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Morning Roundup Extra: Intrigen im Olymp

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Seit 45 Jahren hockt Witali Smirnow im Internationalen Olympischen Komitee (IOC), meldete am Sonntag die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) online. Das muss man sich mal vorstellen: ein 81jähriger, der seit 45 Jahren am Boden kauert, ohne mit eingeschlafenen Füßen umzukippen. Wenn das mal nicht olympisch ist.

Die „Süddeutsche“ schäumt wie … naja, wie ein cleaner Olympionik, an dem gerade ein gedopter Konkurrent vorbeigezogen ist, während sich das IOC Augen, Ohren, Mund und Nase zuhält. „Die Schattenwelt gewinnt“, lautet der Titel des SZ-Artikels. Grund: obgleich systematisches, staatliches Doping in Russland belegt sei, habe das IOC zugunsten Russlands entschieden – und Smirnow werde in Russland womöglich Chef einer neuen russischen Anti-Doping-Kommission – der Bock zum Gärtner.

Besondere Pointe: Whistleblowerin Julia Stepanowa dürfe nicht starten, so die SZ in einem zusätzlichen Nachrichtenartikel. Denn: sie sei ja erwiesenermaßen dopingtechnisch nicht sauber.

Rechtlich mag die Entscheidung in Ordnung sein. Aber faktisch stellt sie eine Bestrafung einer Whistleblowerin dar.

Also: was ist von der IOC-Entscheidung, das russische Team nicht in Bausch und Bogen auszuschließen, in ethischer Hinsicht zu halten? Nichts. Ist sie falsch? Auch nicht. Sie ist aus den falschen Gründen richtig.

Denn um „Gerechtigkeit“ ging es bei den Bestrebungen, Russland auszuschließen, allenfalls einigen Athleten oder ihren Trainern. Das Sagen aber hatte von Anfang an die Politik.

Das IOC habe eine andere Priorität gesetzt als die eines dopingfreien Sports, so die SZ: es wolle Wladimir Putin nicht desavouieren.

Das stimmt wahrscheinlich. Andere wiederum wollten aber genau das. Und jetzt ist ihnen die Chose ins Gesicht geflogen.

Fängt vielleicht mal jemand an, sich um den Sport zu kümmern? Träumen wird man ja noch dürfen.

Related:

Putin hofft auf IOC-Neuentscheid, 18.06.16
Weil du doof bist, Morning Roundup, 14.06.16

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Der nächste reguläre „Morning Roundup“ erscheint voraussichtlich Dienstag vormittag.

Morning Roundup: Erdogans wankendes Geschäftsmodell

Heute:

  • Melina Trumps Parteitagsrede
  • Erdogans wankendes Geschäftsmodell
  • Polens Autobahn A4 wird fertig
  • Pawel Scheremet, 1971 – 2016
  • Nordkorea testet Raketen und Radios
  • Angela Eagle macht Platz für Owen Smith
  • Gott des Krieges

Melina Trumps Parteitagsrede

Oh no! Trumps Gattin (oder ihr ghostwriter) soll bei Obamas Gattin (oder ihrem ghostwriter) abgeschrieben haben. Wie sprach doch einst laut „Spiegel“ der Komponist Frank Farian, als ihm Vergleichbares vorgeworfen wurde? Es gibt halt nur zwölf Töne, und da ähnelt sich schon mal was.

Frau himmelt öffentlich ihren Mann an. So furchtbar viele Töne gibt es da eben auch nicht. Es sei denn, es soll originell werden. Aber das geht dann meistens zu Lasten des Weihrauchs.

How auch ever. Hier lernen wir Englisch mit Mrs Trump. Und Mr Trump ist jetzt Präsidentschaftskandidat der Republikaner.

Erdogans wankendes Geschäftsmodell

Amerikatürken richteten laut TRT World am Sonntag eine Petition an das Weiße Haus. Ziel sei die Auslieferung Fethullah Gülens an die Türkei, so TRT. In seiner deutschsprachigen Mittagssendung am Dienstag zeichnete der Kurzwellensender Stimme der Türkei ein Bild, dem zufolge die Innen- und Außenpolitik zur Zufriedenheit der AKP-Führung verlaufe, und bog sich dabei auch Washingtoner Formalplatitüden zu Etappensiegen zurecht:

Der Aufruf von Staatspräsident Recep Tayip Erdogan an US-Präsident Barack Obama hat Wirkung gezeigt. In der entsprechenden Erklärung aus den USA heißt es, wenn der Auslieferungsantrag vorliegt, werde man im Rahmen des Auslieferungsabkommens eine Bewertung unternehmen. Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, sagte, die USA würden den NATO-Verbündeten Türkei große Bedeutung beimessen. Weiter sagte Earnest, die USA werden die auf demokratischem Weg gewählte Regierung und dessen Einrichtungen auf starke Weise unterstützen. Ferner hätten die USA der Türkei bei den in Frage kommenden Punkten zu den Ermittlungsarbeiten zum Putschversuch Unterstützung angeboten.

Laut Radio Free Europe (RFE/RL) kündigte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim zum Gülen-Auslieferungsantrag an, man werde den USA mehr Beweise zukommen lassen, als sie haben wollten.

Gülen wiederum weiß, was in der amerikanischen Öffentlichkeit gut ankommt. Laut RFE/RL lobte er die USA als ein Land, in dem die Herrschaft des Rechts gelte, und drückte seine Besorgnis für die türkisch-amerikanischen Beziehungen aus: man habe gemeinsam im Koreakrieg gekämpft, und sei seit 1952 eng verbündet. Die Türkei brauche Amerika mehr als umgekehrt.

Eine Sitzung des nationalen Sicherheitsrats unter Erdogans Vorsitz endete am Mittwochabend. Nach einer anschließenden Ministerratssitzung sollte laut Erdogan „eine wichtige Entscheidung“ angekündigt werden.

Diese besteht offenbar in der Verhängung des Ausnahmezustands. Unter diesen Bedingungen könne über die Verhaftung von bisher annähernd zehntausend Menschen noch hinausgegangen werden, so die BBC heute früh.

Erdogans Lage ist weniger komfortabel, als es auf den ersten Blick aussehen mag – und als seine Sykophanten es gerne glauben wollen. Sein größtes Problem dürfte die Wirtschaft sein. Der Einbruch beim Tourismus habe seinen Weg noch nicht in die Statistiken gefunden, bemerkte der „Economist“ in seiner Ausgabe vom vorigen Samstag, die vor dem Putschversuch in Druck gegangen war, und nur eine dreißigprozentige Anhebung des Mindestlohns am 1. Januar habe der Statistik einigermaßen über das erste Quartal geholfen. Zu Erdogans Amtszeit als Ministerpräsident habe die Türkei mit jährlichen Wachstumsraten von sieben bis acht Prozent geglänzt. Für 2018 aber erwarte der Internationale Währungsfonds nur noch 3,5 Prozent Wachstum. Und auch ein türkisches Außenhandelsdefizit verlange Reformen.

Statt dessen wendet Erdogan sich der vermutlich einzigen Baustelle zu, von der er wirklich Ahnung hat: dem staatlichen Repressionsapparat.

Polen: A4 mit 4-jähriger Verspätung fertiggestellt

Na also. Geht doch.

Die freudige Nachricht, und ihre Geschichte.

Pawel Scheremet, 1971 – 2016

Pawel Scheremet, Mitunterzeichner der Charta 97 und ein langjähriger weißrussischer Journalist, der sowohl für weißrussische als auch für russische Medien arbeitete, wurde am Mittwoch durch ein Attentat in Kiew getötet. Die ukrainische Staatsanwaltschaft erklärte, Scheremet sei ermordet worden. Eine Bombe habe das von ihm gefahrene Auto im Kiewer Stadtzentrum zur Explosion gebracht.

Scheremet galt als Freund des früheren russischen Präsidenten Boris Jelzin und des 2015 ermordeten russischen Oppositionellen Boris Nemzow, und als Gegner Putins, und des weißrussischen Präsidenten Lukaschenko.

Er wurde 44 Jahre alt.

Nordkorea testet weitere Raketen

Eine Woche nach der Installation des US-Raketenabwehrsystems THAAD in Südkorea feuerte Nordkorea am Dienstag drei ballistische Raketen in östliche Richtung ab, berichtete Reuters. Sie dürften im japanischen Meer gelandet sein. Geübt wurden „präventive Schläge“ gegen Südkorea, zitiert Radio Japan nordkoreanische staatliche Medien.

Auch ein Zahlensender aus Nordkorea soll laut Radio Japan wieder aktiv sein. Solche Zahlen habe man seit Jahren nicht mehr gehört. Dabei handle es sich wohl mehr um eine PSK-Geste als um wirkliche Informationsübermittlung: für Letzteres habe man ja nun das Internet.

In Vor-Internetzeiten aber war ein Kurzwellenempfänger für Spione ein unauffälliger Weg, verschlüsselte Anweisungen ihrer Führung zu empfangen – auch in Deutschland. So ein Radio hatte schließlich jeder brave Bürger – allein schon, um in den österreichischen Alpen die Deutsche Welle zu hören.

1972 strahlte das ZDF den Dreiteiler „Der Illegale“ aus. In den Hauptrollen: Götz George und sein Zahlensender.

Angela Eagle macht Platz für Owen Smith

Besser ist das: wer vielleicht Premierminister werden will, muss mit unvorhergesehenen Ereignissen umgehen können.

Eagle kann das nicht.

Gott des Krieges

Großer Stolz alleine, auf die 5000, 6000, 7000jährige Geschichte, reicht nicht. Patriotische Denkmäler müssen aussehen wie gigantische Scheißhaufen.

Schlecky Silberstein feiert 1450 Tonnen Style.

Guten Morgen.

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Morning Roundup: Theresa May nuklear schussbereit

Donald J. Trump ist jetzt US-Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei. Und Angela Eagle macht in der Labour-Basiswahl des Parteichefs Platz für Owen Smith, um eine einig‘ Front gegen Amtsinhaber Jeremy Corbyn zu bilden. Dazu mehr am morgigen Donnerstag.

Sofortbild, der anglophile Blog, bleibt heute auf den britischen Inseln. Es geht um die vier atomar bewaffneten U-Boote des Vereinigten Königreichs. Aber der Reihe nach, von Samstag, dem 16. Juli, bis zum späten Montagabend, dem 18. Juli.

1. Prolog, Radio 4, 16.07.16

Tom Newton Dunn von der „Sun“, rotierender Mitmoderator der BBC-Radio-4-Serie „Week in Westminster“ und auf Schicht am 16.07., bestaunte die Geschwindigkeit des britischen politischen Lebens und zeichnete dann zusammen mit David Camerons Kommunikationsdirektor a. D. Craig Oliver ein duftes Image des Premierministers a. D..

Und was – nächste Frage – wartete auf die neue Premierministerin Theresa May, „hinter jener großen schwarzen Tür“? Dr. Catherine Haddon, eine Historikerin, sollte Dunn beim Lüften der Geheimnisse helfen, und sie hatte den konservativen Mittelstandsbildungsbürgern vor den Radiogeräten und an den mobilen Endgeräten viel Wissenswertes zu bieten.

CH: Man wird sie mit der nuklearen Abschreckung bekanntgemacht haben, und der Chef des Verteidigungsstabs wird sie mit ihr durchgesprochen haben, und welche Feuerkraft besteht, was sie ausrichtet, was sie genau ausrichtet, weil sie nun dafür verantwortlich ist, und sie wird gebeten worden sein, nukleare Stellvertreter zu ernennen, Leute, die die Entscheidung in ihrer Abwesenheit treffen können, und sie wird diese berühmten Ultima-Ratio-Briefe an die U-Boot-Kommandanten schreiben, darüber, was im Fall eines schweren Schlags gegen das UK getan werden soll, wenn, wissen Sie, niemand Entscheidungen treffen kann.

