智不足以为治,勇不足以为强,则人材不足任,明也.“ Und da das Huainanzi auch im Westen ein relativ vielgelesener Klassiker ist, findet sich relativ leicht eine – vermutlich gut überlegte – Übersetzung:

Stärke genügt nicht, um die Welt zu kontrollieren,
Weisheit genügt nicht um zu herrschen,
Mut genügt nicht, um stark zu sein.

Es gebe zwischen China und Serbien viele Übereinstimmungspunkte, und viel Ergänzungspotenzial (Komplementarität), und entsprechend weite Felder für die Zusammenarbeit.

Zur Zeit betreibt China seine One Belt, one Road Initiative, und Serbien führt seine „Reindustrialisierungsstrategie“ durch. Beide Länder müssen von einer erhöhten strategischen Perspektive aus die langfristige Entwicklung ihrer Beziehungen verfolgen, die strategische Koordination und Zusammenarbeit stärken, und die Zusammenarbeit beider Länder noch weiter vertiefen und auf ein noch höheres Niveau hinausbringen. Als Xi Jinping am 26. November 2015 in Beijing den serbischen Ministerpräsidenten Vucic traf, sagte er: „Serbien führt zur Zeit eine ‚Re-Industrialisierungsstrategie‘ durch, und China betreibt die One Belt one Road Initiative. Beide Länder können aktiv die Schnittstellen ihrer Entwicklungsstrategien fördern, Anstrengungen für die Entwicklung der Potenziale bei der Energiegewinnung, Finanzwirtschaft, Telekommunikation, Landwirtschaft usw. machen, und die Förderung gemeinsamer Schwerpunktprojekte beschleunigen. Mit der von China und Serbien unterzeichneten ‚Absichtserklärung zur gemeinsamen Förderung des Aufbaus des One Belt one Road zwischen China und Serbien wollen wir die Gelegenheit ergreifen, die für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit zu fördern, und weitere Wachstumspunkte für die Zusammenarbeit zu erschließen und zu pflegen.“ Auch Serbiens Präsident Nikolic findet, dass Chinas One Belt one Road und sein System zur Zusammenarbeit mit südosteuropäischen Ländern außerordentlich gut zur strategischen Entwicklungspositionierung Serbiens passt.

中塞两国利益契合点多,互补性强,合作空间极其广阔。当前,中国正在推进“一带一路”倡议,塞尔维亚正在实施“再工业化战略”,双方必须从战略高度和长远 角度看待和发展两国关系,加强两国战略协调和配合,推动两国合作向更深层次、更高水平跨越。2015年11月26日,习近平在北京会见塞尔维亚总理武契奇 时指出:“塞尔维亚正在实施‘再工业化战略’,中方正在推进‘一带一路’倡议,双方可以积极推进两国发展战略的对接,着力挖掘能源、金融、电信、农业等领 域合作潜力,加快推进重点合作项目。我们愿以中塞签署《关于共同推进‘一带一路’建设的谅解备忘录》为契机,扎实推进两国互利合作,发掘和培育新的合作增 长点。”塞尔维亚总统尼科利奇也认为,中方提出的“一带一路”倡议和中国-中东欧合作机制非常适合塞尔维亚的战略发展定位。

Die ganze Welt befinde sich nach wie vor in der Industrialisierungsära, bemerkt „Studiennetzwerk“. Nach der internationalen Finanzkrise habe man in Amerika und Europa die enormen Probleme realisiert, die die Deindustrialisierung mit sich gebracht habe, und dem Gebiet der verarbeitenden Industrie wieder mehr Aufmerksamkeit zugewandt.

