Tag-Archiv | Amerika

Morning Roundup: Erdogans wankendes Geschäftsmodell

Heute:

  • Melina Trumps Parteitagsrede
  • Erdogans wankendes Geschäftsmodell
  • Polens Autobahn A4 wird fertig
  • Pawel Scheremet, 1971 – 2016
  • Nordkorea testet Raketen und Radios
  • Angela Eagle macht Platz für Owen Smith
  • Gott des Krieges

Melina Trumps Parteitagsrede

Oh no! Trumps Gattin (oder ihr ghostwriter) soll bei Obamas Gattin (oder ihrem ghostwriter) abgeschrieben haben. Wie sprach doch einst laut „Spiegel“ der Komponist Frank Farian, als ihm Vergleichbares vorgeworfen wurde? Es gibt halt nur zwölf Töne, und da ähnelt sich schon mal was.

Frau himmelt öffentlich ihren Mann an. So furchtbar viele Töne gibt es da eben auch nicht. Es sei denn, es soll originell werden. Aber das geht dann meistens zu Lasten des Weihrauchs.

How auch ever. Hier lernen wir Englisch mit Mrs Trump. Und Mr Trump ist jetzt Präsidentschaftskandidat der Republikaner.

Erdogans wankendes Geschäftsmodell

Amerikatürken richteten laut TRT World am Sonntag eine Petition an das Weiße Haus. Ziel sei die Auslieferung Fethullah Gülens an die Türkei, so TRT. In seiner deutschsprachigen Mittagssendung am Dienstag zeichnete der Kurzwellensender Stimme der Türkei ein Bild, dem zufolge die Innen- und Außenpolitik zur Zufriedenheit der AKP-Führung verlaufe, und bog sich dabei auch Washingtoner Formalplatitüden zu Etappensiegen zurecht:

Der Aufruf von Staatspräsident Recep Tayip Erdogan an US-Präsident Barack Obama hat Wirkung gezeigt. In der entsprechenden Erklärung aus den USA heißt es, wenn der Auslieferungsantrag vorliegt, werde man im Rahmen des Auslieferungsabkommens eine Bewertung unternehmen. Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, sagte, die USA würden den NATO-Verbündeten Türkei große Bedeutung beimessen. Weiter sagte Earnest, die USA werden die auf demokratischem Weg gewählte Regierung und dessen Einrichtungen auf starke Weise unterstützen. Ferner hätten die USA der Türkei bei den in Frage kommenden Punkten zu den Ermittlungsarbeiten zum Putschversuch Unterstützung angeboten.

Laut Radio Free Europe (RFE/RL) kündigte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim zum Gülen-Auslieferungsantrag an, man werde den USA mehr Beweise zukommen lassen, als sie haben wollten.

Gülen wiederum weiß, was in der amerikanischen Öffentlichkeit gut ankommt. Laut RFE/RL lobte er die USA als ein Land, in dem die Herrschaft des Rechts gelte, und drückte seine Besorgnis für die türkisch-amerikanischen Beziehungen aus: man habe gemeinsam im Koreakrieg gekämpft, und sei seit 1952 eng verbündet. Die Türkei brauche Amerika mehr als umgekehrt.

Eine Sitzung des nationalen Sicherheitsrats unter Erdogans Vorsitz endete am Mittwochabend. Nach einer anschließenden Ministerratssitzung sollte laut Erdogan „eine wichtige Entscheidung“ angekündigt werden.

Diese besteht offenbar in der Verhängung des Ausnahmezustands. Unter diesen Bedingungen könne über die Verhaftung von bisher annähernd zehntausend Menschen noch hinausgegangen werden, so die BBC heute früh.

Erdogans Lage ist weniger komfortabel, als es auf den ersten Blick aussehen mag – und als seine Sykophanten es gerne glauben wollen. Sein größtes Problem dürfte die Wirtschaft sein. Der Einbruch beim Tourismus habe seinen Weg noch nicht in die Statistiken gefunden, bemerkte der „Economist“ in seiner Ausgabe vom vorigen Samstag, die vor dem Putschversuch in Druck gegangen war, und nur eine dreißigprozentige Anhebung des Mindestlohns am 1. Januar habe der Statistik einigermaßen über das erste Quartal geholfen. Zu Erdogans Amtszeit als Ministerpräsident habe die Türkei mit jährlichen Wachstumsraten von sieben bis acht Prozent geglänzt. Für 2018 aber erwarte der Internationale Währungsfonds nur noch 3,5 Prozent Wachstum. Und auch ein türkisches Außenhandelsdefizit verlange Reformen.

Statt dessen wendet Erdogan sich der vermutlich einzigen Baustelle zu, von der er wirklich Ahnung hat: dem staatlichen Repressionsapparat.

Polen: A4 mit 4-jähriger Verspätung fertiggestellt

Na also. Geht doch.

Die freudige Nachricht, und ihre Geschichte.

Pawel Scheremet, 1971 – 2016

Pawel Scheremet, Mitunterzeichner der Charta 97 und ein langjähriger weißrussischer Journalist, der sowohl für weißrussische als auch für russische Medien arbeitete, wurde am Mittwoch durch ein Attentat in Kiew getötet. Die ukrainische Staatsanwaltschaft erklärte, Scheremet sei ermordet worden. Eine Bombe habe das von ihm gefahrene Auto im Kiewer Stadtzentrum zur Explosion gebracht.

Scheremet galt als Freund des früheren russischen Präsidenten Boris Jelzin und des 2015 ermordeten russischen Oppositionellen Boris Nemzow, und als Gegner Putins, und des weißrussischen Präsidenten Lukaschenko.

Er wurde 44 Jahre alt.

Nordkorea testet weitere Raketen

Eine Woche nach der Installation des US-Raketenabwehrsystems THAAD in Südkorea feuerte Nordkorea am Dienstag drei ballistische Raketen in östliche Richtung ab, berichtete Reuters. Sie dürften im japanischen Meer gelandet sein. Geübt wurden „präventive Schläge“ gegen Südkorea, zitiert Radio Japan nordkoreanische staatliche Medien.

Auch ein Zahlensender aus Nordkorea soll laut Radio Japan wieder aktiv sein. Solche Zahlen habe man seit Jahren nicht mehr gehört. Dabei handle es sich wohl mehr um eine PSK-Geste als um wirkliche Informationsübermittlung: für Letzteres habe man ja nun das Internet.

In Vor-Internetzeiten aber war ein Kurzwellenempfänger für Spione ein unauffälliger Weg, verschlüsselte Anweisungen ihrer Führung zu empfangen – auch in Deutschland. So ein Radio hatte schließlich jeder brave Bürger – allein schon, um in den österreichischen Alpen die Deutsche Welle zu hören.

1972 strahlte das ZDF den Dreiteiler „Der Illegale“ aus. In den Hauptrollen: Götz George und sein Zahlensender.

Angela Eagle macht Platz für Owen Smith

Besser ist das: wer vielleicht Premierminister werden will, muss mit unvorhergesehenen Ereignissen umgehen können.

Eagle kann das nicht.

Gott des Krieges

Großer Stolz alleine, auf die 5000, 6000, 7000jährige Geschichte, reicht nicht. Patriotische Denkmäler müssen aussehen wie gigantische Scheißhaufen.

Schlecky Silberstein feiert 1450 Tonnen Style.

Guten Morgen.

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Morning Roundup: Theresa May nuklear schussbereit

Donald J. Trump ist jetzt US-Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei. Und Angela Eagle macht in der Labour-Basiswahl des Parteichefs Platz für Owen Smith, um eine einig‘ Front gegen Amtsinhaber Jeremy Corbyn zu bilden. Dazu mehr am morgigen Donnerstag.

Sofortbild, der anglophile Blog, bleibt heute auf den britischen Inseln. Es geht um die vier atomar bewaffneten U-Boote des Vereinigten Königreichs. Aber der Reihe nach, von Samstag, dem 16. Juli, bis zum späten Montagabend, dem 18. Juli.

1. Prolog, Radio 4, 16.07.16

Tom Newton Dunn von der „Sun“, rotierender Mitmoderator der BBC-Radio-4-Serie „Week in Westminster“ und auf Schicht am 16.07., bestaunte die Geschwindigkeit des britischen politischen Lebens und zeichnete dann zusammen mit David Camerons Kommunikationsdirektor a. D. Craig Oliver ein duftes Image des Premierministers a. D..

Und was – nächste Frage – wartete auf die neue Premierministerin Theresa May, „hinter jener großen schwarzen Tür“? Dr. Catherine Haddon, eine Historikerin, sollte Dunn beim Lüften der Geheimnisse helfen, und sie hatte den konservativen Mittelstandsbildungsbürgern vor den Radiogeräten und an den mobilen Endgeräten viel Wissenswertes zu bieten.

CH: Man wird sie mit der nuklearen Abschreckung bekanntgemacht haben, und der Chef des Verteidigungsstabs wird sie mit ihr durchgesprochen haben, und welche Feuerkraft besteht, was sie ausrichtet, was sie genau ausrichtet, weil sie nun dafür verantwortlich ist, und sie wird gebeten worden sein, nukleare Stellvertreter zu ernennen, Leute, die die Entscheidung in ihrer Abwesenheit treffen können, und sie wird diese berühmten Ultima-Ratio-Briefe an die U-Boot-Kommandanten schreiben, darüber, was im Fall eines schweren Schlags gegen das UK getan werden soll, wenn, wissen Sie, niemand Entscheidungen treffen kann.

CH: She will also have been introduced to the nuclear deterrents, and talked through that by the Chief of Defence Staff, and exactly what kind of firepower it does, exactly what it does, because she is now in charge of that, and she would have been asked to both appoint nuclear deputies, people who can take the decision in her absence, and also to write these famous letters of last resort to the submarine commanders about what to do in the event of a major strike on the UK where, you know, noone can make any decisions.

TD: Was sollen sie tun?

TD: What are they supposed to do?

CH: Nun,also diese Briefe – sie sind handgeschrieben – werden versiegelt, den U-Boot-Kommandanten selbst zugeschickt und in Safes in unseren vier Trident-U-Booten hinterlegt, und sie werden nur in dem Fall geöffnet, dass [die U-Boote] allen Kontakt mit dem UK verloren haben und wenn es einen katastrophalen Schlag gegeben hat.