CH: She will also have been introduced to the nuclear deterrents, and talked through that by the Chief of Defence Staff, and exactly what kind of firepower it does, exactly what it does, because she is now in charge of that, and she would have been asked to both appoint nuclear deputies, people who can take the decision in her absence, and also to write these famous letters of last resort to the submarine commanders about what to do in the event of a major strike on the UK where, you know, noone can make any decisions.

TD: Was sollen sie tun?

TD: What are they supposed to do?

CH: Nun,also diese Briefe – sie sind handgeschrieben – werden versiegelt, den U-Boot-Kommandanten selbst zugeschickt und in Safes in unseren vier Trident-U-Booten hinterlegt, und sie werden nur in dem Fall geöffnet, dass [die U-Boote] allen Kontakt mit dem UK verloren haben und wenn es einen katastrophalen Schlag gegeben hat.

CH: Well, so these letters – they’re handwritten letters -, they are sealed, sent off to the submarines themselves and put into safes in our four Trident submarines, and they are only to be opened in the event that they have lost all contact with the UK and when there has been a catastrophic strike.

[…]

CH: Es ist sehr nach Art des Kalten Kriegs. Das […] ich meine, sie bestehen daraus, dass man für, ich glaube, vier Stunden nicht in Kontakt mit dem Marinehauptquartier war, und dass keine Kommunikation aus dem UK kommt, wovon […] Radio 4 eines ist. Man geht davon aus, das es vier Optionen gibt, die hier mit enthalten sind: Vergelten, nicht vergelten, die Sache der Entscheidung des U-Boot-Kommandanten überlassen …

CH: It’s very cold-war. That’s […] I think now it consists of not being in contact with naval headquarters for, I think it’s four hours, and no communications coming out of the UK, of which […] Radio 4 is one of those. There are considered to be four options, that might be included in that: retaliate, don’t retaliate, it might be just to put it under the submarine commander’s decision …

TD: Den schwarzen Peter weitergeben?

TD: To pass the buck?

CH: Ja, genau.

CH: Yes, exactly.

TD: Das ist ein großer schwarzer Peter.

TD: It’s a big buck to pass.

CH: Und es ist eine überwältigende Verantwortung für den U-Boot-Kommandanten, es so zu handhaben. In mancher Hinsicht, die Entscheidung weiterzugeben, unter den Umständen – man weiß nicht, unter welchen Umständen [die Briefe] geöffnet werden müssen -, und die letzte Option ist dann, [die U-Boote] unter das Kommando eines unserer Verbündeten zu stellen, das der Australier oder der Amerikaner, und sie gewissermaßen unter ihren Oberbefehl zu stellen. […] Sehr wenige Premierminister haben wirklich enthüllt, was sie getan haben wollten. James Callaghan war der einzige. Er sagte, seine Wahl war, keine Vergeltung zu üben. Aber natürlich untergräbt es völlig die Abschreckung, wenn sie enthüllen, was sie vielleicht getan hätten, und darum hören wir für gewöhnlich nichts [von den nuklearen Briefen]. Sie werden zerstört, wenn der Premierminister zurücktritt, und David Camerons werden nun zerstört.

CH: And it’s an awesome responsibility for the submarine commander to do, so in some respects, passing on that decision, given the circumstances – you won’t know in which circumstances these need to be opened -, and then the last [option] is to pass command over to one of our allies, the Australians or the Americans and to sort of effectively put them under their command. […] Very few prime ministers have actually revealed what they wanted to do. James Callaghan was the only one. He said his one was not to retaliate. But obviously, it completely undermines deterrence for them to reveal what they might have done, so we usually don’t hear anything about [the nuclear letters]. They are destroyed after the prime minister resigns, and David Cameron’s are being destroyed now.

Radio 4 sei in etwa die „Prawda“ der britischen Mittelklasse, bemerkte vor einigen Jahren der konservative britische Blogger Foarp:

[Radio 4] verabreicht eine besondere Art der Weisheit, die einen von der faden Oberklasse und der umnachteten Arbeiterklasse unterscheidet. Seine Wirkung auf das Gemüt der britischen Öffentlichkeit liegt darin, dass es ein Image mittelständischer Ehrsamkeit schafft, das von keinen gegenteiligen Hinweisen beseitigt werden kann.

It dispenses a particular kind of wisdom which distinguishes one from the vapid upper class and the benighted working class. It’s effect on the minds of the British public is to create an image of middle-class respectability which no evidence to the contrary can dispell.

Vor dem Radiogerät oder an den mobilen Endgeräten sitzen also nicht die Idioten, die Labour wählen oder hemmungslos Staatsgeheimnisse ausplaudern (wie Labour-Premiers das tun): das Publikum war am vorigen Samstag bei Dunn & Haddon überwiegend gut aufgehoben.

2. Unterhausdebatte, 18.07.16

Und derart gut vorbereitet durfte das kluge britische Mittelklassenpublikum am Montag Nachmittag & Abend die große Debatte über die Trident-Modernisierung verfolgen, deren Hintergründe die „Tagesschau“ online am selben Tag darstellte. Labour-Chef Corbyn, ein Gegner der nuklearen Bewaffnung Großbritanniens, suchte einen Mittelweg zwischen seiner Position und den Gewerkschaften, die um die damit verbundenen Arbeitsplätze fürchteten.

Corbyns Mittelweg – U-Boote ja, nukleare Bewaffnung nein – tauchte auch in einer spöttischen Referenz der Premierministerin auf (siehe unten, 20. Minute).

Die Mitschrift der Debatte.

Das Video der Debatte.

Und ein – nicht erschöpfendes – Protokoll der Eröffnungsreden.

2. a. Statement Theresa May

4. Minute: Russische Bedrohung. „The nuclear threat hasn’t gone away, if anything, it has increased.“

Putin baue das nukleare Arsenal seines Landes aus, und „there is no question about President Putin’s willingness to undermine the rules-based international system in order to advance his own interests.“

5. Minute

May zitiert Nordkorea als Beispiel für Länder, die Nuklearwaffen erwerben wollten, es handle entgegen den Resolutionen des UNSC so, es sei das einzige Land, das in diesem Jahrhundert Nuklearwaffen getestet habe, und es teste ballistische Trägersysteme, die für diese Nuklearwaffen geeignet sein könnten.

6. Minute

Sie argumentiert, wenn man eine nukleare Bewaffnung erst einmal aufgegeben habe, sei sie kaum wieder neu aufbaubar, es sei denn in Jahrzehnten. Diese zeitlichen Dimensionen seien von Belang, weil kaum vorhersehbar sei, vor welchen nuklearen Bedrohungen GB und seine Verbündeten zukünftig stehen könnten.

8. Minute

Als legitimierte Atommacht trage GB Verantwortung für seine europäischen Verbündeten: „Britain is going to leave the European Union, but we are not leaving Europe, and we will not leave our European and NATO allies behind. Being recognized as one of the five nuclear weapons‘ states under the nuclear non-proliferation treaty also confers unique responsibilities, as many of the nations who signed the treaty in the 1960s did so on the understanding that they were protected by NATO’s nuclear umbrella, including the UK deterrent.“

9. Minute

Kosten:

[…] no credible deterrent is cheap, and it’s estimated that the four new submarines will cost 31 bn Pounds to build, with an additional contingency of ten bn Pounds, but the acquisition costs spread over 35 years, this is effectively an insurance premium of 0.2 percent of total annual government spending. That’s twenty cents in every one-hundred Pounds for a capability that will protect our people through the 2060s and beyond.

20. Minute (der Schlagzeilenmacher ihrer Rede, eine Antwort auf eine Zwischenfrage)

Q: Is she personally prepared to authorize a nuclear strike that could kill a hundred thousand innocent men, women, and children?

A: Yes. And I have to say to the honorable Gentleman: the whole point of a deterrent is that our enemies need to know that we would be prepared [drowned in reactions].  Unlike some suggestions that we could have a nuclear deterrent but not actually be willing to use it which came from the Labour Party front bench.

22. Minute

May bekennt sich zu nuklearer – multilateraler – Abrüstung,  …

23. Minute

… aber „we are committed to retain the minimum amount of destructive power needed to deter any aggressor.“

Und man werde nicht einseitig abrüsten:

But Britain has approximately one percent of the 17,000 nuclear weapons in the world. For us to disarm unilaterally, would not significantly change the calculations of other nuclear states, nor those seeking to acquire such weapons. To disarm unilaterally would not make us safer, nor would it make the use of nuclear weapons less likely.

2. b. Statement Jeremy Corbyn

25. Minute

Gratulation an May zum neuen Amt als Premierministerin, Anmerkungen zu Anschlag in Nizza und zum Putschversuch in der Türkei.

27. Minute

2006 habe das Verteidigungsministerium die Baukosten auf 20 Mrd. Pfund geschätzt. Aber seit dem vorigen Jahr – Wiederholung der May-Zahlen – sei die Rede  von 31 bn Pfund plus 10 bn Reserven. Eine andere Quelle spreche von 167 Mrd. Pfund, und er habe Schätzungen von über 200 Mrd. Pfund  gehört.

28. Minute: Schlagabtausch mit einem Tory-MP. Corbyn wirkt ungewöhnlich lebendig und spontan.

30. Minute: ein Tory-MP bringt seine koreanischen Wahlkreisbewohner ins Spiel. Wie wolle Corbyn denen seine Opposition gegen die Trident-Modernisierung vermitteln?

Corbyn: auch in seinem Wahkreis gebe es koreanische Wählerinnen und Wähler. Die Sechsparteiengespräche dienten dem Erreichen eines Friedensvertrags auf der koreanischen Halbinsel.

31. Minute

Im früheren Tory-Kabinett habe man im Übrigen im Mai 2009 die (kostengünstigere) Variante luftwaffengestützter Raketen anstelle der U-Boot-gestützten nuklearen Abschreckung diskutiert – mit der Bemerkung des früheren Tory-Verteidigungsministers Nicholas Soames, die öffentlich ausgetauschten öffentlichen Argumente rechtfertigten nicht die erforderliche Höhe der Ausgaben.

31. Minute

Was die Labour-Abgeordneten bei allen ihren Differenzen historisch eine: so sehr ihre Ansichten über die Wege dorthin auch auseinandergingen, so entschieden träten sie alle für eine nuklearwaffenfreie Welt ein. [Reaktion auf einige Spitzen May’s während ihres Statements bis Minute 24.]

Welche Bedrohungen wolle man mit einer angedrohten Million Toter pro Atomsprengkopf eigentlich abschrecken?

32. Minute

Islamic State betreibe ja just einen Todeskult. Saudi-Arabien, ein UK-Verbündeter, begehe furchtbare Akte im Jemen. Kriegsverbrechen in Jugoslawien und Saddam Husseins Gräueltaten, oder den Völkermord in Ruanda, habe die britische Abschreckung eben nicht abgeschreckt.

33. Minute

Er, Corbyn, – so offenbar in direkter Antwort auf Mays Ankündigung, sie würde den Atomschlag durchziehen – würde das jedenfalls nicht tun:

Mr Speaker, I make it clear today that I would not take a decision that kills millions of innocent people. I do not believe the threat of mass murder is a legitimate way to go about dealing with international relations.

