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Wunsch? Wirklichkeit!

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Der Wunsch nach einer katastrophalen Krise des Systems ist (…) längst gesät”, lese ich in einem „Zeit“-Artikel über die zu wiederholende Wahl des Bundespräsidenten in Österreich. Und denke:

Merken eigentlich noch alle, was sie schreiben..??

Fassen wir mal kurz zusammen. Wir, die reichen Industrieländer, innerhalb derer die Konzentration besagten Reichtums immer gesellschaftsfeindlichere Ausmaße annimmt, beuten für Rohstoffe und Absatzmärkte die ärmsten Regionen der Welt aus. Und wir, der sogenannte Westen, erschaffen beim ‚Verteidigen unserer Freiheit am Hindukusch’ den sog. IS. Und wundern uns dann, wo die ganzen Flüchtlinge herkommen.

Und wo sie hinwollen. Eine kleiner werdende, zweistellige Zahl an Personen weltweit (aktuell 62) besitzt so viel, wie die gesamte ärmere Hälfte der Menschheit zusammen. Innerhalb der EU gibt es Länder, die eine Jugendarbeitslosigkeit um die 50% verzeichnen. In Deutschland, dem nunmehr reichsten der reichen Länder Europas, das seinerseits auf Vollbeschäftigung zusteuert, bekommt eine steigende Zahl von Menschen nicht genug Arbeitslohn, als dass für sie Aussicht auf Rente über Existenzminimum (hiesige Definition) bestünde.

Das Erste, was Jean-Claude Juncker nach dem Brexit-Referendum einfällt, ist CETA, das geplante Freihandelsabkommen der EU mit Canada, an den Länder-Parlamenten vorbeizuschleusen, damit es auch ja durchkommt. Während kleine, mittlere Unternehmen gegen TTIP aufstehen.

Ein Hoffnungsschimmer – oder ein Grund zur Sorge für die Mächtigen: Immer mehr Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern werden sich der teils brutal ungleichen Verteilung des Reichtums bewusst. Nach Stabilität und Sicherheit klingt das allerdings nicht.

aus: Die Welt wird ärmer. Radikaler. Undemokratischer

Das ist das Setting, in dem all die Dinge geschehen, über die Kommentatoren so schreiben. Syrien, Fußball-EM, Pegida, Türkistan, AfD, FPÖ, FN, Fußpilz, Putin, Poroschenko, Polen, Merkel, FIFA, VW, ADAC, Köln, Dresden, Castrop-Rauxel. Einfach alles, was geschieht, geschieht im oben gezeichneten Kontext, innerhalb des globalisierten Systems.

Nun muss man politisch allerdings nicht rechtsaußen stehen, um einen Neustart herbeizusehnen, wie „Zeit“-Autor Bastian Brauns impliziert. Und Rechtspopulisten und andere Extremisten haben auch nicht die Wut auf das System gesät. Die ernten doch ‚nur’ ab, was das System bestellt hat; auf Boden, den es selbst fruchtbar machte.

Wer kennt denn jemanden mit dem „Wunsch nach einer katastrophalen Krise des Systems”, in dem er selbst lebt..? Man muss schon ziemlich kaputt sein, um sich so etwas zu wünschen. Und ziemlich ignorant, um nicht zu sehen, dass die „katastrophale Krise“ längst da ist. Auch ganz ohne Wunsch. Und je mehr den sogenannten Souverän das Gefühl beschleicht, mittelfristig kaum noch etwas zu verlieren zu haben, ob nun handfest-real oder gefühlt-imaginär, desto irrationaler wird er sich wohl verhalten.

Denn es gibt ja nichts Richtiges im Falschen. And freedom’s just another word for nothing left to lose. Siehe das sich zu Kleinholz zerlegende Großbritannien, siehe die bei autoritär-nationalistischer Rechtsdrift zerbrechende EU, siehe überall.

Willkommen in der Wirklichkeit. Have a nice stay.