CH: Well, so these letters – they’re handwritten letters -, they are sealed, sent off to the submarines themselves and put into safes in our four Trident submarines, and they are only to be opened in the event that they have lost all contact with the UK and when there has been a catastrophic strike.

[…]

CH: Es ist sehr nach Art des Kalten Kriegs. Das […] ich meine, sie bestehen daraus, dass man für, ich glaube, vier Stunden nicht in Kontakt mit dem Marinehauptquartier war, und dass keine Kommunikation aus dem UK kommt, wovon […] Radio 4 eines ist. Man geht davon aus, das es vier Optionen gibt, die hier mit enthalten sind: Vergelten, nicht vergelten, die Sache der Entscheidung des U-Boot-Kommandanten überlassen …

CH: It’s very cold-war. That’s […] I think now it consists of not being in contact with naval headquarters for, I think it’s four hours, and no communications coming out of the UK, of which […] Radio 4 is one of those. There are considered to be four options, that might be included in that: retaliate, don’t retaliate, it might be just to put it under the submarine commander’s decision …

TD: Den schwarzen Peter weitergeben?

TD: To pass the buck?

CH: Ja, genau.

CH: Yes, exactly.

TD: Das ist ein großer schwarzer Peter.

TD: It’s a big buck to pass.

CH: Und es ist eine überwältigende Verantwortung für den U-Boot-Kommandanten, es so zu handhaben. In mancher Hinsicht, die Entscheidung weiterzugeben, unter den Umständen – man weiß nicht, unter welchen Umständen [die Briefe] geöffnet werden müssen -, und die letzte Option ist dann, [die U-Boote] unter das Kommando eines unserer Verbündeten zu stellen, das der Australier oder der Amerikaner, und sie gewissermaßen unter ihren Oberbefehl zu stellen. […] Sehr wenige Premierminister haben wirklich enthüllt, was sie getan haben wollten. James Callaghan war der einzige. Er sagte, seine Wahl war, keine Vergeltung zu üben. Aber natürlich untergräbt es völlig die Abschreckung, wenn sie enthüllen, was sie vielleicht getan hätten, und darum hören wir für gewöhnlich nichts [von den nuklearen Briefen]. Sie werden zerstört, wenn der Premierminister zurücktritt, und David Camerons werden nun zerstört.

CH: And it’s an awesome responsibility for the submarine commander to do, so in some respects, passing on that decision, given the circumstances – you won’t know in which circumstances these need to be opened -, and then the last [option] is to pass command over to one of our allies, the Australians or the Americans and to sort of effectively put them under their command. […] Very few prime ministers have actually revealed what they wanted to do. James Callaghan was the only one. He said his one was not to retaliate. But obviously, it completely undermines deterrence for them to reveal what they might have done, so we usually don’t hear anything about [the nuclear letters]. They are destroyed after the prime minister resigns, and David Cameron’s are being destroyed now.

Radio 4 sei in etwa die „Prawda“ der britischen Mittelklasse, bemerkte vor einigen Jahren der konservative britische Blogger Foarp:

[Radio 4] verabreicht eine besondere Art der Weisheit, die einen von der faden Oberklasse und der umnachteten Arbeiterklasse unterscheidet. Seine Wirkung auf das Gemüt der britischen Öffentlichkeit liegt darin, dass es ein Image mittelständischer Ehrsamkeit schafft, das von keinen gegenteiligen Hinweisen beseitigt werden kann.

It dispenses a particular kind of wisdom which distinguishes one from the vapid upper class and the benighted working class. It’s effect on the minds of the British public is to create an image of middle-class respectability which no evidence to the contrary can dispell.

Vor dem Radiogerät oder an den mobilen Endgeräten sitzen also nicht die Idioten, die Labour wählen oder hemmungslos Staatsgeheimnisse ausplaudern (wie Labour-Premiers das tun): das Publikum war am vorigen Samstag bei Dunn & Haddon überwiegend gut aufgehoben.

2. Unterhausdebatte, 18.07.16

Und derart gut vorbereitet durfte das kluge britische Mittelklassenpublikum am Montag Nachmittag & Abend die große Debatte über die Trident-Modernisierung verfolgen, deren Hintergründe die „Tagesschau“ online am selben Tag darstellte. Labour-Chef Corbyn, ein Gegner der nuklearen Bewaffnung Großbritanniens, suchte einen Mittelweg zwischen seiner Position und den Gewerkschaften, die um die damit verbundenen Arbeitsplätze fürchteten.

Corbyns Mittelweg – U-Boote ja, nukleare Bewaffnung nein – tauchte auch in einer spöttischen Referenz der Premierministerin auf (siehe unten, 20. Minute).

Die Mitschrift der Debatte.

Das Video der Debatte.

Und ein – nicht erschöpfendes – Protokoll der Eröffnungsreden.

2. a. Statement Theresa May

4. Minute: Russische Bedrohung. „The nuclear threat hasn’t gone away, if anything, it has increased.“

Putin baue das nukleare Arsenal seines Landes aus, und „there is no question about President Putin’s willingness to undermine the rules-based international system in order to advance his own interests.“

5. Minute

May zitiert Nordkorea als Beispiel für Länder, die Nuklearwaffen erwerben wollten, es handle entgegen den Resolutionen des UNSC so, es sei das einzige Land, das in diesem Jahrhundert Nuklearwaffen getestet habe, und es teste ballistische Trägersysteme, die für diese Nuklearwaffen geeignet sein könnten.

6. Minute

Sie argumentiert, wenn man eine nukleare Bewaffnung erst einmal aufgegeben habe, sei sie kaum wieder neu aufbaubar, es sei denn in Jahrzehnten. Diese zeitlichen Dimensionen seien von Belang, weil kaum vorhersehbar sei, vor welchen nuklearen Bedrohungen GB und seine Verbündeten zukünftig stehen könnten.

8. Minute

Als legitimierte Atommacht trage GB Verantwortung für seine europäischen Verbündeten: „Britain is going to leave the European Union, but we are not leaving Europe, and we will not leave our European and NATO allies behind. Being recognized as one of the five nuclear weapons‘ states under the nuclear non-proliferation treaty also confers unique responsibilities, as many of the nations who signed the treaty in the 1960s did so on the understanding that they were protected by NATO’s nuclear umbrella, including the UK deterrent.“

9. Minute

Kosten:

[…] no credible deterrent is cheap, and it’s estimated that the four new submarines will cost 31 bn Pounds to build, with an additional contingency of ten bn Pounds, but the acquisition costs spread over 35 years, this is effectively an insurance premium of 0.2 percent of total annual government spending. That’s twenty cents in every one-hundred Pounds for a capability that will protect our people through the 2060s and beyond.

20. Minute (der Schlagzeilenmacher ihrer Rede, eine Antwort auf eine Zwischenfrage)

Q: Is she personally prepared to authorize a nuclear strike that could kill a hundred thousand innocent men, women, and children?

A: Yes. And I have to say to the honorable Gentleman: the whole point of a deterrent is that our enemies need to know that we would be prepared [drowned in reactions].  Unlike some suggestions that we could have a nuclear deterrent but not actually be willing to use it which came from the Labour Party front bench.

22. Minute

May bekennt sich zu nuklearer – multilateraler – Abrüstung,  …

23. Minute

… aber „we are committed to retain the minimum amount of destructive power needed to deter any aggressor.“

Und man werde nicht einseitig abrüsten:

But Britain has approximately one percent of the 17,000 nuclear weapons in the world. For us to disarm unilaterally, would not significantly change the calculations of other nuclear states, nor those seeking to acquire such weapons. To disarm unilaterally would not make us safer, nor would it make the use of nuclear weapons less likely.

2. b. Statement Jeremy Corbyn

25. Minute

Gratulation an May zum neuen Amt als Premierministerin, Anmerkungen zu Anschlag in Nizza und zum Putschversuch in der Türkei.

27. Minute

2006 habe das Verteidigungsministerium die Baukosten auf 20 Mrd. Pfund geschätzt. Aber seit dem vorigen Jahr – Wiederholung der May-Zahlen – sei die Rede  von 31 bn Pfund plus 10 bn Reserven. Eine andere Quelle spreche von 167 Mrd. Pfund, und er habe Schätzungen von über 200 Mrd. Pfund  gehört.

28. Minute: Schlagabtausch mit einem Tory-MP. Corbyn wirkt ungewöhnlich lebendig und spontan.

30. Minute: ein Tory-MP bringt seine koreanischen Wahlkreisbewohner ins Spiel. Wie wolle Corbyn denen seine Opposition gegen die Trident-Modernisierung vermitteln?

Corbyn: auch in seinem Wahkreis gebe es koreanische Wählerinnen und Wähler. Die Sechsparteiengespräche dienten dem Erreichen eines Friedensvertrags auf der koreanischen Halbinsel.

31. Minute

Im früheren Tory-Kabinett habe man im Übrigen im Mai 2009 die (kostengünstigere) Variante luftwaffengestützter Raketen anstelle der U-Boot-gestützten nuklearen Abschreckung diskutiert – mit der Bemerkung des früheren Tory-Verteidigungsministers Nicholas Soames, die öffentlich ausgetauschten öffentlichen Argumente rechtfertigten nicht die erforderliche Höhe der Ausgaben.

31. Minute

Was die Labour-Abgeordneten bei allen ihren Differenzen historisch eine: so sehr ihre Ansichten über die Wege dorthin auch auseinandergingen, so entschieden träten sie alle für eine nuklearwaffenfreie Welt ein. [Reaktion auf einige Spitzen May’s während ihres Statements bis Minute 24.]

Welche Bedrohungen wolle man mit einer angedrohten Million Toter pro Atomsprengkopf eigentlich abschrecken?

32. Minute

Islamic State betreibe ja just einen Todeskult. Saudi-Arabien, ein UK-Verbündeter, begehe furchtbare Akte im Jemen. Kriegsverbrechen in Jugoslawien und Saddam Husseins Gräueltaten, oder den Völkermord in Ruanda, habe die britische Abschreckung eben nicht abgeschreckt.

33. Minute

Er, Corbyn, – so offenbar in direkter Antwort auf Mays Ankündigung, sie würde den Atomschlag durchziehen – würde das jedenfalls nicht tun:

Mr Speaker, I make it clear today that I would not take a decision that kills millions of innocent people. I do not believe the threat of mass murder is a legitimate way to go about dealing with international relations.