Auch hier ein Echo aus den alten, bei BBC Radio 4 am Samstag, diskutierten schweren Entscheidungen (siehe oben, James Callaghan, die alte Plaudertasche).

38. Minute

Corbyn zitiert einen seinerzeit amtierenden Tory-Verteidigungsminister:

The former Conservative defense secretary Michael Portillo said – and he was the defense secretary -, „to say we need nuclear weapons in this situation would imply that Germany and Italy are trembling in their boots because they don’t have a nuclear deterrent.“

2. c. Mhairi Black, MP, Scottish National Party

3. Epilog

Abstimmungsergebnis: Mehrheit für Nuklear-Erneuerung – fast die ganze konservative Unterhausfraktion plus über die Hälfte der Labour-Abgeordneten.

We have but one choice. Ladies and Gentlemen: the Prime Minister:

Guten Morgen.

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Morning Roundup: Dr. Strangelove lässt grüßen

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Ebenfalls zu diesem Thema: Erdogans Putsch von JR

Türkei. Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb, der Titel einer Filmsatire von Stanley Kubrick aus dem Jahr 1964 über den Kalten Krieg und Nukleare Abschreckung. Geprägt vom zweiten Weltkrieg, gekennzeichnet durch Eisernen Vorhang und Ost-Block war die Weltordnung in den 60ern eine andere. Dachte ich, bis zum Freitag. Bis ich vom Militärputsch in der Türkei aus den Spätnachrichten erfuhr.

Die folgenden Stunden verbrachte ich statt zu schlafen am Computer. Gezielte Falschmeldungen, widersprüchliche Berichte und erschreckende Bilder verbreiteten sich rasend schnell im Netz. Zeitweise sah es aus, als wäre die Türkei über Nacht ins Chaos abgerutscht. Heute, an Tag drei nach dem Putschversuch von Teilen des türkischen Militärs sind viele Fragen noch offen und was tatsächlich passiert ist werden wir wahrscheinlich erst in ein paar Jahren erfahren.

Lesenswerte, brandaktuelle Berichterstattung gab es u. a. von Ismail Küpeli und Oezlem Topcu. Direkt vor Ort in Istanbul waren außerdem Deniz Yücel und Frank Norhausen. Sie alle teilten Meinungen und Einschätzungen, übersetzten türkische Meldungen ins Englische und Deutsche und halfen so zumindest ansatzweise nachzuvollziehen was da in Gange war.

Zusammenfassend lassen sich die Ereignisse in zwei Phasen teilen: Den tatsächlichen Putsch, der etwas mehr als 24 Stunden andauerte. Und die repressiven Folgen, »Säuberungen« wie Erdogan selbst es in der Sprache des Faschismus nennt: Amtsenthebungen, Verhaftungen, Mord in Polizeigewahrsam, veranlasst von der Regierung Erdogan. Diese Folgen sind es denn auch, die uns noch lange beschäftigen werden.

Lesenswerte Berichte über den Putschversuch: Deniz Yücels bitteres Resumé »Das ganze Land gehört uns – Alahu akbar« in der Welt 17.07.16; Frank Nordhausen »Recep Tayyip Erdogan. Auf dem Weg zum unumschränkten Herrscher«Berliner Zeitung 18.07.16; »Ein Putsch, der Erdogan stärkt« von Özlem Topcu in der Zeit und Ismail Küpeli heute morhen im Interview im RBB Radio. Auf ND gibt es einen aktualisierten Newsblog der Ereignisse vom 16.07.2016. In Dunkle Tage, schreibt Ranj Alaaldin im Freitag über Hintergründe des Putsches.

Festnahmen und Amtsenthebungen. Ein paar Zahlen zu dieser »moving Story«, Zahlen die sich während ich dies schreibe schon wieder verändert haben:

  •  312 Tote (145 Zivilisten, 60 Polizisten, 3 Soldaten, 104 Putschisten)
  •  103 Generäle ließ die Regierung Erdogan festnehmen
  •  77 Regierungschefs wurden abgesetzt
  •  8777 Mitarbeiter des Innenministeriums (inkl. Polizei) wurden ihrer Ämter enthoben
  •  2745 Richter wurden suspendiert
  •  6038 Soldaten wurden verhaftet

Festnahmen in derart großem, umfassenden Rahmen, es muss davon ausgegangen werden, dies wurde von langer Hand durch die Regierung Erdogan geplant.

Erdogans_Putsch

 

Incirlik

Die Türkei, NATO Mitglied und geostrategischer Partner – historisch immer schon ein wichtiger Verbündeter Deutschlands und der USA –, Europas Tor zum Nahen-Osten, ist auch ein Waffenlager. Seit dem Kalten Krieg – also gefühlt immer schon – lagert die NATO 50 B61 Nuklearsprengköpfe im Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Atombomben. 80 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt. Kaum zu glauben, ist aber so.

Spiegel Online meldet »Die türkische Regierung greift hart gegen jene Soldaten durch, die hinter dem Putschversuch von Freitagnacht stecken sollen. Jetzt ist auch der Kommandeur der Luftwaffenbasis Incirlik festgesetzt worden – jenes Stützpunktes, den auch die Bundeswehr nutzt.« Quelle, Spiegel Online, 17.06.16

 

+++ UPDATE 12:42 Uhr +++

Lesestoff und Hintergrundinformationen. Im Nachhinein geradezu prophetisch muten Analysen wie die des amerikanischen Nahostexperten und Bush-Berater Michael Rubin an. Schon im März diesen Jahres, in seinem lesenswerten Blog auf der Plattform des konsevativen, republikanischen Thinktanks American Enterprise Institute, »Could there be a Coup in Turkey?« ging Rubin von einem möglichen Putsch in den Monaten vor den Türkischen Wahlen aus. Er nennt eine Vielzahl an Gründen für die Schwächung demokratischer Strukturen und skizziert das Bild eines autokratischen Staates:

»The situation in Turkey is bad and getting worse. It’s not just the deterioration in security amidst a wave of terrorism. Public debt might be stable, but private debt is out-of-control, the tourism sector is in free-fall, and the decline in the currency has impacted every citizen’s buying power. There is a broad sense, election results notwithstanding, that President Recep Tayyip Erdoğan is out-of-control. He is imprisoning opponents, seizing newspapers left and right, and building palaces at the rate of a mad sultan or aspiring caliph. In recent weeks, he has once again threatened to dissolve the constitutional court. Corruption is rife. His son Bilal reportedly fled Italy on a forged Saudi diplomatic passport as the Italian police closed in on him in an alleged money laundering scandal. His outbursts are raising eyebrows both in Turkey and abroad. Even members of his ruling party whisper about his increasing paranoia which, according to some Turkish officials, has gotten so bad that he seeks to install anti-aircraft missiles at his palace to prevent airborne men-in-black from targeting him in a snatch-and-grab operation.« Michael Rubin

18.07.2016. Opfer des Putsches sind Helden der Erdogan-Legende. Für die Welt berichtet Deniz Yücel aus Istanbul über Narrative türkischer Machtverhältnisse und Gewinner, die Geschichte schreiben. »Noch ist unklar, welche Gruppierung wirklich hinter dem Putsch in der Türkei steckt. Die Opfer werden derweil als Märtyrer gefeiert. Für Erdogan ist sein Sieg auch die Chance für eine neue Legende.«

19.07.2016. Über die Wiedereinführung der Todesstrafe soll im türkischen Parlament abgestimmt werden. Laut ND (Neues Deutschland) verfügt Erdogans AKP zusammen mit der ultrarechten Oppositionspartei MHP über eine Mehrheit zu einer Verfassungsänderung, »Türkische Oppositionspartei MHP unterstützt Todesstrafe«.

https://twitter.com/ismail_kupeli/status/755121800758095872

 

Closer to Home. 3 Millionen Deutsche türkischen Ursprungs leben in Deutschland. Deutschland ist wichtigster Handelspartner der Türkei und mit 15% des Tourismus Aufkommens ein zentraler Pfeiler der türkischen Wirtschaft. Zur Rezeption des Putsches in der deutsch-türkischen Gemeinschaft schreibt Deniz Aykanat »Putsch spaltet die Deutsch-Türken. Erdoğan versteht es, das angeknackste Selbstwertgefühl der Deutsch-Türken für sich zu nutzen. Viele, aber nicht alle sind für ihn. Die Gräben verlaufen mitten durch Familien«, in der SZ (Süddeutschen Zeitung).

 

+++ Gewalt durch Sprache +++

Erdogan spricht von »Säuberung« und »Geschwüren«, wenn er Maßnahmen gegen die Putschisten ankündigt. Sprache als Waffe hat eine lange Tradition im Faschismus. Ob »Blut und Boden«-Rhetorik der AfD oder der Neonazis, mit Herabwürdigung, Entmenschlichung und Ausgrenzung durch Sprache wird ein »gesunder« Staatskörper beschworen, den es um jeden Preis gegen die Bedrohung von Außen zu verteidigen gilt. Gegen alle die nicht zu herrschenden Ordnung gehören: Fremde, Außenseiter, Oppositionelle. Intellektuelle, Homosexuelle, Kranke, Behinderte, Migranten, Frauen … [Update 14:35 Uhr]

Aktuell wie lange nicht mehr. In seinem bewegenden, sehr persönlichen Essay Ur-Faschismus aus dem Jahr 1995 definiert Umberto Eco 14 Merkmale des Faschismus am Beispiel seiner Heimat Italien, zu lesen in der Online-Ausgabe der Zeit.

 

+++ Nachtrag 19:03 Uhr +++

Da wir alle sehr die – ich nenne sie jetzt einfach mal – westliche Seite im Fokus haben, hier noch ein paar Meinungen pro Erdogan. Pro? Ja, das geht tatsächlich.

Die türkisch-amerikanische Journalistin und FBI-Whistleblowerin Sibel Edmonds im Gespräch mit James Corbett und Spiro Skouras von der unabhängigen Plattform Newsbud. Das Gespräch geht zwar grenzwertig schon in die Verschwörungsecke, dennoch hat Sibel Edmonds spannende Punkte, fand ich. Besonders, wenn sie von den Aktien spricht, die die USA und NATO in der Türkei haben. Sie beschreibt den Putschversuch lediglich als »Warmup«; als Test für den eigentlichen großen Putsch, der in Vorbereitung ist. Außerdem sei Fethullah Gülen, Erdogans Erzfeind, keinesfalls der nette Großvater mit Bildungsauftrag, sondern islamistischer Hardliner neben dem Erdogan geradezu moderat wirke.

Man muss das alles nicht wörtlich nehmen, aber ich fand die Theorien nicht ganz uninteressant. Nur, um auch mal in ein paar andere Richtungen zu denken.

 

To finish off for the day, a couple of Tweets by U. Klein @Smukster. Unserem Geopolitik Experten, der, wie ich finde ein wenig in die oben skizzierte Richtung geht wenn er von einer Umorientierung Erdogans spricht: Die Türkei wendet sich von der NATO ab und Russland zu. Hier könnte geopolitisch eine neue Achse entstehen.

https://twitter.com/smukster/status/755420972790980608

https://twitter.com/smukster/status/755424890648424448

Morning Roundup: Drei apocalyptische Reiterinnen

»Deutschland, Großbritannien – und bald werden vielleicht auch die USA von einer Frau regiert. Blüht der Welt ein goldenes Zeitalter weiblicher Vernunft?«

In seiner wöchentlichen Spiegel-Kolumne »Frauen an die Macht …«, fragt Augstein, ob Frauen die Welt besser regierten als Männer? »Erst Angela Merkel in Deutschland, jetzt Theresa May in Großbritannien, bald vielleicht Hillary Clinton in den USA – spätestens wenn drei große westliche Nationen zur gleichen Zeit in weiblicher Hand liegen, dann soll das eherne Zeitalter männlicher Gewalt endlich enden und durch ein neues, besseres abgelöst werden.«

Theresa_Mays_cabinett

Damit trifft er eindeutig einen Nerv, denn die allseitige Fassungslosigkeit angesichts des aktuellen Politikgeschehens scheint kaum noch steigerungsfähig. Selten in der Geschichte so scheint es, war die Planlosigkeit der Eliten größer. Nur wenige Augenblicke, da die durch schlechte politische Weichenstellung herbeigeführten Krisen ein allumfassenderes Machtvakuum hinterließen.