Vom Standpunkt der Industrialisierung betrachtet ist „One Belt one Road“ der Spillover-Effekt bei der Industrialisierung eines sich im friedlichen Aufstieg befindlichen großen Landes. China wird mit Ländern entlang des „One Belt one Road“ durch politische Kommunikation, den Zusammenschluss von Kommunikationskanälen, freien Handel, Kapitalflüsse und mit der Verbindung der Gefühle der Völker eine Zusammenarbeit in Industrie und Fertigungskapazitäten sowie auf anderen sich erweiternden und vertiefenden Gebieten der Wirtschaft zusammenarbeiten. Von hier wird „One Belt one Road“ einen Aufschwung der Fertigungskapazitäten in den Ländern seines Verlaufs bewirken, und das Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung und Industrialisierung schrittweise erhöhen. Für den Fortschritt der globalen Industrialisierung ist das von enormer Bedeutung. China und Serbien gehören der gleichen Phase der Industrialisierung an und können ihre wirtschaftliche Komplementarität voll ausnutzen, ein System des win-win und der vernünftigen Arbeitsteilung aufbauen, und eine neue Struktur des gemeinsamen Nutzens gestalten.

从工业化视角看,“一带一路”战略的推出,表明一个和平崛起的大国的工业化进程正在产生更大的“外溢”效应。中国将与“一带一路”沿线国家通过政策沟通、 设施联通、贸易畅通、资金融通、民心相通的“互通互联”,实现工业产能合作以及其他各个方面的更广、更深层面的区域经济合作,从而促进“一带一路”沿线国 家产业升级、经济发展和工业化水平的进一步提升,这对世界工业化进程的推进意义巨大。中国与塞尔维亚处于同一工业化阶段,双方可以充分挖掘经济的互补性, 建立双赢、合理的分工体系,形成互利共赢的新格局。

Es gehe, so der „Studiennetzwerk“-Artikel in seinem dritten und letzten Abschnitt (ohne klassisches Zitat) um die Schaffung und den Erhalt einer Kooperationsplattform für China und die sechzehn – oder für die „sechzehn plus 1“ – Länder. Es gehe insbesondere um die Zusammenarbeit auf den Gebieten des Handels und der Investitionen. Unter diesen sechzehn Ländern in Südosteuropa sei Serbien für China ein Land, das bei der Entwicklung dieser Beziehungen eine wichtige Rolle spiele:

Serbien arbeitet mit der Europäischen Union, der Türkei und anderen Ländern wirtschaftlich zusammen. Auf dieser Basis kann Serbien für China in der ganzen Region eine Brücke sein, und ein Brückenkopf für Chinas Zugang zum europäischen Markt. Nikolic sagte: „Wenn wir Europa mit einem großen Meer vergleichen, dann ist Serbien eine Insel in diesem Meer. Für chinesische Unternehmen, die in den europäischen Markt wollen, möchten wir [ein Ort sein, an dem sie Fuß fassen können].“

塞尔维亚与欧盟、俄罗斯、土耳其等国有着广泛的经贸合作,在此基础上,塞尔维亚可以成为中国在整个地区的桥梁,成为中国进入欧洲市场的桥头堡。尼科利奇说:“如果把欧洲比喻成一片大海,塞尔维亚就是大海中的一个岛屿,我们愿意成为中国企业进入欧洲市场的立足点。

[…]

Im Mai, bei einer vorbereitenden Sitzung für den Staatsbesuch Xi’s, ließ Serbiens Präsident Nikolic die Öffentlichkeit wissen, dass es vielleicht Länder gebe, mit denen China ein größeres Handelsvolumen habe als mit Serbien, aber „es wird kaum ein Land finden, in dem es größeren Respekt genießt.“

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Notes

1) Nach Serbien besucht Xi Jinping fahrplanmäßig Polen.
2) Was sich nahezu von selbst versteht, bei einem so genialen Philosophenkaiser wie Xi Jinping. Auch mit Russland pflegt man angeblich zur Zeit „die besten Beziehungen in ihrer Geschichte“. Aber auch der serbische Präsident Nikolic hat es begriffen und bestätigte in der heutigen chinesischen „Tagesschau“ den historisch unüberbotenen Zustand der serbisch-chinesischen Beziehungen.

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