Wes Brot ich ess

Die Ditib behauptet, sie sei ein deutscher Verein, lässt sich aber von Ankara steuern. Das geht nicht”, sagt die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Aydan Özoguz (SPD).

Und man denkt gleich wieder: Häähh..?! Natürlich geht das. Das Handy der Kanzlerin von Washington aus abhören, vom Kreml aus Kulturkampf gegen Europa in Marseille führen und/oder per Flüchtlings-Deal von Berlin aus die nord-syrische Grenze dicht machen geht doch auch.

Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V. (kurz: DITIB) ist de facto nun mal eine staatlich-türkische Organisation. Und wenn die türkische Regierung durchdeht, dreht Ditib selbstverständlich mit am Rad. So wird die Zustimmung zur Armenien-Resolution nicht nur zur anti-türkischen, sondern gleich auch zur anti-muslimischen Sache verklärt. Wer das nicht möchte wird wohl die Strukturen ändern müssen.

Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Sollte ausgerechnet die SPD vergessen haben, dass es diesen Mechanismus gibt und wie er funktioniert, wäre das allerdings eine gute Nachricht für alle Sozialdemokraten. Glück auf!

Thin line between love & hate

Omar Mateen tötet 49 Menschen. An jeder zweiten Ecke nennen sie das „Massaker von Orlando“ eine Tragödie, was ich anfänglich für falsch halte. Daniel Sanders Text auf SPIEGEL ONLINE, der die Tat schon im ersten Satz, wie ich, einen Massenmord nennt, ist überschrieben mit „Er meinte uns”.

Sollte es aber stimmen, dass Omar Mateen selbst im „Pulse“ verkehrte und über eine Dating-App Kontakt zu Männern suchte, dann handelte es sich sehr wohl um eine Tragödie. Und Daniel Sanders Text könnte genauso gut mit „Er meinte sich” überschrieben sein.

Mord bleibt Mord. Aber wie tragisch ist es, wenn ein junger Mann in einem der freiesten Länder der Erde derart an sich kaputt geht, dass der nach außen gekehrte Selbsthass ausreicht, um u.a. die eigene Ehefrau zu drangsalieren und schlussendlich 49 Menschen mit in den Tod zu nehmen.

Wie vergiftet von falschen Gottes-, Moral-, Ehr- und Männlichkeits-Bildern muss jemand sein, der in den USA geboren wurde, aber es im Jahre 2016 nicht schafft, zur eigenen Sexualität zu stehen. Sie zumindest heimlich auszuleben – was auf Dauer keine zufriedenstellende Lösung ist, aber immerhin mit Respekt vor eigenen, sexuellen Empfindungen/Bedürfnissen einherginge.

Zitat aus einem Beitrag in der Zeit zu Thomas Hitzlspergers öffentlichem Coming Out 2014:

„Wer denkt, Homosexualität sei doch heute kein Tabu mehr, sich dazu zu bekennen mithin kein Problem, der kennt Schwule und Lesben wahrscheinlich nur aus dem Fernsehen. Denn für den einzelnen Homosexuellen ist es zunächst mal ein Kraftakt, sich selbst einzugestehen, so zu sein, wie man ist; eine weitere Anstrengung ist nötig, um „es“ den Eltern und Freunden zu sagen.“

Sollte es außerdem stimmen, dass der Schlächter von Orlando sein Töten als einen islamistischen Terror-Akt nur verkleidete, passte das ins zuvor gezeichnete Bild. Ein radikal-islamistischer Anschlag bliebe es dennoch. Allein das erste Opfer der Tragödie hörte auf den Namen Omar Mateen.

Noch halb Kind und in einem Alter, in dem die Klassenkameraden unberechenbare Monster sind, braucht kein Mensch die Erkenntnis, nicht in die Rolle zu passen, von der man bis dahin glaubte, das Leben habe sie für einen vorgesehen. Nicht Dolce & Gabbana, sondern ein Schlag ins junge Genick ist es, sich selbst als Enttäuschung des gesamten Umfeldes, vornehmlich der eigenen Eltern, wahrzunehmen. Die Selbsttötungsrate unter homosexuellen Jugendlichen (auch nicht angehender ProfisportlerInnen wohlgemerkt) ist dementsprechend hoch.