Beschäftigt man sich dieser Tage mit Nachrichten, egal welche Meldungen, egal wo – das Ergebnis des #BREXIT Referendums, mit dem in dieser Drastik wohl kaum einer gerechnet hatte; der Rücktritt Camerons, der England nun fast über Nacht eine Theresa May bescherte (siehe Sofortbild Morning Roundup v. 1. u. 12. Juli 2016), eine in Hinterzimmern mehr oder weniger einfach abgesegnete, aber eben keine demokratisch von der Bevölkerung durch Wahlen legitimierte Tory Premierministerin; oder – schon Farce oder noch Komik? – #BREXIT Boris Johnson seit gestern in neuem Amt als britischer Außenminister im Tory Kabinett der Mrs. May. »Horsewoman of the Apocalype« (Reiterin der Apokalypse), wie sie schon in den ersten Stunden ihrer Amtszeit liebevoll genannt wird. Man kommt aus dem Staunen kaum noch raus.

Barroso1

Von der Bank in die EU, dann wieder zur Bank. Die Meldungen aus Brüssel – auch wenn es mal nicht um Freihandelsabkommen geht – könnte man sich in seinen wildesten Träumen nicht ausdenken: Dass – nach Ex-Goldman Sachs Mitarbeiter Mario Draghi, der als Chef der Europäischen Zentralbank die Geschicke Europas in Zeiten der Bankenkrise lenkt –, demnächst Ex-EU-Kommissar José Manuel Barroso zu Goldman Sachs in die Führungsetage wechseln wird. Wie skandalös man dies auch finden mag, in jedem Fall stellt sich durch solche Personalien mehr denn je die Frage nach Interessenkonflikten und dem Verantwortungsbewusssein der Führungspersonen. In seinem Spiegelkommentar »Goldman Sachs‘ Verflechtung mit der Politik: Alles zum Wohl des Geldes« beschreibt Hans-Jürgen Schlamp die engen Verflechtungen der Macht. Er zeigt auf, Barroso ist bei weitem nicht allein, vielmehr » in bester Gesellschaft. Die Verflechtungen des Geldhauses mit der Polit-Prominenz sind verblüffend eng.«

 

In seinem Guardian-Artikel »The prospect of Brexit Britain turning into a post-global disaster zone is real«, kritisierte der britische Wirtschaftsjournalist Paul Mason die politische Planlosigkeit der Parteien aufs Schärfste (Sofortbild berichtete, Morning Roundup v. 12.07.’16).

»What political economists worry about, however, is the absence of a plan. Or a leadership. Or whether the public has consented to be governed by an elite that no longer understands what it is doing.« Paul Mason, Guardian

Von globalem Anti-Elitismus, Vertrauensverlust und einer Glaubwürdigkeitskrise der Institutionen und Eliten spricht der amerikanische Journalist Chris Hayes in einem lesenswerten Interview. »Reserve your contempt for the people with power«: Chris Hayes, Vox World.

»[…] you had a cascade of elite failure that really was bad elite failure. That produced a crisis of authority that was this pulverizing phenomenon whereby all kinds of institutions were utterly discredited.

For the last 30 years, Gallup has been asking about confidence in institutions, and everything was down except for the military and police. What’s going on here? What kind of society can we operate, and what does it mean for democracy, when you have this widespread crisis of authority? […]

Or is it that the people are misinformed and benighted, and the folks in power are doing their best and it would be much worse if they weren’t there?

This is a continental crisis of authority, again, brought about by elite failure. The coup de grâce for both places was the financial crisis. And let us not also forget that one of the major pieces of elite failure, the Iraq War, was one of the first dominoes that has led to hundreds of thousands of refugees in Europe

Chris Hayes, Reserve your contempt for the people with power. Interview, Vox World

 

»The financial crisis is the one that unites them and has been colossal. Keep in mind in the case of the UK, they also had a whole bunch of their elites, although much more divisively than the US, push the Iraq War, which essentially destroyed Labour as a party, which is part of what’s given us this.

The notion of a social order in which the best and brightest of all different creeds and hues rise up the ranks to become the multi-hued leadership class of the elite, based solely on merit, drive, and intelligence, and occupy the commanding heights of institutions and make the right choices — that’s the global model in many ways, and it’s proving to not produce great decision-making.

People rebel against it, and they can rebel against it in different ways. They can rebel in a left-wing, popularistic, solidaristic way that we’ve seen in Greece with Syriza, or Podemos in Spain, or Bernie Sanders. Or they can revolt against it in a Marine Le Pen, Donald Trump, Nigel Farage, UKIP [UK Independence Party] sort of way.«

Chris Hayes, Reserve your contempt for the people with power. Interview, Vox World

Enjoy another Day in Paradise. Ein neuer Tag in der besten aller Welten, machen wir was draus.

Einen schönen guten Morgen und ein Burner of a Weekend wünscht,

Euer Sofortbild-Team

Morning Roundup: Stürme, Wellen, Farce

Heute:

  • Labour-Kandidatenliste: Corbyn ist drin
  • Cameron: Sing‘ zum Abschied leise Leck Mich
  • Nach Spratly-Entscheidung: Keep Calm & Carry on
  • US-Wahlkampf: Sanders unterstützt Clinton
  • Bei Diander piept’s
  • Die Schafsinseln und die Heuchler
  • Anders abhören

 

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Labour-Kandidatenliste: Corbyn ist drin

Jeremy Corbyn, amtierender Chef der britischen oppositionellen Labour-Partei, ist im Rennen: das National Executive Committee (NEC) stimmte gestern abend (Dienstagabend Ortszeit) mit 18 zu 14 Stimmen zu Corbyns Gunsten ab. Damit wird Corbyn als Amtsinhaber automatisch auf der Kandidatenliste stehen, über die die Labour-Basis abstimmen soll.

Sing‘ zum Abschied leise Leck‘ mich

David Cameron, Noch-Premier des Vereinigten Königreichs, übergibt heute abend die Amtsgeschäfte an seine Nachfolgerin Theresa May. Nachdem er das vorgestern  ankündigte, verschwand er, ein Lied auf den Lippen, wieder hinter der Tür mit der Nummer 10 darauf. Der Politologe Anthony Glees wertete das in einem Deutschlandfunk-Interview als Statement, etwa so: Macht den Mist ohne mich.

 

China_Spradleys

Nach Spratly-Entscheidung: Keep calm and carry on

Hinsichtlich einer Teilgruppe der Spratly-Inseln nahe dem Scarborough-Riff, entschied gestern der Ständige Schiedshof in den Haag zugunsten der Philippinen – vergleiche Schiedshof entscheidet zugunsten der Philippinen, 12.07.16. Als ein „Affentheater von Anfang bis Ende“ habe der chinesische Außenminister Wang Yi das Verfahren beim Ständigen Schiedshof in den Haag bezeichnet, meldete gestern (Dienstag) die Deutschredaktion des Auslandsdienstes China Radio International (CRI). Xinhua zitierte Wang ähnlich, wenn auch noch etwas detaillierter: es handle sich „von Anfang bis Ende um eine politische Farce, mit dem äußeren Anschein des Rechts drapiert“, erboste sich demnach der gelernte Sprach– und Wirtschaftswissenschaftler.

Als „unverschämte Leugnung der territorialen chinesischen Souveränität und See-Interessen“ bezeichnete die halbamtliche „Huanqiu Shibao“, eine Zeitung mit relativ viel Interesse an internationalen Themen, die Entscheidung und stellt ihrer überdurchschnittlich nationalistischen Leserschaft die Folgen vor, die es hätte, wenn die Philippinen und Vietnam die Macht dazu hätten, die Haager Entscheidung anzuwenden und umzusetzen: nur noch die Philippinen und Vietnam würden danach über ökonomische Rechte verfügen, und China müsse sich mit allen ökonomischen und anderen Aktivitäten aus dem Gebiet zurückziehen.*) Dazu werde es freilich nicht kommen, da weder Chinas Regierung noch Chinas Öffentlichkeit diese Entscheidung akzeptieren würden. Die chinesische Öffentlichkeit solle ihre alltäglichen Angelegenheiten unverändert weiterverfolgen und sich durch „Stürme und Wellen, darunter auch geopolitische Provokationen“, nicht beeindrucken lassen.

Interessant ist der Verzicht darauf, die Partei zu erwähnen – üblich wäre die Redewendung „Partei und Staat“. Denkbar ist, dass auch der Nationalismus von Dissidenten und VR-Bürgern geweckt werden soll, die der Partei gegenüber innerlich, soweit möglich, längst „innerlich gekündigt“ haben. Hinzu dürfte kommen, dass Rückschläge in der Verfolgung der imperialistischen chinesischen Politik im südchinesischen Meer möglichst nicht auf die Partei zurückfallen sollen.

Über die juristische Stichhaltigkeit sowohl der Haager Entscheidung als auch über die Beijinger Position können sich Juristen offenbar ewig streiten – wobei laut BBC die Entscheidung des Ständigen Schiedshofes rechtlich bindend (wenn auch nicht vom Schiedshof durchzusetzen) ist.

Allerdings bewegt sich die chinesische Propaganda am untersten Ende des propagandistisch Möglichen: anstelle juristischer Argumente wird ein Hexenkessel abergläubischer Argumente zusammengerührt: seit zweitausend Jahren sei die Region chinesisch, es gebe entsprechende historische Seekarten, chinesische Schiffe seien dort vor allen anderen unterwegs gewesen, und außerdem, ähm, was für eine Unverschämtheit gegenüber China. Man muss schon ziemlich viel Beijinger Propaganda gegessen haben, um diese Art Suppe genießbar zu finden.

Eleganter verhält sich Taiwan, das ebenfalls Aktien in der Sache hat: Das Schiedsgericht habe die taiwanische Regierung nicht angehört oder in das Verfahren einbezogen, zitiert Radio Taiwan International (RTI) das Taiwaner Präsidialamt. Man habe also keinen Grund, sich zu den philippinischen Forderungen nach dem Schiedsspruch anders zu verhalten als vor dem Schiedsspruch.

Ende Januar hatte der bis Mai des Jahres amtierende taiwanische Präsident Ma Ying-jeou die Taiping-Insel besucht, die faktisch von Taiwan kontrolliert wird, dem Haager Schiedsspruch nach aber nun ebenfalls keinen rechtlich begründeten Anspruch darauf erheben kann, eine ausschließliche Wirtschaftszone zu sein. Im Ganzen ist der Ton aus Taipei gegenüber anderen ökonomisch aktiven Ländern in der Spratly-Region sachlicher und entspannter als der aus Beijing. Zwischenstaatliche Überzeugungsversuche waren aber natürlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
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*) This Blogger enthält sich mangels einschlägiger Kentnisse einer Einschätzung.