Auch hier ein Echo aus den alten, bei BBC Radio 4 am Samstag, diskutierten schweren Entscheidungen (siehe oben, James Callaghan, die alte Plaudertasche).

38. Minute

Corbyn zitiert einen seinerzeit amtierenden Tory-Verteidigungsminister:

The former Conservative defense secretary Michael Portillo said – and he was the defense secretary -, „to say we need nuclear weapons in this situation would imply that Germany and Italy are trembling in their boots because they don’t have a nuclear deterrent.“

2. c. Mhairi Black, MP, Scottish National Party

3. Epilog

Abstimmungsergebnis: Mehrheit für Nuklear-Erneuerung – fast die ganze konservative Unterhausfraktion plus über die Hälfte der Labour-Abgeordneten.

We have but one choice. Ladies and Gentlemen: the Prime Minister:

Guten Morgen.

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Erdogans Putsch

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Ebenfalls zu diesem Thema: Morning Roundup, 19.07.16, by Auerbach

Schlafen sei „haram“, also religiös verboten, zitierte am Montag der Kurzwellensender „Stimme der Türkei“ den Ministerpräsidenten des Landes, Binali Yildirim. Bei allem revolutionären Elan allerdings ließ Yildirim das Bruttosozialprodukt nicht außer Acht: die Bürger sollten „am Tag arbeiten und am Abend die Wache für die Demokratie auf den öffentlichen Plätzen halten.“

Seit November 2002 wird die Türkei von der AKP regiert. Was linke politische Führer nicht konnten und neoliberale politische Führer nicht wollten, das schreiben viele Türken der AKP als Erfolg zu: eine Politik des sozialen Ausgleichs. Dabei gilt die AKP im Westen durchaus als neoliberale – und lediglich „sozial konservative“ – Partei. Auch mit der AKP, fand man in Brüssel, Berlin und Washington, ließen sich gute Geschäfte machen.

Vielleicht kommt man der scheinbaren Einheit Erdogans und des „nationalen Willens“ der Türkei näher, wenn man die Herkunft des Präsidenten ins Auge fasst: er kam aus der Unterschicht, und er war ein Aufsteiger. Jede Beleidigung gegen den Ministerpräsidenten – und es gab viele davon, just gegen Erdogan – wurde von einem Heer chronisch gekränkter Unterstützer an der Basis als Beleidigung des Türkentums interpretiert.

In den letzten Jahren seiner amtlichen Regierungszeit – faktisch regiert er bis heute, und das mit immer noch wachsender Machtfülle – verschleuderte Erdogan viel internationalen Respekt für die Türkei: mit seinem imperialistischen Engagement in Syrien, mit einer mehrjährigen, intensiv gepflegten Feindschaft mit Israel, mit einer türkischen Auto-Agression gegen die kurdischen Staatsbürger der Republik, oder mit einem wohl eher ungewollten Konflikt mit Russland. Und in der EU dürften nach dem Putsch vom 15. Juli, den Erdogan nun zu dem seinen macht, alle Illusionen über ein konstruktives Zusammenwirken mit der AKP-Türkei verflogen sein.

„Stimme der Türkei“ meldete am Sonntag,

Der Staatspräsident [Erdogan] sagte, die Putschisten seien innerhalb der türkischen Streitkräfte ein Tumor, der nun gesäubert wurde. Er dankte den Justizeinrichtungen, die Haftbefehle gegen diese Personen erlassen haben.

Wenn es stimmt, dass, wie heute von der britischen Nachrichtenagentur Reuters gemeldet, seit dem Putschversuch vom 15. Juli fast zwanzigtausend Angehörige der Polizei, des öffentlichen Dienstes, der Justiz und der Armee verhaftet oder unter Verdacht gestellt worden seien, dürfte einleuchten, warum Erdogan sich bei seinen Vollstreckern „bedankte“: von selbst verstehen sich diese Säuberungen nicht – jedenfalls nicht unter rechtsstaatlichen Voraussetzungen.

Dass Tausende von Konspirateuren Kenntnis von dem sich anbahnenden Putsch gehabt hätten, darf ebenfalls bezweifelt werden – unter solchen Voraussetzungen lässt sich ein solcher Coup lange vor seiner Ausführung unterbinden.

Es geht bei diesen Massenverhaftungen nicht um den unmittelbaren Putschverdacht. Es geht um das „richtige“ und das „falsche Denken“. Also in erster Linie um die Frage, ob die Verhafteten und Eingeschüchterten auf der Seite Erdogans stehen, oder auf der Seite Fethullah Gülens, dem die AKP die Urheberschaft des Putschversuchs anlasten möchte.

Das hat zwei Vorteile: zum einen sind Erdogan und Gülen, ursprünglich Weggefährten, seit Jahren in einem Streit miteinander verwickelt – Erdogan nimmt seine möglicherweise letzte Chance wahr, seinen mittlerweile zum Erzfeind geratenen Opponenten und seine Netzwerke in der Türkei zu schwächen.Und zum anderen kann mit diesem Mittel das türkische Miltär als unschuldig und allenfalls „unterwandert“ dargestellt werden – gerade so, als wären Militärputsche nicht Teil der türkisch-republikanischen Geschichte.

Auf diese militärische Unschuld zumindest haben sich offenbar auch die im türkischen Parlament vertretenen Parteien einigen können. Darin allerdings liegt auch einer der wenigen ermutigenden Punkte der vergangenen halben Woche: Erdogans Gegner halten zur türkischen Verfassung – noch gibt es zur AKP rechtsstaatliche Alternativen.

Dass Erdogan von vielen seiner Anhänger für die Verkörperung des Türkentums gehalten wird, wird kein Grund für alle Türken sein, dieser Täuschung zu verfallen. Aber auch – z. B. – Deutsche sollten sich vor einem solchen Irrtum in Acht nehmen.Die Bereitschaft in Deutschland, die Türkei als für Rechtlichkeit und Rechtsstaatlichkeit hoffnungslosen Fall abzuschreiben, ist erstaunlich weit verbreitet – und das ist ebenso irrational wie jene Art „Türkentum“, welches die AKP für sich monopolisieren möchte.

Erdogan allerdings will jetzt die ganze Macht. Entsprechend skrupellos handelt er – für die nächste Zeit müssen die Türkei und das Ausland mit schlimmen Szenarien rechnen.

Bewahrheiten sie sich, kann es dazu kommen, dass Türken in beträchtlicher Zahl Asyl in Deutschland suchen. In einem solchen Fall ist Großzügigkeit angesagt. Sollte eine pluralistische türkische Öffentlichkeit in der Türkei nicht mehr möglich sein. muss ihr Überleben im Ausland ermöglicht werden – im türkischen und im europäischen Interesse.

Morning Roundup: Stürme, Wellen, Farce

Heute:

  • Labour-Kandidatenliste: Corbyn ist drin
  • Cameron: Sing‘ zum Abschied leise Leck Mich
  • Nach Spratly-Entscheidung: Keep Calm & Carry on
  • US-Wahlkampf: Sanders unterstützt Clinton
  • Bei Diander piept’s
  • Die Schafsinseln und die Heuchler
  • Anders abhören

 

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Labour-Kandidatenliste: Corbyn ist drin

Jeremy Corbyn, amtierender Chef der britischen oppositionellen Labour-Partei, ist im Rennen: das National Executive Committee (NEC) stimmte gestern abend (Dienstagabend Ortszeit) mit 18 zu 14 Stimmen zu Corbyns Gunsten ab. Damit wird Corbyn als Amtsinhaber automatisch auf der Kandidatenliste stehen, über die die Labour-Basis abstimmen soll.

Sing‘ zum Abschied leise Leck‘ mich

David Cameron, Noch-Premier des Vereinigten Königreichs, übergibt heute abend die Amtsgeschäfte an seine Nachfolgerin Theresa May. Nachdem er das vorgestern  ankündigte, verschwand er, ein Lied auf den Lippen, wieder hinter der Tür mit der Nummer 10 darauf. Der Politologe Anthony Glees wertete das in einem Deutschlandfunk-Interview als Statement, etwa so: Macht den Mist ohne mich.

 

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Nach Spratly-Entscheidung: Keep calm and carry on

Hinsichtlich einer Teilgruppe der Spratly-Inseln nahe dem Scarborough-Riff, entschied gestern der Ständige Schiedshof in den Haag zugunsten der Philippinen – vergleiche Schiedshof entscheidet zugunsten der Philippinen, 12.07.16. Als ein „Affentheater von Anfang bis Ende“ habe der chinesische Außenminister Wang Yi das Verfahren beim Ständigen Schiedshof in den Haag bezeichnet, meldete gestern (Dienstag) die Deutschredaktion des Auslandsdienstes China Radio International (CRI). Xinhua zitierte Wang ähnlich, wenn auch noch etwas detaillierter: es handle sich „von Anfang bis Ende um eine politische Farce, mit dem äußeren Anschein des Rechts drapiert“, erboste sich demnach der gelernte Sprach– und Wirtschaftswissenschaftler.

Als „unverschämte Leugnung der territorialen chinesischen Souveränität und See-Interessen“ bezeichnete die halbamtliche „Huanqiu Shibao“, eine Zeitung mit relativ viel Interesse an internationalen Themen, die Entscheidung und stellt ihrer überdurchschnittlich nationalistischen Leserschaft die Folgen vor, die es hätte, wenn die Philippinen und Vietnam die Macht dazu hätten, die Haager Entscheidung anzuwenden und umzusetzen: nur noch die Philippinen und Vietnam würden danach über ökonomische Rechte verfügen, und China müsse sich mit allen ökonomischen und anderen Aktivitäten aus dem Gebiet zurückziehen.*) Dazu werde es freilich nicht kommen, da weder Chinas Regierung noch Chinas Öffentlichkeit diese Entscheidung akzeptieren würden. Die chinesische Öffentlichkeit solle ihre alltäglichen Angelegenheiten unverändert weiterverfolgen und sich durch „Stürme und Wellen, darunter auch geopolitische Provokationen“, nicht beeindrucken lassen.