J. 2014/2016

R.I.P. ♡

sofortbilds Woche 23/16

Sternzeit 04062016 – Das erste sofortbild Morning Roundup erscheint. Damit startet ihr immer frisch gebrieft in den Tag. Nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Produkt aus Monsantos Giftküche. Auerbach & justrecently bloggen 100% glyphosatfrei.

In Folge 1 erfahrt ihr u.a., wie man sich von Kopf bis Fuß mit Gänsefett einreibt, ohne dabei glitschig zu wirken. Muhammad Ali ist tot; Frankreich im Generalstreik; Chinesen und Taiwaner gedenken des Massakers vom 4. Juni 1989 und andere Themen.

Weitere Beiträge vom 4. Juni: Schna’sel gedichtet live aus Hamminkeln. Wer liest mich – und wenn ja, wie viele..?, fragt sich jr in Bloggers Ohnmacht, Bloggers Einfluss.

Ungetilgter Schulden Samen ist wieder gereift. Ebenso trauriges wie wahres Wort zum Sonntag von Michael Guttenbrunner.

Montag, 6. Juni: Das Morning Roundup mit den Échauffements in Kürze, u.a. zur Armenien-Resolution des dt.Bundestages, dem Zäpfchen gegen EM-Fieber. Mundfunk denkt über weniger Wohlstand für alle (hier) nach und ist sich schuldbewusster als die Polüzei erlaubt. Schna’sel zeigt sich gelangweilt von der sog. Revolution!  Und jr findet in Gauck geht, dass gut beraten zu sein auch eine reife Leistung ist.

Dienstag, 7.Juni: Das Morning Roundup, u.a. über drei Jahre Snowden Leaks. John Oliver vernichtet 15 Millionen Dollar Arzt-Schulden von 9000 Amerikanern unter Einsatz von nur 60.000 US-Dollar. Aber die sog. Fianzkrise war lt. Ökonomen nicht vorhersehbar. Zwinker zwinker.

Weitere Beiträge: Chinas Hölle auf Erden, so schwarz kann grün sein. Ein Kessel Braunes über fernsteuerbare Extremisten. EM-Fieber an diesem Dienstag: 35,9°C (Terrorgefahr > 0)

Mittwoch, 8. Juni: Das Morning Roundup, u.a. zur Frage Wie gewonnen hat Hillary Clinton eigentlich, wenn Sanders lt. Umfragen die besseren Chacen gegen Trump hätte..? Chinas Militärreform; beschämende Fakten zum #WorldOceansDay.

Weitere Beiträge: DENKEN SIE GROSS, denn der Teufel scheißt immer auf den dicksten Haufen. Und JR’s eingehende Untersuchung der Causa Clinton vs. Sanders vs. Trump. EM-Fieber an diesem Mittwoch: 35,8°C (Terrorgefahr > 0)

Freitag, 10. Juni: Das Morning Roundup mit diversen, sportähnlichen Themen. Chinas „Zugangsprüfungsfabriken“; wie Saudi Arabien sich von einer schwarzen UN-Liste „kauft„. EM-Fieber am Eröffnungstag: 36,1°C (Terrorgefahr > 0)

Samstag, 11. Juni: Das Morning Roundup. Fernsehnation vor dem „Blackout“..?; Rolle des Ständigen Schiedshofes in Den Haag im Konflikt um die Spratley-Inseln; russischer Konzeptkünstler Pjotr Pawlenski bricht Schweigen; Knausgård zum 100. Jubiläum von James Joyces »A Portrait of the Artist as a Young Man«.

Weiterer Beitrag: Traumschiff Erdogan kollidiert mit ein paar Realitäten.

EM-Fieber am 3. Spieltag: 42,5°C, Polizeischutz für dt.-türk. Abgeordnete erhöht (Terrorgefahr > 0)

— SOFORTBILD —

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