Bernie Sanders unterstützt Hillary Clinton

Bernie Sanders unterstützt Hillary Clintons Nominierung durch die Demokratische Partei. Vorher musste sich Clinton aber anhören, bei wem Sanders sich in einer Rede in New Hampshire für die Stimmen bedankte, die er im Nominierungswahlkampf erhalten hatte, lächeln, und applaudieren.

Aber das war eine leichte Übung im Vergleich zu dem, was seine Anhänger sich anhören mussten – und nicht alle lächelten und applaudierten.

Bei Diander piept’s

Ein Rotschwanz-Paar zieht als Kulturfolger sechs Jungvögel auf – auf einem Balkon. Die Story einer Begegnung schreiender Wildnis mit der Welt der Zivilisation.

Die Schafsinseln und die Heuchler

Man muss das vielleicht erstmal dazusagen, denn dass Faröer auf Deutsch „Schafsinseln“ heißt, wusste ich jedenfalls nicht. Sven Kerkof kritisiert den Boykott der Kreuzfahrtunternehmen AIDA und Hapag Lloyd gegen die Inseln. Anlass der Enthaltsamkeit ist die Grindwaljagd, die auf den Inseln Brauch ist, aber eben nicht auf dem europäischen Festland.

Damit werde vor allem unter Beweis gestellt, wie unehrlich Tierschützer sein können, findet Kerkof.

Anders Abhören

Die Deutschen haben so viel Angst wie lange nicht mehr, berichtete gestern abend (Dienstagabend) die „Rheinische Post“ unter Berufung auf zwei Umfragen – eine der R+V-Versicherung (machen die selber welche?) und eine des amerikanischen Pew Research Center.

Dabei war’s vor zwei Jahren noch so schön, jammert findet die „RP“, als Deutschland Weltmeister wurde:

Frauen und Männer konnte man dabei beobachten, wie sie sich mit schwarz-rot-goldenen Streifen auf den Wangen in die Arme fielen und sogar Tränen vergossen – vor Freude. Das Land erlebte einen seltenen, kollektiven Moment der Freude.

Naja. Manchmal habe ich ja auch Angst. Vor meinem eigenen Spaßzombieland.

Was soll’s. Immerhin passt man gut auf uns auf. Buten und binnen. Wenn ich das nicht ganz falsch verstehe, dürfen die Geheimdienste, die uns nach innen schützen, dann die ausländischen Bundeswehrangehörigen anders abhören als ihre inländischen Kameraden.

Guten Morgen.

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Morning Roundup (2): Wochen, die sich wie Jahre anfühlen

  • Andauernde Bankenkrise
  • Bankenbailout 2.0: Deutsche Bank Chef träumt von 150 Mrd. Geldspritze
  • Gute Ideen. Wohin bloß mit dem vielen Geld?
  • Viel Herz. Goldene Palme für Ken Loach mit I, Daniel Blake
  • Jürgen Habermas über Demokratie
  • #BREXIT 2. Akt. Theresa May übernimmt Camerons Job
  • TTIP wird weiter durchgedrückt
  • #PORFRA. Auch ohne Ronaldo. Millionenablöse für Fussballstars, im Hintergrund Tränengaswolken für Demonstranten
  • Foto der Woche

 

»What political economists worry about, however, is the absence of a plan. Or a leadership. Or whether the public has consented to be governed by an elite that no longer understands what it is doing.« Paul Mason, Guardian

 

Im achten Jahr der historischen Lehman Brothers Bankenpleite zeigt sich überdeutlich, Regierungs-, Finanz- und Bankenkrisen haben eines gemeinsam: Sie werden von sogenannten Experten ausgelöst, die keinen Plan haben. Technokraten der Macht und semi-religiöse Ideologen eines Glaubens an Wachstum und magische Geldvermehrung. Experten deregulierter Märkte, die über ein halbes Jahrhundert predigten, dass, wenn es nur den Reichen gut genug ginge, es für alle reichen würde. Der illusionäre „Trickle-Down-Effekt“ sorge am Ende schon dafür, dass allen genug für ein menschenwürdiges Dasein bliebe.

Nun stellt sich plötzlich heraus, nein, es stimmt nicht. Es ist nicht genug für alle da. Den „Trickle-Down-Effekt“, den gibt es gar nicht. Im Gegenteil, seit Jahren beobachten wir eine beispiellose Konzentration des Kapitals während die Bevölkerung einen immer härteren Kampf um Jobs und Zukunftsperspektiven erlebt.

Krisen, die Hebel der Geldvermehrung für die Reichen, wenn Staatseigentum wie beispielsweise in Griechenland privatisiert wird (siehe Flughäfen und Hafenanlagen in Griechenland). Keinen Plan. Und kein Verantwortungsbewusstsein.

 

Bildschirmfoto 2016-07-13 um 12.17.52

 

 

https://twitter.com/m_obendorfer/status/752205943153238016

»Whatever the founding ideals of the eurozone, they don’t match up to the grim reality in 2015. This is Thatcher’s revolution, or Reagan’s – but now on a continental scale. And as then, it is accompanied by the idea that There Is No Alternative either to running an economy, or even to which kind of government voters get to choose.

The fact that this entire show is being brought in by agreeable-looking Wise Folk often claiming to be social democratic doesn’t render the project any nicer or gentler. It just lends the entire thing a nasty tang of hypocrisy.« AGreece is a sideshow. The eurozone has failed, and Germans are its victims too, Guardian

 

 

Alle berichten über marode italienische Banken, aber sind die wirklich das Problem?

Die hängt mit 55 Billionen Euro (55.000 Mrd.) an Derivaten im Schlamassel. Bei einer Eigenkapitalquote von 3%! ––Wie wünsche ich mir so eine Eigenkapitalquote. Was wäre nicht alles möglich, ließen die Banken diese Regeln auch für ihre Kunden gelten. Allein, die Realität – wie wir alle wissen –, sieht anders aus.

Und nun hätte sie gern 150 Milliarden Euro an staatlichen Zuschüssen. Geld vom Steuerzahler also, wegen der Systemrelevanz. Die im Fall der Deutschen Bank tatsächlich vorhanden ist, da kaum eine andere Bank mehr Verflechtungen im Bankenwesen aufzuweisen hat. Irgendwie krass.

Stellt sich die Frage: Was haben die Jungs und Mädels in den Banken und der Politik eigentlich seit Lehman Brothers genau gemacht? Das würde mich schon mal interessieren. Wie kann es sein, dass alles beim Alten geblieben ist, nur noch doller, größer und vor allem gefährlicher für alle anderen?

 

 

+++ Wohin nur mit dem Geld? +++

Warum jetzt, wo doch die Zinsen niedrig sind, kein Geld in Infrastruktur investieren? Richtige und wichtige Ideen skizziert Mark Schieritz in seiner Kolumne in der Zeit, Wohin nur mit dem ganzen Geld, wenn er schreibt:

»Wolfgang Schäuble hat es wieder geschafft. Zum dritten Mal hintereinander hat der deutsche Finanzminister einen Haushalt vorgelegt, der ohne frische Schulden auskommt. In normalen Zeiten wäre dies Anlass genug für ein Loblied auf den obersten Kassenwart, der sich wieder einmal gegen all seine Widersacher durchgesetzt hat. Die Frage ist nur: Wie normal sind die Zeiten?

»Das kann aber kein Grund dafür sein, einfach zur Tagesordnung überzugehen. Warum wurde beispielsweise noch keine Kommission eingesetzt, die Projekte identifiziert, die den Zustand der Welt verbessern würde – vielleicht sogar auf der Ebene der G 20? Wo bleiben die Initiativen gegen den Klimawandel oder für einen besseren Zugang zu Bildung und Ausbildung? Am Geld muss die Umsetzung jedenfalls derzeit nicht scheitern.

»Wir erleben derzeit zwar einerseits eine historisch wahrscheinlich beispiellose Ballung globaler Probleme. Doch weil die Finanzmärkte mangels alternativer Investitionsmöglichkeiten dem Staat Geld zum Nulltarif anbieten, eröffnen sich zugleich erhebliche politische Handlungsspielräume zur Lösung eben dieser Probleme. […] Doch eine Finanzpolitik, die auf der Höhe der Zeit sein will, würde diese einmalige Gelegenheit nutzen.« Mark Schieritz, Wohin nur mit dem ganzen Geld, die Zeit

 

 

+++ Viel Herz. Goldene Palme für Ken.

Es ist zwar schon ein paar Wochen her, aber im BREXIT-Chaos sollten wir nicht die wirklich wichtigen Dinge vergessen, um die es geht. Mehr Chancen, mehr Verteilungsgerechtigkeit. Kurz, ein besseres Leben für alle.

Für seine bewegende, politische Anklage menschenverachtender Verhältnisse – I, Daniel Blake –, ein Film über die Büroktatie, die englische Arbeitslose über sich ergehen lassen müssen, gewann Ken Loach in diesem Jahr die Goldene Palme von Cannes.

Schattierungen von Charles Dickens und George Orwell schimmern auf, in diesem mutigen, gefühlvollen Drama über einen behinderten Mann, der, erdrückt von Auflagen und Regulierungen um seine Selbstachtung kämpft. Und gewinnt. Ein großartiger Film.

https://embed.theguardian.com/embed/video/film/video/2016/jun/15/i-daniel-blake-trailer-ken-loach-palme-dor-winner-video

 

Von Armut spricht auch die amerikanische Journalistin in ihrem mutigen, erschütternden Bericht über Gelegenheitsjobs und ihr eigenes Überleben — I Know Why Poor Whites Chant Trump, Trump, Trump.

 

 

+++ Habermas über Demokratie +++

Leseempfehlung

 

+++ Theresa May (#BREXIT 2. Akt) +++

Mit Theresa May besteigt am Mittwoch eine weitere europäische Staatschefin den Thron ohne gewählt, ohne vorher demokratisch legitimiert worden zu sein. Neuwahlen sind denn auch wenig überraschend, nach ihren gestrigen Aussagen, nicht Mays drängendstes Anliegen.

https://twitter.com/BoingBoing/status/752482211245461505

»Theresa May’s conveniently short walk to Downing Street is designed to combat the impression that nobody is in control. But without a major change in policy, we are still rudderless on a churning financial sea.« Paul Mason, Guardian

 

As with Britain’s first female prime minister, May’s elevation represents a victory for some women, but they’re the women who need the least help.

 

 

 

 

 

+++ TTIP wird weiter durchgedrückt +++

Verhandlungen TTIP in Brüssel wieder aufgenommen. In der 14. Verhandlungsrunde stehen u.a. Energie und Handel mit Rohstoffen zur Disposition.

TTIP Verhandlungen waren zuletzt vom Bekanntwerden geheimer Verhandlungspapiere belastet worden.

 

#PORFRA. Auch ohne Ronaldo

Entertainment vor dem Hintergrund politischer Demonstrationen

#PORFRA. Portugal gewinnt – auch ohne Ronaldo – seinen ersten EM-Titel. Éder schießt Potugal ins 1:0 gegen Frankreich nach Verlängerung.

Superkicker Ronaldo bereits in der 8. Minute verletzt, in der 25. unter Tränen auf einer Bahre vom Platz getragen, steht in der zweiten Halbzeit wild gestikulierend neben Portugals Trainer am Rand des Spielfelds, der Mannschaft Tipps zurufend, um sich dann am Spielende buchstäblich vor der Welt zu entblößen und unter Freudentränen, den Eimer abknutschend, mit gestältem Sixpack zu zeigen wie ein echter Gewinner aussieht. Großes Kino. Vor allem aber, mit mehreren 100 Millionen Euro Ablösesumme, Kapitalismus pur. Im Hintergrund – außerhalb der Fanmeile –, direkt hinter dem großen Display wird auf Demonstranten geschossen, mit Tränengas. Auf engagierte, mutige Menschen, die gegen eine Verschärfung der französischen Arbeitsmarktgesetze protestieren. Sie passen nicht ins Bild der Feierlichkeiten und folglich wird darüber auch kaum berichtet. Schade.