Interessant ist der Verzicht darauf, die Partei zu erwähnen – üblich wäre die Redewendung „Partei und Staat“. Denkbar ist, dass auch der Nationalismus von Dissidenten und VR-Bürgern geweckt werden soll, die der Partei gegenüber innerlich, soweit möglich, längst „innerlich gekündigt“ haben. Hinzu dürfte kommen, dass Rückschläge in der Verfolgung der imperialistischen chinesischen Politik im südchinesischen Meer möglichst nicht auf die Partei zurückfallen sollen.

Über die juristische Stichhaltigkeit sowohl der Haager Entscheidung als auch über die Beijinger Position können sich Juristen offenbar ewig streiten – wobei laut BBC die Entscheidung des Ständigen Schiedshofes rechtlich bindend (wenn auch nicht vom Schiedshof durchzusetzen) ist.

Allerdings bewegt sich die chinesische Propaganda am untersten Ende des propagandistisch Möglichen: anstelle juristischer Argumente wird ein Hexenkessel abergläubischer Argumente zusammengerührt: seit zweitausend Jahren sei die Region chinesisch, es gebe entsprechende historische Seekarten, chinesische Schiffe seien dort vor allen anderen unterwegs gewesen, und außerdem, ähm, was für eine Unverschämtheit gegenüber China. Man muss schon ziemlich viel Beijinger Propaganda gegessen haben, um diese Art Suppe genießbar zu finden.

Eleganter verhält sich Taiwan, das ebenfalls Aktien in der Sache hat: Das Schiedsgericht habe die taiwanische Regierung nicht angehört oder in das Verfahren einbezogen, zitiert Radio Taiwan International (RTI) das Taiwaner Präsidialamt. Man habe also keinen Grund, sich zu den philippinischen Forderungen nach dem Schiedsspruch anders zu verhalten als vor dem Schiedsspruch.

Ende Januar hatte der bis Mai des Jahres amtierende taiwanische Präsident Ma Ying-jeou die Taiping-Insel besucht, die faktisch von Taiwan kontrolliert wird, dem Haager Schiedsspruch nach aber nun ebenfalls keinen rechtlich begründeten Anspruch darauf erheben kann, eine ausschließliche Wirtschaftszone zu sein. Im Ganzen ist der Ton aus Taipei gegenüber anderen ökonomisch aktiven Ländern in der Spratly-Region sachlicher und entspannter als der aus Beijing. Zwischenstaatliche Überzeugungsversuche waren aber natürlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
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*) This Blogger enthält sich mangels einschlägiger Kentnisse einer Einschätzung.

Bernie Sanders unterstützt Hillary Clinton

Bernie Sanders unterstützt Hillary Clintons Nominierung durch die Demokratische Partei. Vorher musste sich Clinton aber anhören, bei wem Sanders sich in einer Rede in New Hampshire für die Stimmen bedankte, die er im Nominierungswahlkampf erhalten hatte, lächeln, und applaudieren.

Aber das war eine leichte Übung im Vergleich zu dem, was seine Anhänger sich anhören mussten – und nicht alle lächelten und applaudierten.

Bei Diander piept’s

Ein Rotschwanz-Paar zieht als Kulturfolger sechs Jungvögel auf – auf einem Balkon. Die Story einer Begegnung schreiender Wildnis mit der Welt der Zivilisation.

Die Schafsinseln und die Heuchler

Man muss das vielleicht erstmal dazusagen, denn dass Faröer auf Deutsch „Schafsinseln“ heißt, wusste ich jedenfalls nicht. Sven Kerkof kritisiert den Boykott der Kreuzfahrtunternehmen AIDA und Hapag Lloyd gegen die Inseln. Anlass der Enthaltsamkeit ist die Grindwaljagd, die auf den Inseln Brauch ist, aber eben nicht auf dem europäischen Festland.

Damit werde vor allem unter Beweis gestellt, wie unehrlich Tierschützer sein können, findet Kerkof.

Anders Abhören

Die Deutschen haben so viel Angst wie lange nicht mehr, berichtete gestern abend (Dienstagabend) die „Rheinische Post“ unter Berufung auf zwei Umfragen – eine der R+V-Versicherung (machen die selber welche?) und eine des amerikanischen Pew Research Center.

Dabei war’s vor zwei Jahren noch so schön, jammert findet die „RP“, als Deutschland Weltmeister wurde:

Frauen und Männer konnte man dabei beobachten, wie sie sich mit schwarz-rot-goldenen Streifen auf den Wangen in die Arme fielen und sogar Tränen vergossen – vor Freude. Das Land erlebte einen seltenen, kollektiven Moment der Freude.

Naja. Manchmal habe ich ja auch Angst. Vor meinem eigenen Spaßzombieland.

Was soll’s. Immerhin passt man gut auf uns auf. Buten und binnen. Wenn ich das nicht ganz falsch verstehe, dürfen die Geheimdienste, die uns nach innen schützen, dann die ausländischen Bundeswehrangehörigen anders abhören als ihre inländischen Kameraden.

Guten Morgen.

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Morning Roundup: Warschauer Gipfel – zwei Orgs, ein Ehrgeiz

Heute:

  • NATO/EU: „Gemeinsame Verpflichtungen“
  • NATO und EU: Zwei Orgs, ein Ehrgeiz
  • Historischer Kalender / Wunschkonzert
  • Russland: ein Terrorist, ein Extremist, ein Selbstmordbomber
  • Taiwan: kein Terrorismus
  • Südkorea: THAAD-Überwachung wird installiert
  • US-Kongress: Eierkopf belehrt Hinterwäldler
  • Menschenrechte in China: Stein, der im Meer versinkt
  • Mitglieder des Repräsentantenhauses treffen Trump

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NATO/EU: „Gemeinsame Verpflichtungen“

Großbritannien entsendet ein Bataillon von 500 Soldaten nach Estland, sowie 150 Soldaten nach Polen, um diese Länder „zu beruhigen“, zitierte die BBC am Freitag den britischen Verteidigungsminister Michael Fallon. Die entsprechende Zusage habe die NATO nach der Annexion der Ukraine 2014 gemacht. Insgesamt sei die Stationierung von vier multinationalen Bataillonen unter britischer, amerikanischer, deutscher und kanadischer Führung in Estland, Lettland, Litauen und Polen vorgesehen.

Militärexperten Die baltischen Staaten, so BBC-Korrespondent Jonathan Marcus, wären gegen einen schnell mobilisierten russischen Angriff „fast ummöglich zu verteidigen“. Dieser würde kaum in einem Panzerangriff bestehen:

Ein typisches „wargamed“ Szenario ist das einer Infiltration durch russische Spezialkräfte in einen der baltischen NATO-Mitgliedsstaaten – Estland zum Beispiel, wo es eine bedeutende russischsprechende Minderheit gibt.
A typical scenario „war gamed“ is of infiltration by Russian special forces into one of Nato’s Baltic members – Estonia, for example, where there is a significant Russian-speaking minority.

Unruhen führen zu Gewalt, Russischsprechende werden getötet, und eines Morgens wacht die NATO auf und sieht, dass über Nacht eine russische „Friedenstruppe“ eine Stadt wie Narwa nahe der russischen Grenze eingenommen hat, um die lokale Bevölkerung zu „beschützen“. Was macht die Allianz dann?
Unrest leads to violence; Russian-speakers are killed; and one morning Nato wakes up to find that over-night a Russian „peace-keeping“ force has seized a town like Narva, near the Russian border, to „protect“ the local population. So what does the alliance do then?

Es gehe also darum, Russland davon zu überzeugen, dass nach Jahren der verstärkten Aktivitäten in Übersee die kollektive Verteidigung nun ernst gemeint sei.

Im Kalten Krieg sprach man von Abschreckung (deterrence) – auch dieser Begriff aus dem Ost-West-Lexikon ist wieder da.

Ebenfalls am Freitag unterzeichneten der Präsident des Europäischen Rates (Donald Tusk), der Präsident der EU-Kommission (Jean-Claude Juncker) und der NATO-Generalsekretär (Jens Stoltenberg) in Warschau eine gemeinsame Erklärung. Diese enthält – grob wiedergegeben – folgende Punkte:

  • Stärkung der gemeinsamen Fähigkeit, hybride Kriege zu parieren
  • operative Zusammenarbeit u. a. auf See und bei Migration
  • Cybersicherheit
  • schlüssige, einander ergänzende und vollständig kompatible Verteidigungsfähigkeiten von EU-Mitgliedsstaaten und NATO-Verbündeten
  • Förderung einer stärkeren Verteidigungsindustrie und größerer Verteidigungsforschung sowie industrielle Zusammenarbeit, innereuropäisch und transatlantisch
  • Koordination der Militärmanöver mit ersten parallelen und aufeinander abgestimmten Manövern 2017 und 2018 und
  • dem Aufbau von Verteidigungs- und Sicherheitskapazitäten, gegenseitige (oder einander ergänzende) Förderung der Widerstandskraft der Partner im Osten und Süden mit Hilfe spezifischer Projekte für einzelne Nehmerländer, darunter auch die Stärkung der Marinekapazitäten.

In praktischer Hinsicht spielt die Tatsache, dass z. B. das EU-Mitgliedsland Schweden kein NATO-Mitglied ist, nicht mehr die Rolle wie zur Zeit des Kalten Krieges. Schweden trat 1994 der „Partnership for Peace“ bei und gilt laut NATO als „einer der aktivsten Partner der NATO und als ein geschätzter Beitragsleister für NATO-geführte Einsätze auf dem Balkan und in Afghanistan“ – allerdings „basierend auf einer langjährigen Politik militärischer Bündnisfreiheit und einem entschiedenen nationalen Konsens, gerichtet auf Gebiete, auf denen gemeinsame Ziele bestehen. Während die (regierenden) schwedischen Sozialdemokraten und Grünen an einem Nichtbeitritt festhalten, haben die Zentrumspartei und die Christdemokraten ihre Position nach 2014 geändert. Allerdings bilden die beiden Parteien nur einen kleinen Teil der bürgerlichen Reichstagsfraktionen und stellen zusammen lediglich 38 Mandate von insgesamt 349.

Die Wortwahl „Partner im Osten und Süden“ ist nicht eindeutig. Sie könnte sich auf Mitgliedsländer der NATO, aber auch auf Nichtmitgliedsstaaten wie Georgien und die Ukraine („Partnership for Peace“) beziehen.

