Xi Jinping in Polen: mein Tor nach Europa, sein Tor nach Europa, ihr Tor nach Europa …

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Wie immer vor einem protokollarisch wichtigen Termin hoben die chinesischen Massenmedien in den Tagen vor Xi Jinpings Besuchen in Serbien und Polen Gemeinsamkeiten hervor: Polen sei eines der ersten Länder der Welt gewesen, die „das neue China“ nach Gründung der VR 1949 anerkannt hätten, so die Xinhua Nachrichtenagentur in einem Artikel am 13. Juni. In der Tat nahm Polen etwa zeitgleich mit der UdSSR und den übrigen Warschauer Vertragsstaaten sowie einer Reihe von Staaten der Blockfreien-Bewegung diplomatische Beziehungen mit Beijing auf.

Dafür, dass die chinesisch-serbischen und chinesisch-polnischen Beziehungen hohes Potenzial aufwiesen, führte Xinhua zwei Aussagen ins Feld; zum einen die des früheren polnischen Botschafters in China, Krzysztof Szumski, und zum anderen die des Direktors des Forschungsraums für Mittel- und Osteuropa beim Institut für Europastudien der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, Liu Zuokui.

Die polnisch-chinesischen Beziehungen hätten sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich erwärmt, und der Besuch des Vorsitzenden Xi Jinping werde die etablierten, langfristigen und stabilen kooperativen Beziehungen zwischen beiden Ländern weiter voranbringen, gab Xinhua Szumskis Einschätzung wieder. Und Liu wurde mit den Worten zitiert, Serbien und Polen hätten jeweils erheblichen Einfluss in Südost- und Osteuropa. Chinas bilaterale Beziehungen mit beiden Ländern könnten eine Vorbildrolle für die Beziehungen Chinas zu Europa insgesamt spielen, so Liu.

Serbien, Polen und Uzbekistan (das dritte Land, das Xi Jinping auf seiner derzeitigen Reise besuchen wird) seien unter den Ländern, die besonders frühzeitig und intensiv auf die chinesische One Belt, one Road Initiative eingegangen seien*), hob Xinhua hervor:

Serbien betreibt eine aktive „Reindustrialisierungsstrategie“ und hofft, bei der One Belt, one Road Initiative andocken zu können und mehr Auslandsinvestitionen anzuziehen. Polen ist das mitteleuropäische Land mit der größten Wirtschaftskraft, das einzige Mitgliedsland in der Asia Infrastructure Investment Bank der Region [Mitteleuropa], und hofft, seine geografischen und regionalen Vorteile darauf anzuwenden, für China zu einem Tor nach Europa zu werden.

Serbien, Polen und Uzbekistan haben den starken Wunsch zur Zusammenarbeit und große Potenziale dazu. Besondere regionale und industrie-kooperationelle Vorteile führen zu einer wichtigen Rolle der drei Länder in der „One Belt, one Road“ Initiative. Die Besuche des Vorsitzenden Xi werden der Errichtung [der „Seidenstraße“] verstärkten Schwung verleihen.

Zum selben Thema wärmte der deutschsprachige Auslandsdienst des polnischen Radios ein Interview mit der Professorin für zeitgenössische Chinathemen, Karin Tomala, wieder auf, das sie dem Sender bereits vor einigen Jahren im Zusammenhang mit einem hindernisreichen chinesisch-polnischen Autobahnprojekt gegeben hatte (einstweilen hier herunterladbar; Auszüge aus dem Interview ab der 11. Minute).

Die gleichen Argumente, die zur Zeit im Kontext des Xi-Besuchs von chinesischen Medien bzw. Mediengesprächspartnern zugunsten Polens als mitteleuropäischen Partner vorgebracht werden, finden sich allerdings zum Teil auch schon in dem mehrere Jahre alten Interview mit der polnischen Sinologin. Ab 15′ 00′ (Download)‘:

Q: Polen, im Vergleich zu China, ist natürlich ein sehr kleines Land, rund 38 Millionen Einwohner, die in Polen leben, so viele leben in einer winzigen Region in China. Polen ist kein reiches Land, nicht so reich wie Deutschland oder England. Wieso sollte sich China für Polen interessieren? Was kann Polen China geben?

A: Erst einmal müssen wir wissen, dass China heute schon eine globale Macht ist – noch keine Supermacht, aber eine globale Macht, die an allem interessiert ist, und warum? Polen hat vieles zu bieten. Und wenn es noch so klein ist: es könnte eine Brückenfunktion haben, wenn das die Polen [auch] nicht immer selbst formulieren. Ich denke, man muss seine guten Seiten nicht immer direkt auftischen, was allzu oft getan wird. Aber Polen ist hier ein Standbein für Osteuropa, meinen viele Chinesen. Ganz bestimmt nicht für die Demokratisierung, sondern Polen hat Kontakte, auch zu Firmen in Osteuropa, und vielleicht können hier multilaterale Kontakte entstehen. Polen ist von Interesse, wie jedes andere Land auch. Polen bildet hier keine Ausnahme. Man soll in der Praxis, Schritt für Schritt, versuchen umzusetzen, dass die Beziehungen sich verbessern, auf ein anderes Niveau realisiert werden können als bisher.

Xi traf am Sonntag mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda und am Montag mit der Ministerpräsidentin Beata Szydlo zusammen. Duda äußerte die Hoffnung, Polen werde für China zu einem „Tor nach Europa“ werden, nicht nur symbolisch, sondern in wirklicher wirtschaftlicher Hinsicht.

Je genauer man hinsieht, desto mehr ist natürlich jedes Land ein „Tor“ für andere Länder, sofern nicht durch Krieg oder schwerwiegende Konflikte verschlossen. Auch die britische Regierung sieht ihr Land als everybody’s gateway, zumindest aber als ein Tor nach Europa für China und für Indien.

Polen ist eben – die Sinologieprofessorin hatte es im Radiointerview angemerkt – „von Interesse, wie jedes andere Land auch“.

Xi reiste inzwischen nach Uzbekistan. Neben bilateralen Gesprächen steht dort ab Donnerstag auch eine Sitzung der Shanghai Cooperation Organizaton (SCO) auf dem Programm.

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*) vergl. Staatsbesuch im Land des größten Respekts, 17.06.16.

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Eine Antwort zu “Xi Jinping in Polen: mein Tor nach Europa, sein Tor nach Europa, ihr Tor nach Europa …”

  1. Auerbach sagt :

    Hat dies auf montagfrei rebloggt.

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