+++ Photo der Woche +++

Morning Roundup (1): Labour-Machtkampf – „the Empire strikes back“

Heute:

  • Tory-Kandidatin Theresa May
  • Imperium gegen Corbyn
  • Japan: Verfassungsreferendum?
  • Philippinen gegen China: Entscheidung erwartet
  • Sonnenschutz-Schiss

Tory-Kandidatin Theresa May

Vergleiche „Morning Roundup“, 12.07.16, 09:45 MESZ: Wochen wie Jahre / Theresa May (#BREXIT Zweiter Akt).

Das Imperium gegen Jeremy Corbyn

Bis Samstag hatten Verhandlungen zwischen den Labour-Rivalen um die Parteiführung angedauert, die von den britischen Gewerkschaften (TUC, in etwa das britische Gegenstück zum Deutschen Gewerkschaftsbund) vermittelt und geleitet worden waren. Dann verkündete der stellvertretende Labour-Chef Tom Watson, ein Gegner Corbyns, das Scheitern der Verhandlungen.

Die Gewerkschaften unterstützen laut „Guardian“ überwiegend den amtierenden Labour-Chef und Oppositionsführer Jeremy Corbyn.

Zwei Labour-MPs (Mitglieder des Parlaments, aka Unterhaus) wollen antreten: Angela Eagle, vormals Wirtschaftsministerin im Schattenkabinett der Labour-Opposition, und Owen Smith,vormals Arbeits- und Rentenminister des Labour-Schattenkabinetts.

Eine Mehrheit der Labur-Unterhausfraktion lehnt Corbyn als Parteichef ab: offenbar würde es Corbyn nicht einmal gelingen, die Mindestzahl von 51 Abgeordneten1) – aus der Unterhaus- und der Europaparlamentsfraktion – für seine Nominierung zu gewinnen, wenn er denn auf eine Nominierung durch die Abgeordneten angewiesen sein sollte.

[Platzhalter: die Entscheidung darüber, ob Corbyn auch ohne Fraktionsnominierung antreten kann, treffen die Labour-Juristen voraussichtlich heutigen Dienstags.]

Am 5. Juli hatte Corbyn sein nach zahlreichen Rücktritten um über die Hälfte dezimiertes Schattenkabinett – mit einigen Zahnlücken – neu aufgestellt: mehrere Abgeordnete übernehmen gleich zwei Schattenkabinettsfunktionen , und einer von ihnen, Jon Trickett, sogar drei.

In der Ankündigung ihrer Kampfkandidatur erklärte Angela Eagle, Jeremy Corbyn sei nicht fähig, die Führung zu bieten, die erforderlich sei angesichts eines Referendums, das das Land zerreiße, einem gescheiterten Premierministers (gemeint ist David Cameron) und einer winzigen Zahl von Mitgliedern2) der Konservativen Partei (Tories), die den nächsten bestimme.

Egale bezeichnete sich als praktische Sozialistin, getrieben von starken Werten, die durch Taten wirken wolle. Sie sei weder eine Anhängerin Tony Blairs, noch Gordon Browns, noch Jeremy Corbyns. Sie sei „my own woman“.

Diane Abbot, Schattenministerin für Gesundheitswesen, bezweifelte gestern vormittag in einem Interview mit BBC Radio 4 Eagles „My-own-woman“ Claim:

Angela Eagle ist eine absolut nette Frau, aber sie ist die Kandidatin des Empire-Strikes-Back. Sie stimmte für den Irakkrieg und anderem, und die Parteimitglieder werden eine klare, politische Wahl [zwischen Eagle und Corbyn] bekommen.

Angela Eagle is a perfectly nice woman but she is the Empire Strikes Back candidate. She voted for the Iraq war and more besides, and party members will be offered a clear political choice.“

____________
1) Vergleiche hierzu „Morning Roundup“, 05.07.16, Aufstand des Establishments.
2) Kurz darauf wurde die Mitgliederabstimmung bei den Konservativen abgesagt, weil nach dem Rücktritt der vorletzten Bewerberin um die Tory-Führung und das Premierministeramt nur noch Theresa May übriggeblieben war – siehe ersten Abschnitt dieses Blogeintrags (oben).

Schlechtes Timing: Eagle liefen die Reporter weg – Theresa May war soeben zur Nachfolgerin Camerons ausgerufen worden, und das erschien manchem Leitmedium („BBC, anyone? Robert Peston?) dann offenbar doch wichtiger.
Immerhin: Channel Four hielt getreu zur Fahne des praktischen Sozialismus (siehe oben).

Referendum über Japans Verfassung?

Japans Regierungskoalition gewann am Sonntag eine Mehrheit in den Oberhauswahlen, meldete Montag früh der NHK-Auslandssender Radio Japan.

Premierminister Shinzo Abes Wirtschaftspolitik, „Abenomics“ genannt, war im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Regierungskoalition und mehrere andere Gesetzgeber, die für eine Änderung der Verfassung sind, machen zwei Drittel des Oberhauses aus. Das ist das Level, das erreicht werden muss, um ein nationales Referendum für Verfassungsänderungen anzusetzen. Japans Diet [Parlament] wendet ein Zweikammersystem an. Die Hälfte der 240 Sitze im Oberhaus stehen alle drei Jahre zur Wahl. In den Wahlen am Sonntag standen 121 Sitze zur Wahl. Die Auszählung der Stimmen ist beendet, und die von Premierminister Shinzo Abe geführte LDP und ihr Koalitionspartner Komeito haben 70 Sitze gewonnen und damit die Mehrheit der zur Wahl stehenden Sitze.

Ein Hauptaugenmerk dieser Wahlen war, ob die regierenden Parteien, die für Verfassungsänderungen eintreten, zwei Drittel des Oberhauses gewinnen würden. Zweidrittelmehrheiten in beiden Kammern der Diet sind die Schwelle für die ABhaltung eines nationalen Referendums zu Verfassungsänderungen. In dieser Wahl verfügt die Koalition, zusammen mit den Gesetzgebern,d ie für Verfassungsänderungen eintreten, über zwei Drittel der Sitze des Oberhauses. Im Unterhaus hatte die Regierungskoalition diese Schwelle bereits erreicht. […]

Japan’s ruling coalition has won a majority in Sunday’s Upper House elections. Prime minister Shinzo Abe’s economic policy, called „Abenomics“, was the focus of attention. The governing coalition plus several other lawmakers in favor of changing the constitution could account for two-thirds of the Upper House. That’s the level needed to call a national referendum on amendments to the constitution. Japan’s Diet employs a bi-cameral system. Half of the 240 Upper House seats are contested every three years. In Sunday’s election, 121 seats were up for grabs. Vote counting has finished and the LDP led by prime minister Abe and his coalition partner Komeito won 70 seats, passing the majority of the contested seats.

One focus of this election was if the ruling parties and forces pushing for constitutional amendments could secure two thirds of the Upper House seats. Two thirds of both chambers of the Diet is the threshold for holding a national referendum to revise the constitution. In this election, the ruling coalition, together with those lawmakers, pushing for the amendments came to account for two thirds of the Upper House. The ruling coalition already has a threshold in the Lower House. As a result, the pro-amendment forces, including the Liberal Democratic Party, can go ahead with the process to propose a referendum. Prime minister Abe said discussions on how the constitution should be revised would start in the Diet.

Ob Abe allerdings ein Referendum will, erscheint laut „Neue Zürcher Zeitung“ (am Montag) fraglich:

Glaubt man Umfragen, lehnt eine Mehrheit der Japaner eine Änderung von Artikel 9 ab. Sie sehen darin eine Abkehr vom Pazifismus, der zum nationalen Selbstverständnis geworden ist. Eher als dieses Risiko einzugehen, wird Abe versuchen, zunächst die Referendumspflicht abzuschaffen. Ob sein Wahlsieg zum Tabubruch führt, ist deshalb alles andere als sicher.

Philippinen vs. China: Entscheidung erwartet

Der Ständige Schiedshof in Den Haag soll laut Fahrplan heute über einen Antrag der Philippinen entscheiden, in dem die Philippinen die Souveränität über mehrere Inseln im Südchinesischen Meer fürsich reklamieren.1); 2)

Argumentativ werden der VR China durchaus gute Chancen auf eine Entscheidung zu seinen Gunsten zugerechnet; Beijing lehnt eine Entscheidung des Ständigen Schiedshof jedoch prinzipiell ab und hat angekündigt, auch diese – unabhängig von ihrem Ausgang – nicht zu akzeptieren.

Die Republik China – also Taiwan – hat wiederum ihre Ansprüche auf Inseln im Südchinesischen Meer bekräftigt. Das taiwanische Präsidialamt betonte, Taiwan müsse an friedlichen, multilateralen Gesprächen zur Lösung der Dispute beteiligt werden. Dies ist bisher nicht der Fall.

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Vergleiche hierzu
1) „Morning Roundup“, 04.06.16, Shangrila.
2) „Morning Roundup“, 11.06.16, Philippinen gegen China.

Sonnenschutz-Schiss

Drohnen werden bekanntlich nicht nur zum mehr oder weniger wohlgezielten Umlegen von missliebigen Personen, sondern auch für fortschrittsdienliche Unternehmungen wie z. B. Bodenvermessungen oder Postverkehr genutzt.

Oder auch – so stellte sich das jedenfalls Berichten zufolge eine Werbeagentur vor, die aber Berichten zufolge damit auf wenig Gegenliebe beim Auftraggeber stieß – zur Sonnenschutzversorgung von Kindern, die bei der Zuteilung durch ihre Eltern ständig weglaufen oder sich sonst unkooperativ verhalten.

Sofortbild meint: ich glaub‘ es kackt.

Guten Morgen.

Morning Roundup: Warschauer Gipfel – zwei Orgs, ein Ehrgeiz

Heute:

  • NATO/EU: „Gemeinsame Verpflichtungen“
  • NATO und EU: Zwei Orgs, ein Ehrgeiz
  • Historischer Kalender / Wunschkonzert
  • Russland: ein Terrorist, ein Extremist, ein Selbstmordbomber
  • Taiwan: kein Terrorismus
  • Südkorea: THAAD-Überwachung wird installiert
  • US-Kongress: Eierkopf belehrt Hinterwäldler
  • Menschenrechte in China: Stein, der im Meer versinkt
  • Mitglieder des Repräsentantenhauses treffen Trump

Merkel_Warschau

NATO/EU: „Gemeinsame Verpflichtungen“

Großbritannien entsendet ein Bataillon von 500 Soldaten nach Estland, sowie 150 Soldaten nach Polen, um diese Länder „zu beruhigen“, zitierte die BBC am Freitag den britischen Verteidigungsminister Michael Fallon. Die entsprechende Zusage habe die NATO nach der Annexion der Ukraine 2014 gemacht. Insgesamt sei die Stationierung von vier multinationalen Bataillonen unter britischer, amerikanischer, deutscher und kanadischer Führung in Estland, Lettland, Litauen und Polen vorgesehen.