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Vergleiche hierzu „Morning Roundup“, 08.07.16, Warschauer NATO-Gipfel.

 

Nato_Obama

NATO und EU: zwei Orgs, ein Ehrgeiz

US-Präsident Barack Obama erwarte vom Vereinigten Königreich auch nach dem „Brexit“-Votum eine wichtige Rolle in der europäischen Sicherheitspolitik, so – immer noch am Freitag – die BBC. Man ist in London noch wer.

Der diesbezügliche Artikel enthält auch Hinweise des BBC-Korrespondenten Jonathan Marcus darauf, was die NATO und die EU in ihrer gemeinsamen Deklaration (siehe vorigen Teilbeitrag) unter „Partner im Osten und Süden“ verstehen könnten:

Die gemeinsame Erklärung der EU und der NATO verpflichtet sich zur Beschleunigung der Kooperation angesichts so genannter „hybrider Bedrohungen“, die Propaganda und psychologische Kampagnen, Cyberattacken und die Nutzung politischen, wirtschaftlichen und energiewirtschaftlichen Drucks beinhalten.
The EU and Nato joint declaration pledges to accelerate co-operation in the face of so-called „hybrid threats“, which include propaganda and psychological campaigns, cyber-attacks, and use of political, economic and energy pressure.

Die NATO ist mithin so ziemlich alles. Zuständig. Ähm, für. Was sie mit der EU gemeinsam haben dürfte. Zwei Organisationen, ein Ehrgeiz.

So machen Freihandelsabkommen richtig Sinn.

Historischer Kalender / Wunschkonzert

Nachdem schon das musikalische Element im vorigen Morning Roundup zu gefallen wusste, hier noch eins, aus historischem Anlass:

Heute vor 101 Jahren kapitulierte das damalige Deutsch-Südwestafrika vor der ebenfalls damaligen Südafrikanischen Union. Das deutsche Liedgut aber wurde auch  67 Jahre später noch in der Ex-Kolonie und im Ex-Mutterland gepflegt.

Russland: ein Terrorist, ein Extremist, ein Selbstmordbomber

Sehen Sie selbst!

Taiwan: kein Terrorismus

Puh, Glück gehabt!

Südkorea: THAAD-Überwachungssystem

In Südkorea wird ein Raketenüberwachungssystem stationiert, das zwar als Maßnahme zur Frühwarnung gegen nordkoreanische Angriffe deklariert ist, sich aber auch zur Überwachung von Teilen Chinas und Russlands eignet.

US-Kongress: Eierkopf belehrt Hinterwäldler

Zur Erinnerung: das FBI empfiehlt, keine Anklage gegen Hillary Clinton wegen ihres Umgangs mit dienstlichen Emails zu erheben. Republikanische Kongressabgeordnete reagieren darauf unwirsch und laden den FBI-Direktor zur Befragung vor. Dieser hält einen Vortrag – teilweise sogar auf Lateinisch.

Kurzwellendienst der Voice of America für Afrika am Donnerstag nachmittag (Weltzeit):

Angry Republican lawmakers are demanding answers Thursday from the Chief of the Federal Bureau of Investigations, about why he concluded that Hillary Clinton was extremely careless in dealing with classified material in emails, while she was secretary of state, yet said that no charges were warranted against the presumpted Democratic presidential nominee. FBI director James Comey is at this hour appearing before a House of Representatives investigative panel. The hearing comes two days after concluding there was no evidence that Clinton clearly, willfully had sought to violate US laws by using private email servers, stationed at her New York home, rather than more secure government email servers, while she was secretary of state. This is James Comey:

„In our system of law, there’s a thing called mens rea. It’s important to know what you did, but when you did it, this Latin phrase,mens rea, means ‚what were you thinking?‘ We don’t want to put people in jail unless we prove they knew they were doing something they shouldn’t do. That is the characteristic of all the prosecutions involving mishandling of classified information.“

Mr. Comey went on to say that his investigation did not meet that threshold to prosecute.

„So when I look at the facts we’ve gathered here, as I said, I see evidence of great carelessness, but I do not see evidence that is sufficient to establish that Secretary Clinton or those with whom she was corresponding both talked about classified information on email and knew when they did it they were doing something that was against the law.“

Menschenrechte in China: Stein, der im Meer versinkt

Mandarindienst des Taiwaner Auslandsradios RTI, am Freitag:

Die Repressionen des Staatsvorsitzenden auf dem chinesischen Festland, Xi Jinping, gegen abweichende Meinungen dauert seit einem Jahr an. Heute verstärkten Mitglieder des US-Kongresses ihre Kritik an der Inhaftnahme mehrer Dutzend Menschenrechtsjuristen. Deutschland forderte das Festland dazu auf, seine Pflichten hinsichtlich der Menschenrechte zu erfüllen.
中國大陸國家主席習近平對不同意見展開鎮壓迄今1年,今天美國國會議員對大陸已關押數十名人權律師加以批評。德國則促請大陸,履行人權義務。

[…]

Die Congressional-Executive Commission on China (CECC) rief das Festland laut der Nachrichtenagentur Reuters dazu auf, „politische Gefangene“ freizulassen. Ferner kritisierte die CECC die von ihr so bezeichnete „öffentliche Verachtung“ Chinas für „die Herrschaft des Rechts und die universalen, öffentlich anerkannten Menschenrechte.“
路透社報導,美國國會及行政部門中國問題委員會(CECC)呼籲大陸釋放「政治犯」,並對該委員會所形容中國「公然藐視法治和普世公認的人權」加以批評。

Chris Smith, republikanischer Abgeordneter im Repräsentantenhaus, sagte in einer Erklärung: „Die chinesiche Festlandsregierung ergreift außerordentliche Maßnahmen und entfernt mit allen Kräften Menschenrechtsjuristen. Damit macht sie diesen Berufszweig zügig zu einem der gefährlichsten auf dem chinesichen Festland.“
共和黨眾議員史密斯(Chris Smith)在聲明中指出:「中國大陸政府採取非常手段,大量消除人權律師,使這項行業迅速成為大陸最危險的行業之一。」

Die deutsche Botschaft in China erklärte heute (8. Juli), die Botschaft habe wiederholt Telefonanrufe und Faxe mit Erkundigungen hinsichtlich der festländischen Menschenrechtsjuristen an die festländischen Behörden gerichtet. Diese seien aber sämtlich ohne Reaktion geblieben.*)
德國駐中國大陸大使館今天(8日)表示,使館一再致電並傳真給大陸當局,以求了解大陸人權問題,但都石沈大海。

In einer Erklärung sagte die deutsche Botschaft, „Wir fordern das chinesische Festland dringend dazu auf, seine internationalen Verpflichtungen hinsichtlich der Menschenrechte zu erfüllen und nicht nur das Recht auf Meinungs- und Ausdrucksfreiheit zu respektieren, sondern auch das Versprechen zur Errichtung der Herrschaft des Rechts zu verwirklichen.“
德國使館發表聲明說:「我們強烈要求中國大陸,履行國際人權義務,並不只是要尊重言論自由權,也須實現建立法治的承諾。」

Die Übersetzung folgt der taiwanischen nachrichtlichen Sprachgewohnheit. Ob die deutsche Botschaft tatsächlich vom „chinesischen Festland“ oder schlicht von „China“ sprach, bleibt dahingestellt.

Die Erklärung des Congressional-Executive Commission on China (CECC) im Wortlaut findet sich hier.
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*)  石沈大海, shi chen da hai (ohne Reaktion geblieben) bedeutet wörtlich übersetzt „Stein, der im Meer versinkt“

Mitglieder des Repräsentantenhauses treffen Donald Trump

Trump hat es nicht leicht mit den republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus, und wer soll sein Vizepräsident werden?

Guten Morgen.

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Morning Roundup: Aufregen, Hals kriegen, Abschwellen

  • Fußball-EM: DFB-Mannschaft raus, alles aus
  • Böser Fußball, guter Fußball: Nationalpatrioten
  • Guter Fußball, böser Fußball: Chauvis
  • Zukunftsfähigkeit der Sozialsysteme
  • Prime Minister’s Questions: Nullstundenverträge
  • Filmreif (Argentinien)
  • Schlechtes Drehbuch (Russland)
  • Warschauer NATO-Gipfel
  • NATO-Russland-Rat

Boateng_EM

Jetzt ist alles aus!

Für manche Zuschauer im Stadion und zu Hause an den Fernsehgeräten oder in der Fanzone könnte es daran gelegen haben, dass die deutschen Tugenden nicht genug zum Tragen kamen, weil zu viele „Ausländer“ mitgespielt haben. Für andere könnte es daran gelegen haben, dass nicht genug „Menschen mit Migrationshintergrund“ mitgespielt haben. Und für wieder andere – tendenziell die mit den deutschen Tugenden – könnte es daran gelegen haben, dass es inzwischen sogar schon Frauenfußball gibt. Der versaut die Moral. Im folgenden für alles mindestens ein Beispiel.

Böser Fußball, guter Fußball: Nationalpatrioten

Langer Rede kurzer Sinn: Ist der Fan ein Nationalpatriot mit Vorurteilen, ist er es nach dem Fahneschwenken noch mehr. Ist er keiner, ist sein Fahneschwenken kein Problem.

Nur nützen tut’s nie.

Guter Fußball, böser Fußball: Chauvis

Das nur mal für die Männer, die meinen, sie wären schon immer im Widerstand dafür gewesen.

Na? Haben Sie gelacht? Hand auf’s Herz. Nicht lügen, ganz ehrlich jetzt. Geben Sie’s zu? Geben Sie’s zu? Haben sie gelacht?

SPD-Linke: Zukunftsfähigkeit der Sozialsysteme

Zwischen der Parteilinken und Arbeitsministerin Andrea Nahles bahnt sich Zoff an, und Parteivorsitzer Gabriel pariert.

Ob Matthias Miersch auch diese unterschiedlichen Stimmungen aufnehmen und integrieren kann?

