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Morning Roundup: Aufstand des Labour-Establishments

Heute:

  • Aufstand des Establishments
  • Wahlzettel: erst die Nominierung
  • Lexit?
  • Der Äther: „Juno“ erreicht Jupiter
  • Taiwanische Marine beschießt Fischerboot
  • Tories wählen neue Führung
  • UKIP: Farage steigt aus
  • Top Gear: Chris Evans steigt aus
  • 100 Jahre Olivia de Havilland

Aufstand des Labour-Establishments

Wahrscheinlich liegt das Problem der Corbyn-Gegner in der Labour-Partei nicht zuletzt darin, dass sie ein Problem mit der Parteibasis haben – jedenfalls, wenn diese Basis nicht nur nominell, sondern faktisch, wichtige Personalentscheidungen trifft.

Im Sommer 2015 zeichnete sich eine Basismehrheit für Jeremy Corbyn ab. Und dabei hätte man ihn so schön verhindern können, mit etwas mehr Zynismus in der Parlamentsfraktion.

Ein Parteimanager wie John McTernan – eng verbunden mit dem früheren Irakkriegspremier und „New-Labour“-Advokaten Tony Blair und nicht direkt ein Feind der Steuerhinterziehung als geistige Lebensform – fand so viel Respekt vor der Basiswahl jedenfalls schon vor einem Jahr beunruhigend. Und wenn dann auch noch Parlamentarier einer solchen Deprofessionalisierung der Parteipolitik Vorschub leisteten, konnte so ein cooler Stratege schon mal die Contenance verlieren: die Abgeordneten, die Corbyns Nominierung unterstützt hatten, um ein breites Spektrum von Positionen in der Partei abzubilden, seien „Deppen“, befand McTernan.

Und mindestens eine der Abgeordneten – ganz erschrocken über die Dynamik an der Parteibasis – gab ihm Recht.

Seitdem haben noch mehr frühere Corbyn-Nominierer Zweifel an ihrer Entscheidung vor einem Jahr. Und da es sich heutzutage nicht mehr gehört, mal für zwei bis vier Jahre die Zähne zusammenzubeißen und einen demokratisch gewählten Parteichef zu ertragen, lässt man die Zweifel so lange öffentlich raushängen, bis offener Antagonismus daraus wird.

Würden ein paar Leute vom linken Flügel der Labour-Partei sich gegen einen etablierten Funktionär erlauben, was sich die Hälfte des Schattenkabinetts gegen Corbyn erlaubte, würde man von parteischädigendem Verhalten sprechen. Aber in einer Post-Blair-Demokratie hängt es natürlich ganz entscheidend davon ab, wer sich etwas gegen wen erlaubt.

Will Corbyn gewinnen, muss er erst einmal auf den Wahlzettel

Dass Corbyn als Parteiführer herausgefordert wird (sofern er nicht zurücktritt), ist zwar noch nicht ausgemacht; gilt aber als sehr wahrscheinlich, nachdem ihm am vorigen Donnerstag 172 von 229 Mitgliedern seiner Unterhausfraktion das Misstrauen ausgesprochen hatten, bei nur 40 Stimmen zu seinen Gunsten, 13 Enthaltungen und vier ungültigen Stimmen. Das Votum hatte zwar keine bindende Wirkung; seine Gegner erwarteten aber offenbar von  Corbyn, dass er zurücktrete – wovon Corbyn weit entfernt ist.

51 der zur Zeit 251 Labour-Abgeordneten in Unterhaus und EU-Parlament (entspricht 50% all dieser Abgeordneten)  [Update, 07.07.16: gestrichen. So ein Quark. Liest das keiner, oder kann keiner Mathe?] muss ein Herausforderer hinter sich bringen, um Corbyn herauszufordern. Angela Eagle, die ebenfalls als Mitglied des Schattenkabinetts zurückgetreten ist, hat ihre Kandidatur für den Fall angekündigt, dass Corbyn nicht einpacke.

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Gefühlt wartet so mancher schon sehr lange auf Eagles Kampfkandidatur.

Sollte Corbyn jedoch zurücktreten, benötigt ein Nominee für die Parteiführung die Unterstützung von 20% 15% der Abgeordneten.

Und die Nominierten würden sich dann einer Abstimmung der Parteibasis stellen.

Manches spricht dafür, dass die meisten Abgeordneten und andere Angehörige des Parteiestablishments Corbyn praktischerweise vorher loswerden möchten – denn der verfügt nach wie vor über eine erhebliche Unterstützung an der Basis.

Braucht Corbyn, um seine Parteiführung zu verteidigen, ebenfalls – wie ein Herausforderer oder eine Herausforderin – die Unterstützung von 51 Unterhaus- und EP-Abgeordneten? Der frühere Parteichef Neil Kinnock und der frühere stellvertretende Premierminister John Prescott hätten es jedenfalls gerne so. Da nur 40 MPs beim Misstrauensvotum der Fraktion gegen Corbyn zu ihrem amtierenden Chef standen, spekulieren die beiden Altvorderen offenbar darauf, dass sich womöglich keine 51 Unterstützer für seine Nominierung finden würden.

Lexit?