Militärexperten Die baltischen Staaten, so BBC-Korrespondent Jonathan Marcus, wären gegen einen schnell mobilisierten russischen Angriff „fast ummöglich zu verteidigen“. Dieser würde kaum in einem Panzerangriff bestehen:

Ein typisches „wargamed“ Szenario ist das einer Infiltration durch russische Spezialkräfte in einen der baltischen NATO-Mitgliedsstaaten – Estland zum Beispiel, wo es eine bedeutende russischsprechende Minderheit gibt.
A typical scenario „war gamed“ is of infiltration by Russian special forces into one of Nato’s Baltic members – Estonia, for example, where there is a significant Russian-speaking minority.

Unruhen führen zu Gewalt, Russischsprechende werden getötet, und eines Morgens wacht die NATO auf und sieht, dass über Nacht eine russische „Friedenstruppe“ eine Stadt wie Narwa nahe der russischen Grenze eingenommen hat, um die lokale Bevölkerung zu „beschützen“. Was macht die Allianz dann?
Unrest leads to violence; Russian-speakers are killed; and one morning Nato wakes up to find that over-night a Russian „peace-keeping“ force has seized a town like Narva, near the Russian border, to „protect“ the local population. So what does the alliance do then?

Es gehe also darum, Russland davon zu überzeugen, dass nach Jahren der verstärkten Aktivitäten in Übersee die kollektive Verteidigung nun ernst gemeint sei.

Im Kalten Krieg sprach man von Abschreckung (deterrence) – auch dieser Begriff aus dem Ost-West-Lexikon ist wieder da.

Ebenfalls am Freitag unterzeichneten der Präsident des Europäischen Rates (Donald Tusk), der Präsident der EU-Kommission (Jean-Claude Juncker) und der NATO-Generalsekretär (Jens Stoltenberg) in Warschau eine gemeinsame Erklärung. Diese enthält – grob wiedergegeben – folgende Punkte:

  • Stärkung der gemeinsamen Fähigkeit, hybride Kriege zu parieren
  • operative Zusammenarbeit u. a. auf See und bei Migration
  • Cybersicherheit
  • schlüssige, einander ergänzende und vollständig kompatible Verteidigungsfähigkeiten von EU-Mitgliedsstaaten und NATO-Verbündeten
  • Förderung einer stärkeren Verteidigungsindustrie und größerer Verteidigungsforschung sowie industrielle Zusammenarbeit, innereuropäisch und transatlantisch
  • Koordination der Militärmanöver mit ersten parallelen und aufeinander abgestimmten Manövern 2017 und 2018 und
  • dem Aufbau von Verteidigungs- und Sicherheitskapazitäten, gegenseitige (oder einander ergänzende) Förderung der Widerstandskraft der Partner im Osten und Süden mit Hilfe spezifischer Projekte für einzelne Nehmerländer, darunter auch die Stärkung der Marinekapazitäten.

In praktischer Hinsicht spielt die Tatsache, dass z. B. das EU-Mitgliedsland Schweden kein NATO-Mitglied ist, nicht mehr die Rolle wie zur Zeit des Kalten Krieges. Schweden trat 1994 der „Partnership for Peace“ bei und gilt laut NATO als „einer der aktivsten Partner der NATO und als ein geschätzter Beitragsleister für NATO-geführte Einsätze auf dem Balkan und in Afghanistan“ – allerdings „basierend auf einer langjährigen Politik militärischer Bündnisfreiheit und einem entschiedenen nationalen Konsens, gerichtet auf Gebiete, auf denen gemeinsame Ziele bestehen. Während die (regierenden) schwedischen Sozialdemokraten und Grünen an einem Nichtbeitritt festhalten, haben die Zentrumspartei und die Christdemokraten ihre Position nach 2014 geändert. Allerdings bilden die beiden Parteien nur einen kleinen Teil der bürgerlichen Reichstagsfraktionen und stellen zusammen lediglich 38 Mandate von insgesamt 349.

Die Wortwahl „Partner im Osten und Süden“ ist nicht eindeutig. Sie könnte sich auf Mitgliedsländer der NATO, aber auch auf Nichtmitgliedsstaaten wie Georgien und die Ukraine („Partnership for Peace“) beziehen.

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Vergleiche hierzu „Morning Roundup“, 08.07.16, Warschauer NATO-Gipfel.

 

Nato_Obama

NATO und EU: zwei Orgs, ein Ehrgeiz

US-Präsident Barack Obama erwarte vom Vereinigten Königreich auch nach dem „Brexit“-Votum eine wichtige Rolle in der europäischen Sicherheitspolitik, so – immer noch am Freitag – die BBC. Man ist in London noch wer.

Der diesbezügliche Artikel enthält auch Hinweise des BBC-Korrespondenten Jonathan Marcus darauf, was die NATO und die EU in ihrer gemeinsamen Deklaration (siehe vorigen Teilbeitrag) unter „Partner im Osten und Süden“ verstehen könnten:

Die gemeinsame Erklärung der EU und der NATO verpflichtet sich zur Beschleunigung der Kooperation angesichts so genannter „hybrider Bedrohungen“, die Propaganda und psychologische Kampagnen, Cyberattacken und die Nutzung politischen, wirtschaftlichen und energiewirtschaftlichen Drucks beinhalten.
The EU and Nato joint declaration pledges to accelerate co-operation in the face of so-called „hybrid threats“, which include propaganda and psychological campaigns, cyber-attacks, and use of political, economic and energy pressure.

Die NATO ist mithin so ziemlich alles. Zuständig. Ähm, für. Was sie mit der EU gemeinsam haben dürfte. Zwei Organisationen, ein Ehrgeiz.

So machen Freihandelsabkommen richtig Sinn.

Historischer Kalender / Wunschkonzert

Nachdem schon das musikalische Element im vorigen Morning Roundup zu gefallen wusste, hier noch eins, aus historischem Anlass:

Heute vor 101 Jahren kapitulierte das damalige Deutsch-Südwestafrika vor der ebenfalls damaligen Südafrikanischen Union. Das deutsche Liedgut aber wurde auch  67 Jahre später noch in der Ex-Kolonie und im Ex-Mutterland gepflegt.

Russland: ein Terrorist, ein Extremist, ein Selbstmordbomber

Sehen Sie selbst!

Taiwan: kein Terrorismus

Puh, Glück gehabt!

Südkorea: THAAD-Überwachungssystem

In Südkorea wird ein Raketenüberwachungssystem stationiert, das zwar als Maßnahme zur Frühwarnung gegen nordkoreanische Angriffe deklariert ist, sich aber auch zur Überwachung von Teilen Chinas und Russlands eignet.

US-Kongress: Eierkopf belehrt Hinterwäldler

Zur Erinnerung: das FBI empfiehlt, keine Anklage gegen Hillary Clinton wegen ihres Umgangs mit dienstlichen Emails zu erheben. Republikanische Kongressabgeordnete reagieren darauf unwirsch und laden den FBI-Direktor zur Befragung vor. Dieser hält einen Vortrag – teilweise sogar auf Lateinisch.

Kurzwellendienst der Voice of America für Afrika am Donnerstag nachmittag (Weltzeit):

Angry Republican lawmakers are demanding answers Thursday from the Chief of the Federal Bureau of Investigations, about why he concluded that Hillary Clinton was extremely careless in dealing with classified material in emails, while she was secretary of state, yet said that no charges were warranted against the presumpted Democratic presidential nominee. FBI director James Comey is at this hour appearing before a House of Representatives investigative panel. The hearing comes two days after concluding there was no evidence that Clinton clearly, willfully had sought to violate US laws by using private email servers, stationed at her New York home, rather than more secure government email servers, while she was secretary of state. This is James Comey:

„In our system of law, there’s a thing called mens rea. It’s important to know what you did, but when you did it, this Latin phrase,mens rea, means ‚what were you thinking?‘ We don’t want to put people in jail unless we prove they knew they were doing something they shouldn’t do. That is the characteristic of all the prosecutions involving mishandling of classified information.“

Mr. Comey went on to say that his investigation did not meet that threshold to prosecute.

„So when I look at the facts we’ve gathered here, as I said, I see evidence of great carelessness, but I do not see evidence that is sufficient to establish that Secretary Clinton or those with whom she was corresponding both talked about classified information on email and knew when they did it they were doing something that was against the law.“

Menschenrechte in China: Stein, der im Meer versinkt

Mandarindienst des Taiwaner Auslandsradios RTI, am Freitag:

Die Repressionen des Staatsvorsitzenden auf dem chinesischen Festland, Xi Jinping, gegen abweichende Meinungen dauert seit einem Jahr an. Heute verstärkten Mitglieder des US-Kongresses ihre Kritik an der Inhaftnahme mehrer Dutzend Menschenrechtsjuristen. Deutschland forderte das Festland dazu auf, seine Pflichten hinsichtlich der Menschenrechte zu erfüllen.
中國大陸國家主席習近平對不同意見展開鎮壓迄今1年,今天美國國會議員對大陸已關押數十名人權律師加以批評。德國則促請大陸,履行人權義務。

[…]

Die Congressional-Executive Commission on China (CECC) rief das Festland laut der Nachrichtenagentur Reuters dazu auf, „politische Gefangene“ freizulassen. Ferner kritisierte die CECC die von ihr so bezeichnete „öffentliche Verachtung“ Chinas für „die Herrschaft des Rechts und die universalen, öffentlich anerkannten Menschenrechte.“
路透社報導,美國國會及行政部門中國問題委員會(CECC)呼籲大陸釋放「政治犯」,並對該委員會所形容中國「公然藐視法治和普世公認的人權」加以批評。

Chris Smith, republikanischer Abgeordneter im Repräsentantenhaus, sagte in einer Erklärung: „Die chinesiche Festlandsregierung ergreift außerordentliche Maßnahmen und entfernt mit allen Kräften Menschenrechtsjuristen. Damit macht sie diesen Berufszweig zügig zu einem der gefährlichsten auf dem chinesichen Festland.“
共和黨眾議員史密斯(Chris Smith)在聲明中指出:「中國大陸政府採取非常手段,大量消除人權律師,使這項行業迅速成為大陸最危險的行業之一。」

Die deutsche Botschaft in China erklärte heute (8. Juli), die Botschaft habe wiederholt Telefonanrufe und Faxe mit Erkundigungen hinsichtlich der festländischen Menschenrechtsjuristen an die festländischen Behörden gerichtet. Diese seien aber sämtlich ohne Reaktion geblieben.*)
德國駐中國大陸大使館今天(8日)表示,使館一再致電並傳真給大陸當局,以求了解大陸人權問題,但都石沈大海。

In einer Erklärung sagte die deutsche Botschaft, „Wir fordern das chinesische Festland dringend dazu auf, seine internationalen Verpflichtungen hinsichtlich der Menschenrechte zu erfüllen und nicht nur das Recht auf Meinungs- und Ausdrucksfreiheit zu respektieren, sondern auch das Versprechen zur Errichtung der Herrschaft des Rechts zu verwirklichen.“
德國使館發表聲明說:「我們強烈要求中國大陸,履行國際人權義務,並不只是要尊重言論自由權,也須實現建立法治的承諾。」

Die Übersetzung folgt der taiwanischen nachrichtlichen Sprachgewohnheit. Ob die deutsche Botschaft tatsächlich vom „chinesischen Festland“ oder schlicht von „China“ sprach, bleibt dahingestellt.

Die Erklärung des Congressional-Executive Commission on China (CECC) im Wortlaut findet sich hier.
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*)  石沈大海, shi chen da hai (ohne Reaktion geblieben) bedeutet wörtlich übersetzt „Stein, der im Meer versinkt“

Mitglieder des Repräsentantenhauses treffen Donald Trump

Trump hat es nicht leicht mit den republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus, und wer soll sein Vizepräsident werden?