 

Parliament

Prime Minister’s Questions, 6. Juli: Nullstundenverträge

Corbyn: Das Problem besteht darin, dass, wenn jemand in einem Nullstundenvertrag arbeitet, der Mindestlohn nicht für einen Wochenlohn zum Leben genügt. Das muss der Premierminister verstehen. Darf ich ihm die Lindsey-Ölraffinerie nordöstlich von Shirebrook vorstellen? 2009 streikten dort hunderte von Ölwerkern, weil agency workers aus Italien und Portugal zu niedrigeren Löhnen hereingebracht wurden, um die selbe Arbeit zu tun. Ein bisschen weiter die selbe Straße runter, in Boston, ist Niedriglohn endemisch. Der durchschnittliche Stundenlohn im Land ist 13,33 Pounds. In den East Midlands beträgt er 12,26 und in Boston 9,13 Pfund. Ist es nicht an der Zeit, dass die Regierung interveniert, um für die Gemeinschaften einzutreten, die sich im modernen Britannien zurückgelassen fühlen?

The problem is that if someone is on a zero-hours contract, the minimum wage does not add up to a living weekly wage; the Prime Minister must understand that. May I take him north-east of Shirebrook to the Lindsey oil refinery? In 2009, hundreds of oil workers there walked out on strike because agency workers from Italy and Portugal were brought in on lower wages to do the same job. Just down the road in Boston, low pay is endemic. The average hourly wage across the whole country is £13.33. In the east midlands, it is £12.26; in Boston, it is £9.13. Is it not time that the Government intervened to step up for those communities that feel they have been left behind in modern Britain?

Cameron: Wir haben mit dem Mindestlohn interveniert. Wir haben mit mehr Strafen für Unternehmen interveniert, die nicht den Mindestlohn zahlen. Wir haben – und das erstmals, was Labour nie tat – wir prangern die daran beteiligten Unternehmen namentlich an. Diese Interventionen helfen und ergeben einen Unterschied, aber die wirkliche Intervention, die wir brauchen, ist eine Wirtschaft, die wächst und die Investitionen ermutigt, denn wir wollen die Industrien der Zukunft. Das ist, was in unserem Land zu sehen ist, und das ist der Grund für Rekordzahlen an Beschäftigten – 2,5 Millionen mehr Menschen haben einen Job seit ich Premierminister wurde – und das ist der Grund, warum die britische Wirtschaft eine der stärksten der G7-Staaten ist.

We have intervened with the national living wage. We have intervened with more fines against companies which do not pay the minimum wage. We have intervened, and for the first time—this is something Labour never did—we are naming and shaming the companies involved. Those interventions help and can make a difference, but the real intervention that we need is an economy that is growing and encouraging investment, because we want the industries of the future. That is what can be seen in our country and that is why record numbers are in work—2.5 million more people have a job since I become Prime Minister—and why the British economy has been one of the strongest in the G7.

Filmreif (Argentinien)

Die frühere argentinische Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner wird beschuldigt, in ihren letzten Amtsmonaten betrügerische Währungsgeschäfte durchgeführt zu haben, meldete gestern die BBC. Im Mai wurde Anklage wegen mutmaßlicher oder angeblicher regelwidriger Zentralbankgeschäfte an der US-Dollar-Terminbörse gegen sie erhoben.

Sie wies die Vorwürfe zurück und beschuldigte ihrerseits die Mitte-Rechts-Regierung ihres Nachfolgers Mauricio Macri, gegen sie zu konspirieren. Cristina Fernandez war bis Dezember vergangenen Jahres Präsidentin Argentiniens. Gegen einige ihrer engsten früheren Mitarbeiter, werde wegen falscher Handhabung öffentlicher Mittel ermittelt, so die BBC.

Einer von ihnen, Jose Lopez, stehe unter dem Verdacht der Geldwäsche, seit er – im Besitz von neun Millionen US-Dollar dabei angetroffen worden sei, wie er Plastiktaschen mit Bargeldüber die Mauer eines Klosters warf. Insgesamt sei er im Besitz von etwa sieben Millionen US-Dollar gewesen, so eine frühere Meldung der BBC.

Der mit den Ermittlung beauftragte Bundesrichter Claudio Bonadio sei ein erklärter Gegner der früheren Präsidentin.

Die BBC zitierte den Kabinettschef Präsident Macris mit der Bemerkung, „es ist wie aus einem Film“.

In den vom Internationalen Konsortiums Investigativer Journalisten (ICIJ) im April veröffentlichten „Panama Papers“ war Präsident Macris Name aufgetaucht.  Er werde mit jedweder Untersuchung zusammenarbeiten und habe nichts zu verbergen, so der Präsident in einer seinerzeitigen Meldung der BBC.

Die Untersuchung dauert laut „Buenos Aires  Herald“ an.

Schlechtes Drehbuch (Russland)

Auch in Moskau wurde ein Politiker im mutmaßlichen Besitz von viel Bargeld verhaftet. Der „Economist“:

Es sah aus wie eine Szene aus einem Krimi. Erst die Bilder eines kräftigen russischen Gouverneurs, in einem Sushi-Restaurant eines mondänen Moskauer Hotels mit Bündeln besonders gekennzeichneter Euroscheine erwischt, die fluoreszierende Flecken auf seinen Händen hinterließen. Dann Fotos des selben Gouverneurs in Handschellen, abegführt von Kalashnikov-schwenkenden, sturmhaubengepanzerten Agenten des FSB, Russlands Geheimpolizei. Die Verhaftung Nikita Belykhs, des liberal gesonnenen Gouverneurs der Region Kirovsk am 24. Juni, war eine Schlagzeilenmeldung des russischen Staatsfernsehens. Er ging sogar dem Bericht über den triumphalen China-Besuch Vladimir Putins voraus.

IT LOOKED like a scene from a crime drama. First, the pictures of a burly Russian governor caught at a sushi restaurant in a swanky Moscow hotel, with wads of specially marked euros leaving fluorescent stains on his hands. Next, footage of the same governor in handcuffs, being escorted into the investigator’s office by balaclava-clad, Kalashnikov-wielding agents of the FSB, Russia’s secret police. The arrest on June 24th of Nikita Belykh, the liberal-minded governor of the Kirovsk region, was headline news on Russian state television. It even preceded the report on Vladimir Putin’s triumphal visit to China.

Belykh behaupte, es handle sich um ein abgekartetes Spiel, so der „Economist“, und Kirill Rogov, ein russischer politischer Analytiker, wird mit der Aussage zitiert, es handle sich bei der dritten Verhaftung eines Gouverneurs binnen fünfzehn Monaten „um die neue Art des Kremls, Kontrolle über regionale Eliten auszuüben“.

[…]

Die Verfolgung inländischer Feinde und die Säuberung der Reihen örtlicher Gouverneure und Offizieller könnte die Art sein, in der der Kreml dem Publikum [nach der Ukraine und Syrien] eine neue Story gibt. In dem Video der Verhaftung Belykhs, das die Staatsanwaltschaft freigab (bevor es hastig wieder vom Netz genommen wurde), wird eine Stimme hinter der Kamera vernehmlich die sagt: „Wir haben schon das Drehbuch geschrieben.“ Mr Belykh erwidert: „Ihr habt es schlecht geschrieben.“

Pursuing internal enemies and purging the ranks of local governors and officials may be the Kremlin’s way of giving audiences a fresh storyline. In a video of Mr Belykh’s arrest which the prosecutor’s office released (before hurriedly taking it down), a voice behind camera can be heard saying: “We’ve already written the script.” Mr Belykh replies: “You wrote it badly.”

NATO

Warschauer NATO-Gipfel

Die NATO-Mitgliedsstaaten sowie voraussichtlich Afghanistan, Finnland, Irland, Mazedonien, Montenegro, Schweden und die Ukraine halten am Freitag und Samstag ein Gipfeltreffen in Warschau ab. Polens Präsident und Gastgeber des Gipfels, Andrzej Duda, erklärte bereits im August vorigen Jahres in einem – hier durch AP wiedergegebenen – Interview mit der polnischen Nachrichtenagentur PAP, er erhoffe sich vom Gipfel eine Verstärkung der Präsenz des Bündnisses in Polen und über eine ganze Region hinweg, die sich durch ein „wiederauflebendes“ Russland bedroht fühle. Als Opponenten gegen solche NATO-Stationierungsbestrebungen erwähnte er laut AP namentlich Deutschland.

Und die polnischen Erwartungen bleiben groß – oder werden zumindest öffentlich derart vorgetragen. Der Warschauer Gipfel werde die „Ostflanke“ stabilisieren, die Position der NATO in Gesprächen mit Russland stärken, und einen russischen Rückzug aus den Gebieten bewirken, die Russland illegal von der Ukraine genommen habe, zitierte Radio Poland am  vorigen Freitag den Außenminister des Landes, Antoni Macierewicz.

NATO-Russland-Rat

Wenn dann Polen mit Hilfe der NATO den Russen gezeigt hat, wer der Boss ist, darf der Russe am 13. Juli in Brüssel die Kapitulationsurkunde unterschreiben – bei einem Treffen des NATO-Russland-Rates.

Da soll nochmal jemand behaupten, die Musik spiele jetzt in Asien.

Guten Morgen.

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Ukraine: Propagandakrieg um die Hardware

Der ukrainische Präsident Petro Poroshenko besuchte am Dienstag den Karachunberg in der Donezk-Region, meldete die präsidiale Website. Neben einer Totenehrung besuchte Poroshenko die Sendestation Kramatorsk, ebenfalls auf dem Karachunberg. Die Radio- und Fernsehsendeanlage sei während der Besetzung von Sloviansk und Kramatorsk durch „pro-russische Terroristen“ zerstört worden. Ihr Wiederaufbau sei eine Aufgabe von nationaler Bedeutung, zitierte die Website den Präsidenten um 13:45 Uhr (12:45 MESZ).

In einer um 15:57 Uhr Lokalzeit geposteten Meldung hieß es, anlässlich des zweiten Jahrestags der Befreiung von Sloviansk und Kramatorsk müsse der vor zwei Jahren zu Fall gebrachte Gittermast (im allgemeinen Sprachgebrauch ein „Fernsehturm“) binnen zwei Monaten wieder aufgebaut werden. Die feindliche Artillerie habe vor zwei Jahren auf den Fernsehturm gezielt, weil er als größte Bedrohung angesehen worden sei:

„Sie fürchteten am meisten den Fernsehturm, dafür, dass er die Wahrheit über den Krieg sendete. Wir sind dahin übereingekommen, dass er in zwei Monaten wieder aufgebaut wird,“ merkte der Präsident an. Petro Poroshenko hob die Unzulässigkeit von Verzögerungen in jener Sache hervor.