Der „Economist“ beschreibt die Situation in seiner aktuellen Ausgabe so:

Ob Mr Corbyn überlebt, hängt davon ab, ob er es auf den Stimmzettel schafft. Ohne Nominierungen seiner Abgeordneten liegt seine Hoffnung darin, dass die Parteijuristen auf einen automatischen Platz für ihn darauf entscheiden (die Regeln sind vage). Wenn er diese Hürde schafft, könnte er gewinnen. Das würde sicherlich eine förmliche Parteispaltung auslösen, bei der moderate Parlamentsmitglieder sich für unabhängig erklären und ihren eigenen Führer wählen.
Whether Mr Corbyn survives depends on whether he makes the ballot. Without nominations from his MPs, his best hope is that the party’s lawyers will rule that he has an automatic place on it (the rules are vague). If he clears this hurdle he may win. That would surely produce a formal split, with moderate MPs declaring independence and electing their own leader.

Möglicherweise geht es also auch ohne große Unterstützung aus der Fraktion – da nur 40 MPs Corbyn vorige Woche ihr Vertrauen aussprachen, stellt sich sicherlich die Frage, warum ihn noch 51  MPs für die Basiswahl nominieren sollten – höchstens, wie vor einem Jahr, aus Respekt vor der ganzen Breite des Meinungsspektrums der Partei.

Dann hat Corbyn eine echte Chance. Gewinnt er tatsächlich – und behält der „Economist“ bei seiner Prognose der Konsequenzen daraus recht -, folgt dem Sieg Corbyns dann allerdings der „Lexit“: die „Moderaten“ Members of Parliament verlassen die Labour-Fraktion.

Der Äther

Die Weltraumsonde „Juno“ ist heute früh (MESZ) in die Umlaufbahn des Jupiter eingetreten. „Roger, Juno, welcome to Jupiter“, lautete die Ansage der Weltraumflugkontrollstation in Pasadena, Kalifornien – gerade so, als wäre sie schon vor der Sonde dort angekommen.

Laut Ortszeit schaffte „Juno“ es noch am Independence Day, dem amerikanischen Unabhängigkeitsfest am 14. Juli. Ziel der Mission: herauszufinden, wie dieser größte Planet des Sonnensystems entstanden ist, zitiert die „Welt“ den Mitarbeiter eines Düsentrieblabors.

Welcome to Quackalot. Ain’t science something?

Taiwanische Antischiffsrakete trifft taiwanisches Fischerboot

Nach dem Beschuss eines taiwanischen Fischereibootes durch eine taiwanische Korvette, mit einer Hsiung-Feng-III-Rakete, wirft in der öffentlichen Debatte Fragen danach auf, wie effizient oder ineffizient das Militär eigentlich geführt werde. Der Kapitän des Fischereibootes kam beim Einschlag der Rakete ums Leben.

Laut Verteidigungsministerium ereignete sich mit dem Aufschlag keine Detonation, weil der Aufschlag dafür nicht hart genug gewesen sei.

Tories wählen neue Führung

Die Konservative Partei Großbritanniens sucht einen neuen Partei- und Regierungschef. Vergleiche „Morning Roundup“, 04.07.16, Tories suchen Cameron-Nachfolger. Schafft Theresa May es ein Kandidat oder eine Kandidatin in der ersten Runde auf eine absolute Mehrheit in der konservativen Unterhausfraktion, ist sie auch ohne Mitwirkung der Parteibasis gewählt. Ansonsten stimmen die Parteimitglieder im ganzen Land über die letzten zwei Kandidaten ab, die die Unterhausfraktion im Ausschlusswahlverfahren übriglässt. Wer Parteiführer wird, übernimmt traditionell auch das Amt des Premierministers.

[Update/Korrektur, 05.07.16, 21:45 MESZ: Theresa May erhielt zwar heute die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen – 165 von 329 -; die Wahlen gehen aber gleichwohl weiter, bis der Basis die zwei bis zuletzt verbliebenen Kandidaten zur Mitgliederwahl präsentiert werden können.]

UKIP: der Mann in der Kneipe steigt aus

Nigel Farage, oberster Mund der United Kingdom Independence Party, findet, dass er alles erreicht habe, was zu erreichen war. Nachdem er „sein Land zurückbekommen“ hat, will er jetzt „sein Leben zurückbekommen.

Seine Stärke sei sein „Mann-in-der-Kneipe“-Image, im Kontrast zu der Art und Weise, in der viele Kollegen aus den anderen Parteien sich an die Skripte ihrer jeweiligen Parteien hielten, schreibt die BBC.

Top Gear: Chris Evans steigt aus

Nach vergleichsweise enttäuschenden Zuschauerquoten verlässt der gerade erst eingestiegene Chefansager Chris Evans die Motorshow jetzt wieder. Dem Team sei es offenbar nicht gelungen, eine vergleichbar unbekümmerte zwischenmenschliche Atmosphäre zu schaffen wie die vorherige dreiköpfige Mannschaft, notiert Lizo Mzimba, BBC-Fachmann für die Unterhaltungsindustrie. Die Art und Weise, in der Jeremy Clarkson, Richard Hammond and James May einander anpieksten und auf den Arm nahmen, sei jedoch mindestens so wichtig gewesen wie die Automobil-Aspekte der Erfolgsserie.

Und Olivia de Havilland wurde am 1. Juli einhundert Jahre alt.

Herzlichen Glückwunsch und guten Morgen.

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