Guten Morgen.

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Morning Roundup: Aufregen, Hals kriegen, Abschwellen

  • Fußball-EM: DFB-Mannschaft raus, alles aus
  • Böser Fußball, guter Fußball: Nationalpatrioten
  • Guter Fußball, böser Fußball: Chauvis
  • Zukunftsfähigkeit der Sozialsysteme
  • Prime Minister’s Questions: Nullstundenverträge
  • Filmreif (Argentinien)
  • Schlechtes Drehbuch (Russland)
  • Warschauer NATO-Gipfel
  • NATO-Russland-Rat

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Jetzt ist alles aus!

Für manche Zuschauer im Stadion und zu Hause an den Fernsehgeräten oder in der Fanzone könnte es daran gelegen haben, dass die deutschen Tugenden nicht genug zum Tragen kamen, weil zu viele „Ausländer“ mitgespielt haben. Für andere könnte es daran gelegen haben, dass nicht genug „Menschen mit Migrationshintergrund“ mitgespielt haben. Und für wieder andere – tendenziell die mit den deutschen Tugenden – könnte es daran gelegen haben, dass es inzwischen sogar schon Frauenfußball gibt. Der versaut die Moral. Im folgenden für alles mindestens ein Beispiel.

Böser Fußball, guter Fußball: Nationalpatrioten

Langer Rede kurzer Sinn: Ist der Fan ein Nationalpatriot mit Vorurteilen, ist er es nach dem Fahneschwenken noch mehr. Ist er keiner, ist sein Fahneschwenken kein Problem.

Nur nützen tut’s nie.

Guter Fußball, böser Fußball: Chauvis

Das nur mal für die Männer, die meinen, sie wären schon immer im Widerstand dafür gewesen.

Na? Haben Sie gelacht? Hand auf’s Herz. Nicht lügen, ganz ehrlich jetzt. Geben Sie’s zu? Geben Sie’s zu? Haben sie gelacht?

SPD-Linke: Zukunftsfähigkeit der Sozialsysteme

Zwischen der Parteilinken und Arbeitsministerin Andrea Nahles bahnt sich Zoff an, und Parteivorsitzer Gabriel pariert.

Ob Matthias Miersch auch diese unterschiedlichen Stimmungen aufnehmen und integrieren kann?

 

Parliament

Prime Minister’s Questions, 6. Juli: Nullstundenverträge

Corbyn: Das Problem besteht darin, dass, wenn jemand in einem Nullstundenvertrag arbeitet, der Mindestlohn nicht für einen Wochenlohn zum Leben genügt. Das muss der Premierminister verstehen. Darf ich ihm die Lindsey-Ölraffinerie nordöstlich von Shirebrook vorstellen? 2009 streikten dort hunderte von Ölwerkern, weil agency workers aus Italien und Portugal zu niedrigeren Löhnen hereingebracht wurden, um die selbe Arbeit zu tun. Ein bisschen weiter die selbe Straße runter, in Boston, ist Niedriglohn endemisch. Der durchschnittliche Stundenlohn im Land ist 13,33 Pounds. In den East Midlands beträgt er 12,26 und in Boston 9,13 Pfund. Ist es nicht an der Zeit, dass die Regierung interveniert, um für die Gemeinschaften einzutreten, die sich im modernen Britannien zurückgelassen fühlen?

The problem is that if someone is on a zero-hours contract, the minimum wage does not add up to a living weekly wage; the Prime Minister must understand that. May I take him north-east of Shirebrook to the Lindsey oil refinery? In 2009, hundreds of oil workers there walked out on strike because agency workers from Italy and Portugal were brought in on lower wages to do the same job. Just down the road in Boston, low pay is endemic. The average hourly wage across the whole country is £13.33. In the east midlands, it is £12.26; in Boston, it is £9.13. Is it not time that the Government intervened to step up for those communities that feel they have been left behind in modern Britain?

Cameron: Wir haben mit dem Mindestlohn interveniert. Wir haben mit mehr Strafen für Unternehmen interveniert, die nicht den Mindestlohn zahlen. Wir haben – und das erstmals, was Labour nie tat – wir prangern die daran beteiligten Unternehmen namentlich an. Diese Interventionen helfen und ergeben einen Unterschied, aber die wirkliche Intervention, die wir brauchen, ist eine Wirtschaft, die wächst und die Investitionen ermutigt, denn wir wollen die Industrien der Zukunft. Das ist, was in unserem Land zu sehen ist, und das ist der Grund für Rekordzahlen an Beschäftigten – 2,5 Millionen mehr Menschen haben einen Job seit ich Premierminister wurde – und das ist der Grund, warum die britische Wirtschaft eine der stärksten der G7-Staaten ist.

We have intervened with the national living wage. We have intervened with more fines against companies which do not pay the minimum wage. We have intervened, and for the first time—this is something Labour never did—we are naming and shaming the companies involved. Those interventions help and can make a difference, but the real intervention that we need is an economy that is growing and encouraging investment, because we want the industries of the future. That is what can be seen in our country and that is why record numbers are in work—2.5 million more people have a job since I become Prime Minister—and why the British economy has been one of the strongest in the G7.

Filmreif (Argentinien)

Die frühere argentinische Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner wird beschuldigt, in ihren letzten Amtsmonaten betrügerische Währungsgeschäfte durchgeführt zu haben, meldete gestern die BBC. Im Mai wurde Anklage wegen mutmaßlicher oder angeblicher regelwidriger Zentralbankgeschäfte an der US-Dollar-Terminbörse gegen sie erhoben.

Sie wies die Vorwürfe zurück und beschuldigte ihrerseits die Mitte-Rechts-Regierung ihres Nachfolgers Mauricio Macri, gegen sie zu konspirieren. Cristina Fernandez war bis Dezember vergangenen Jahres Präsidentin Argentiniens. Gegen einige ihrer engsten früheren Mitarbeiter, werde wegen falscher Handhabung öffentlicher Mittel ermittelt, so die BBC.

Einer von ihnen, Jose Lopez, stehe unter dem Verdacht der Geldwäsche, seit er – im Besitz von neun Millionen US-Dollar dabei angetroffen worden sei, wie er Plastiktaschen mit Bargeldüber die Mauer eines Klosters warf. Insgesamt sei er im Besitz von etwa sieben Millionen US-Dollar gewesen, so eine frühere Meldung der BBC.

Der mit den Ermittlung beauftragte Bundesrichter Claudio Bonadio sei ein erklärter Gegner der früheren Präsidentin.

Die BBC zitierte den Kabinettschef Präsident Macris mit der Bemerkung, „es ist wie aus einem Film“.

In den vom Internationalen Konsortiums Investigativer Journalisten (ICIJ) im April veröffentlichten „Panama Papers“ war Präsident Macris Name aufgetaucht.  Er werde mit jedweder Untersuchung zusammenarbeiten und habe nichts zu verbergen, so der Präsident in einer seinerzeitigen Meldung der BBC.

Die Untersuchung dauert laut „Buenos Aires  Herald“ an.

Schlechtes Drehbuch (Russland)

Auch in Moskau wurde ein Politiker im mutmaßlichen Besitz von viel Bargeld verhaftet. Der „Economist“:

Es sah aus wie eine Szene aus einem Krimi. Erst die Bilder eines kräftigen russischen Gouverneurs, in einem Sushi-Restaurant eines mondänen Moskauer Hotels mit Bündeln besonders gekennzeichneter Euroscheine erwischt, die fluoreszierende Flecken auf seinen Händen hinterließen. Dann Fotos des selben Gouverneurs in Handschellen, abegführt von Kalashnikov-schwenkenden, sturmhaubengepanzerten Agenten des FSB, Russlands Geheimpolizei. Die Verhaftung Nikita Belykhs, des liberal gesonnenen Gouverneurs der Region Kirovsk am 24. Juni, war eine Schlagzeilenmeldung des russischen Staatsfernsehens. Er ging sogar dem Bericht über den triumphalen China-Besuch Vladimir Putins voraus.

IT LOOKED like a scene from a crime drama. First, the pictures of a burly Russian governor caught at a sushi restaurant in a swanky Moscow hotel, with wads of specially marked euros leaving fluorescent stains on his hands. Next, footage of the same governor in handcuffs, being escorted into the investigator’s office by balaclava-clad, Kalashnikov-wielding agents of the FSB, Russia’s secret police. The arrest on June 24th of Nikita Belykh, the liberal-minded governor of the Kirovsk region, was headline news on Russian state television. It even preceded the report on Vladimir Putin’s triumphal visit to China.

Belykh behaupte, es handle sich um ein abgekartetes Spiel, so der „Economist“, und Kirill Rogov, ein russischer politischer Analytiker, wird mit der Aussage zitiert, es handle sich bei der dritten Verhaftung eines Gouverneurs binnen fünfzehn Monaten „um die neue Art des Kremls, Kontrolle über regionale Eliten auszuüben“.

[…]

Die Verfolgung inländischer Feinde und die Säuberung der Reihen örtlicher Gouverneure und Offizieller könnte die Art sein, in der der Kreml dem Publikum [nach der Ukraine und Syrien] eine neue Story gibt. In dem Video der Verhaftung Belykhs, das die Staatsanwaltschaft freigab (bevor es hastig wieder vom Netz genommen wurde), wird eine Stimme hinter der Kamera vernehmlich die sagt: „Wir haben schon das Drehbuch geschrieben.“ Mr Belykh erwidert: „Ihr habt es schlecht geschrieben.“

Pursuing internal enemies and purging the ranks of local governors and officials may be the Kremlin’s way of giving audiences a fresh storyline. In a video of Mr Belykh’s arrest which the prosecutor’s office released (before hurriedly taking it down), a voice behind camera can be heard saying: “We’ve already written the script.” Mr Belykh replies: “You wrote it badly.”

NATO

Warschauer NATO-Gipfel

Die NATO-Mitgliedsstaaten sowie voraussichtlich Afghanistan, Finnland, Irland, Mazedonien, Montenegro, Schweden und die Ukraine halten am Freitag und Samstag ein Gipfeltreffen in Warschau ab. Polens Präsident und Gastgeber des Gipfels, Andrzej Duda, erklärte bereits im August vorigen Jahres in einem – hier durch AP wiedergegebenen – Interview mit der polnischen Nachrichtenagentur PAP, er erhoffe sich vom Gipfel eine Verstärkung der Präsenz des Bündnisses in Polen und über eine ganze Region hinweg, die sich durch ein „wiederauflebendes“ Russland bedroht fühle. Als Opponenten gegen solche NATO-Stationierungsbestrebungen erwähnte er laut AP namentlich Deutschland.

Und die polnischen Erwartungen bleiben groß – oder werden zumindest öffentlich derart vorgetragen. Der Warschauer Gipfel werde die „Ostflanke“ stabilisieren, die Position der NATO in Gesprächen mit Russland stärken, und einen russischen Rückzug aus den Gebieten bewirken, die Russland illegal von der Ukraine genommen habe, zitierte Radio Poland am  vorigen Freitag den Außenminister des Landes, Antoni Macierewicz.

NATO-Russland-Rat

Wenn dann Polen mit Hilfe der NATO den Russen gezeigt hat, wer der Boss ist, darf der Russe am 13. Juli in Brüssel die Kapitulationsurkunde unterschreiben – bei einem Treffen des NATO-Russland-Rates.

Da soll nochmal jemand behaupten, die Musik spiele jetzt in Asien.

Guten Morgen.

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