„Es ist das Recht der Menschen auf die Wahrheit. Und wir müssen dieses Recht verteidigen,“ betonte der Präsident und fügte hinzu, das gegebene Recht gehöre allen Bewohnern des Donbas, inklusive den zeitweilig besetzten Gebieten.

Das Staatsoberhaupt hob hervor: Hybrider Krieg, von dem wirklichen, dem offenen Krieg, abgesehen, enthält eine starke Informationsuntergrabung. Wir werden das nicht zulassen.“

Das Erste Russische Fernsehen berichtete offenbar am 1. Juli 2014 über den Einsturz des Sendemastes.

Der amerikanische Botschafter bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) übte bereits am 3. Juli 2014 Kritik, die inhaltlich etwa dem entsprach, was Poroshenko – vermutlich auch nicht zum ersten Mal – am vorigen Dienstag zur „Informationsuntergrabung“ äußerte. Der Angriff, so Botschafter Daniel B. Baer in einer Erklärung an den Ständigen Rat der Organisation in Wien, habe in Zusammenwirkung mit einem von Russland und seinen Unterstützern geführten Propagandakrieg stattgefunden, um einen „freien Fluss von Nachrichten, Informationen und einer Bandbreite von Sichtweisen daran zu hindern, die Menschen zu erreichen, und sie anfälliger für Lügen und Manipulationen zu machen.“

Vom 17. April bis Anfang Mai 2014 sollen die Sendeanlagen unter Kontrolle von Separatisten gewesen sein. Laut RT wurden danach einige der bis dahin gesendeten ukrainischen Kanäle durch russische ersetzt.

Der „Guardian“ zitierte den ukrainischen Innenminister Arsen Avakov am 2. Mai 2014 mit der Aussage (oder einem Facebook-Vermerk),  ukrainische Truppen hätten die Sendeanlagen auf dem Karachunberg von prorussischen Separatisten zurückerobert. Er strahle nunmehr wieder ukrainische Kanäle aus, wurde der ukrainische Innenminister Arsen Avakov in der „Moscow Times“ / bei Interfax zitiert.

Die Kämpfe um den Karachunberg und die Sendeanlagen waren Teil der Kämpfe um Kramatorsk, vom 12. April bis zum 5. Juli 2014.

Wer die Sendeanlagen zur Zeit der Zerstörung tatsächlich kontrollierte (und wer sie beschoss), wurde in einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ am 1. Juli 2014 nicht ausdrücklich gesagt. Die Moskau-Korrespondentin der „Welt“ legte sich hingegen fest: der Sendemast sei nach einem Beschuss von Separatisten eingestürzt.

Morning Roundup: Aufstand des Labour-Establishments

Heute:

  • Aufstand des Establishments
  • Wahlzettel: erst die Nominierung
  • Lexit?
  • Der Äther: „Juno“ erreicht Jupiter
  • Taiwanische Marine beschießt Fischerboot
  • Tories wählen neue Führung
  • UKIP: Farage steigt aus
  • Top Gear: Chris Evans steigt aus
  • 100 Jahre Olivia de Havilland

Aufstand des Labour-Establishments

Wahrscheinlich liegt das Problem der Corbyn-Gegner in der Labour-Partei nicht zuletzt darin, dass sie ein Problem mit der Parteibasis haben – jedenfalls, wenn diese Basis nicht nur nominell, sondern faktisch, wichtige Personalentscheidungen trifft.

Im Sommer 2015 zeichnete sich eine Basismehrheit für Jeremy Corbyn ab. Und dabei hätte man ihn so schön verhindern können, mit etwas mehr Zynismus in der Parlamentsfraktion.

Ein Parteimanager wie John McTernan – eng verbunden mit dem früheren Irakkriegspremier und „New-Labour“-Advokaten Tony Blair und nicht direkt ein Feind der Steuerhinterziehung als geistige Lebensform – fand so viel Respekt vor der Basiswahl jedenfalls schon vor einem Jahr beunruhigend. Und wenn dann auch noch Parlamentarier einer solchen Deprofessionalisierung der Parteipolitik Vorschub leisteten, konnte so ein cooler Stratege schon mal die Contenance verlieren: die Abgeordneten, die Corbyns Nominierung unterstützt hatten, um ein breites Spektrum von Positionen in der Partei abzubilden, seien „Deppen“, befand McTernan.

Und mindestens eine der Abgeordneten – ganz erschrocken über die Dynamik an der Parteibasis – gab ihm Recht.

Seitdem haben noch mehr frühere Corbyn-Nominierer Zweifel an ihrer Entscheidung vor einem Jahr. Und da es sich heutzutage nicht mehr gehört, mal für zwei bis vier Jahre die Zähne zusammenzubeißen und einen demokratisch gewählten Parteichef zu ertragen, lässt man die Zweifel so lange öffentlich raushängen, bis offener Antagonismus daraus wird.

Würden ein paar Leute vom linken Flügel der Labour-Partei sich gegen einen etablierten Funktionär erlauben, was sich die Hälfte des Schattenkabinetts gegen Corbyn erlaubte, würde man von parteischädigendem Verhalten sprechen. Aber in einer Post-Blair-Demokratie hängt es natürlich ganz entscheidend davon ab, wer sich etwas gegen wen erlaubt.

Will Corbyn gewinnen, muss er erst einmal auf den Wahlzettel

Dass Corbyn als Parteiführer herausgefordert wird (sofern er nicht zurücktritt), ist zwar noch nicht ausgemacht; gilt aber als sehr wahrscheinlich, nachdem ihm am vorigen Donnerstag 172 von 229 Mitgliedern seiner Unterhausfraktion das Misstrauen ausgesprochen hatten, bei nur 40 Stimmen zu seinen Gunsten, 13 Enthaltungen und vier ungültigen Stimmen. Das Votum hatte zwar keine bindende Wirkung; seine Gegner erwarteten aber offenbar von  Corbyn, dass er zurücktrete – wovon Corbyn weit entfernt ist.

51 der zur Zeit 251 Labour-Abgeordneten in Unterhaus und EU-Parlament (entspricht 50% all dieser Abgeordneten)  [Update, 07.07.16: gestrichen. So ein Quark. Liest das keiner, oder kann keiner Mathe?] muss ein Herausforderer hinter sich bringen, um Corbyn herauszufordern. Angela Eagle, die ebenfalls als Mitglied des Schattenkabinetts zurückgetreten ist, hat ihre Kandidatur für den Fall angekündigt, dass Corbyn nicht einpacke.

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Gefühlt wartet so mancher schon sehr lange auf Eagles Kampfkandidatur.

Sollte Corbyn jedoch zurücktreten, benötigt ein Nominee für die Parteiführung die Unterstützung von 20% 15% der Abgeordneten.

Und die Nominierten würden sich dann einer Abstimmung der Parteibasis stellen.

Manches spricht dafür, dass die meisten Abgeordneten und andere Angehörige des Parteiestablishments Corbyn praktischerweise vorher loswerden möchten – denn der verfügt nach wie vor über eine erhebliche Unterstützung an der Basis.

Braucht Corbyn, um seine Parteiführung zu verteidigen, ebenfalls – wie ein Herausforderer oder eine Herausforderin – die Unterstützung von 51 Unterhaus- und EP-Abgeordneten? Der frühere Parteichef Neil Kinnock und der frühere stellvertretende Premierminister John Prescott hätten es jedenfalls gerne so. Da nur 40 MPs beim Misstrauensvotum der Fraktion gegen Corbyn zu ihrem amtierenden Chef standen, spekulieren die beiden Altvorderen offenbar darauf, dass sich womöglich keine 51 Unterstützer für seine Nominierung finden würden.

Lexit?

Der „Economist“ beschreibt die Situation in seiner aktuellen Ausgabe so:

Ob Mr Corbyn überlebt, hängt davon ab, ob er es auf den Stimmzettel schafft. Ohne Nominierungen seiner Abgeordneten liegt seine Hoffnung darin, dass die Parteijuristen auf einen automatischen Platz für ihn darauf entscheiden (die Regeln sind vage). Wenn er diese Hürde schafft, könnte er gewinnen. Das würde sicherlich eine förmliche Parteispaltung auslösen, bei der moderate Parlamentsmitglieder sich für unabhängig erklären und ihren eigenen Führer wählen.
Whether Mr Corbyn survives depends on whether he makes the ballot. Without nominations from his MPs, his best hope is that the party’s lawyers will rule that he has an automatic place on it (the rules are vague). If he clears this hurdle he may win. That would surely produce a formal split, with moderate MPs declaring independence and electing their own leader.

Möglicherweise geht es also auch ohne große Unterstützung aus der Fraktion – da nur 40 MPs Corbyn vorige Woche ihr Vertrauen aussprachen, stellt sich sicherlich die Frage, warum ihn noch 51  MPs für die Basiswahl nominieren sollten – höchstens, wie vor einem Jahr, aus Respekt vor der ganzen Breite des Meinungsspektrums der Partei.

Dann hat Corbyn eine echte Chance. Gewinnt er tatsächlich – und behält der „Economist“ bei seiner Prognose der Konsequenzen daraus recht -, folgt dem Sieg Corbyns dann allerdings der „Lexit“: die „Moderaten“ Members of Parliament verlassen die Labour-Fraktion.

Der Äther

Die Weltraumsonde „Juno“ ist heute früh (MESZ) in die Umlaufbahn des Jupiter eingetreten. „Roger, Juno, welcome to Jupiter“, lautete die Ansage der Weltraumflugkontrollstation in Pasadena, Kalifornien – gerade so, als wäre sie schon vor der Sonde dort angekommen.

Laut Ortszeit schaffte „Juno“ es noch am Independence Day, dem amerikanischen Unabhängigkeitsfest am 14. Juli. Ziel der Mission: herauszufinden, wie dieser größte Planet des Sonnensystems entstanden ist, zitiert die „Welt“ den Mitarbeiter eines Düsentrieblabors.

Welcome to Quackalot. Ain’t science something?

Taiwanische Antischiffsrakete trifft taiwanisches Fischerboot

Nach dem Beschuss eines taiwanischen Fischereibootes durch eine taiwanische Korvette, mit einer Hsiung-Feng-III-Rakete, wirft in der öffentlichen Debatte Fragen danach auf, wie effizient oder ineffizient das Militär eigentlich geführt werde. Der Kapitän des Fischereibootes kam beim Einschlag der Rakete ums Leben.

Laut Verteidigungsministerium ereignete sich mit dem Aufschlag keine Detonation, weil der Aufschlag dafür nicht hart genug gewesen sei.

Tories wählen neue Führung

Die Konservative Partei Großbritanniens sucht einen neuen Partei- und Regierungschef. Vergleiche „Morning Roundup“, 04.07.16, Tories suchen Cameron-Nachfolger. Schafft Theresa May es ein Kandidat oder eine Kandidatin in der ersten Runde auf eine absolute Mehrheit in der konservativen Unterhausfraktion, ist sie auch ohne Mitwirkung der Parteibasis gewählt. Ansonsten stimmen die Parteimitglieder im ganzen Land über die letzten zwei Kandidaten ab, die die Unterhausfraktion im Ausschlusswahlverfahren übriglässt. Wer Parteiführer wird, übernimmt traditionell auch das Amt des Premierministers.

[Update/Korrektur, 05.07.16, 21:45 MESZ: Theresa May erhielt zwar heute die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen – 165 von 329 -; die Wahlen gehen aber gleichwohl weiter, bis der Basis die zwei bis zuletzt verbliebenen Kandidaten zur Mitgliederwahl präsentiert werden können.]

UKIP: der Mann in der Kneipe steigt aus

Nigel Farage, oberster Mund der United Kingdom Independence Party, findet, dass er alles erreicht habe, was zu erreichen war. Nachdem er „sein Land zurückbekommen“ hat, will er jetzt „sein Leben zurückbekommen.

Seine Stärke sei sein „Mann-in-der-Kneipe“-Image, im Kontrast zu der Art und Weise, in der viele Kollegen aus den anderen Parteien sich an die Skripte ihrer jeweiligen Parteien hielten, schreibt die BBC.

Top Gear: Chris Evans steigt aus

Nach vergleichsweise enttäuschenden Zuschauerquoten verlässt der gerade erst eingestiegene Chefansager Chris Evans die Motorshow jetzt wieder. Dem Team sei es offenbar nicht gelungen, eine vergleichbar unbekümmerte zwischenmenschliche Atmosphäre zu schaffen wie die vorherige dreiköpfige Mannschaft, notiert Lizo Mzimba, BBC-Fachmann für die Unterhaltungsindustrie. Die Art und Weise, in der Jeremy Clarkson, Richard Hammond and James May einander anpieksten und auf den Arm nahmen, sei jedoch mindestens so wichtig gewesen wie die Automobil-Aspekte der Erfolgsserie.

Und Olivia de Havilland wurde am 1. Juli einhundert Jahre alt.

Herzlichen Glückwunsch und guten Morgen.

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Morning Roundup: Trump will Mittelschicht vor China retten

Heute:

  • Donald Trump im Aluminiumwerk
  • US-Präsidentschaftswahlkampf, aktuelle Umfragen
  • Alltags-Schiris und Mini-Maradonas
  • Tsai Ing-wen spricht vor Paraguays Parlament
  • Chinesisch-türkische Beziehungen „einerseits gut“
  • Großbritannien: wer jetzt wichtig ist
  • Hilfslieferungen in Syrien
  • Wirtschaftsminister Gabriel in Athen

Donald Trump im Aluminiumwerk

Am Dienstag hielt Donald Trump, voraussichtlicher Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei Amerikas, in einer aluminiumverarbeitenden Betriebsstätte südlich von Pittsburgh eine Rede, in der er ankündigte, „Freihandelsabkommen“ – vom seit langem existierenden American Free Trade Agreement (NAFTA) bis hin zum projektierten TTP – zu verschrotten, und eine nicht zuletzt von Bill und Hillary gepflegte China-Politik (seit den 1990ern) umzudrehen.

Geschmacksprobe:

The people who rigged the system are supporting Hillary Clinton, because they know: as long as she is in charge, nothing’s going to change. The inner cities will remain poor, the factories will remain closed, the borders will remain open.

In dieser unheiligen Trinität. Drei Formen des Unheils kann man sich notfalls auch ohne Notebook merken.

Laut einem „Politico“-Bericht kam Trumps Rede beim Establishment – wie zu erwarten war – nicht gut an, aber Trump kalkuliere womöglich damit, dass viele ältere weiße Wähler, die seiner Kandidatur bisher noch vergleichsweise kritisch gegenüberstünden, sich für seine Globalisierungskritik öffnen könnten. (Und vermutlich dass – der Artikel sagt es nicht – Trumps potenzielle Wahlkampfgeldgeber gleichwohl hinreichend elastisch an ihm festhalten würden?)

Keine Frage, so Lee Fang vom „Intercept“: Hillary Clinton umgebe sich mit Angehörigen der globalen Elite, die Abkommen wie TPP [Trans-Pacific Partnership – das TTIP wird nicht erwähnt] befürworteten und aus solchen Abkommen Nutzen zögen.

Aber wenngleich Trump Clintons Beraterwahl kritisiere: sein eigenes Wahlkampftream sehe in der Hinsicht auch nicht besonders gut aus. Lee Fang nennt dazu vier Namen.

Und so berechtigt Trumps geäußerte Bedenken hinsichtlich TPP und anderen „Freihandelsabkommen“ auch seien: die Biografie des Kandidaten weise eine lange Liste von Positionswechseln auf, darunter genau entgegengesetzte Ansichten zur Abtreibung, zur Einwanderung, zur Israelpolitik und zu Mindestlöhnen.

Mit seiner Rede hoffe Trump, stärkere Unterstützung der von der Globalisierung bedrängten gewerblichen Arbeitnehmer und der Mittelschicht zu erhalten, so der Mandarin-Service von Radio Taiwan International (RTI). Es sei offenbar Trumps Absicht, den Wahlkampf in Richtung Opposition gegen regionale Handelsabkommen zu verschieben. Damit, dass er gegen eine von Amerika seit Ende des 2. Weltkriegs verfolgte globale Politik opponiere, setze er sich nicht nur von Hillary Clinton, sondern auch von der Republikanischen Partei ab.

US-Präsidentschaftswahlkampf: Aktuelle Umfragen

Eine von NBC News und dem „Wall Street Journal“ in Auftrag gegebene Umfrage sieht Clinton (46%) gegenüber Trump (41%) in Führung; eine ebenfalls von ABC News, aber zusammen mit der „Washington Post“ in Auftrag gegebene Umfrage gibt Clinton 51 Prozent und Trump lediglich 39 Prozent.

Einer Meinungsumfrage des Quinnipiac University Polling Institute zufolge liegen Hillary Clinton (42%) und Donald Trump (40%) unter registrierten Wahlberechtigten jedoch nahezu gleichauf. Ende Mai habe das Wahlforschungsinstitut noch Werte von 45 Prozent für Clinton und 41 Prozent für Trump ermittelt.

Hierbei besteht der Umfrage zufolge ein deutliches Gefälle zugunsten Clintons bei Frauen, und zugunsten Trumps bei Männern.

Mit diesen Kandidaten gehen Demokraten und Republikaner offenbar einem bitteren Wahlkampf entgegen: 48 Prozent der befragten registrierten Wahlberechtigten erklärten, sie würden niemals für Trump stimmen, und 10 Prozent würden es wahrscheinlich nicht tun.
Kaum besser schneidet Clinton ab: 45 Prozent „nie“; 19 Prozent wahrscheinlich nicht.

Die zwei außerdem – außerhalb des Zweiparteiensystems von Dem und Rep – im Rennen befindlichen Kandidaten bleiben relativ wenig bekannt; die meisten Befragten äußerten, sie wüssten zu wenig über sie, um eine Meinung über sie zu haben.

Schiris und Mini-Maradonas

Der „Freitag“ hat ein Interview mit einem Schiedsrichter der Ober- und Landesliga online gestellt. Ralph Vollmers aus dem schleswig-holsteinischen Umland Hamburgs, fühlt sich zwar unter Amateurfußballern vergleichsweise wohl, bemerkt aber auch dort einen zum Teil erheblichen Leistungsdruck – vor allem von Eltern auf Kinder:

Es gibt so gescheiterte, selbsternannte ewige Talente. Wenn die dann so einen Zögling haben, der annehmbar den Ball spielt, dann sehen die schnell die Chance, den zu vermarkten. Die drängen dann das Kind so dermaßen in eine Richtung und bieten es Vereinen an und erwarten von dem eine Leistung, die er gar nicht bringen kann. Dieser Überehrgeiz führt natürlich auch zu Problemen mit Schiedsrichtern. Der ist dann gerne mal am Scheitern des Kindes und der eigenen Mannschaft schuld.

Das Infofeld „Drago aus Bergedorf“ enthält auch einen Buchtipp: „Ey, Schiri, wir wissen, wo dein Auto steht!“

Tsai Ing-wen spricht vor Paraguays Parlament

Taiwanische Präsidenten stehen aufgrund der weitgehenden diplomatischen Isolation ihres Landes vor einer sehr überschaubaren Auswahl von Reisezielen, die sie während ihrer Amtszeit besuchen können. Tsai Ing-wen aber ist schon fünf Wochen nach ihrem Amtsamtritt unterwegs. Nach ihrer Teilnahme an der Eröffnung des erweiterten Panama-Kanals*) sprach sie am Mittwoch vor dem paraguayischen Parlament.

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*) Vergleiche „Morning Roundup“, 25.06.16, Taiwanische Diplomatie.

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Chinesisch-türkische Beziehungen „einerseits gut“

Die Türkei sei seit dem zweiten Halbjahr 2015 zu einem Schwerpunktziel für terroristische Anschläge geworden, notierte die weltpolitikorientierte chinesische Zeitung „Huanqiu Shibao“ am Mittwoch in ihrem Onlineauftritt. Dies sei vor allem auf zwei Organisationen zurückzuführen, von denen die eine die alte kurdische Widersacherorganisation sei, und die andere der IS. Darauf sei die türkische Gesellschaft nicht vorbereitet gewesen, und Innen- wie Außenpolitik stünden vor einem Test. Dabei würde Ankaras Haltung gegenüber dem IS mitunter als mehrdeutig betrachtet.

Der Artikel geht dann zu den chinesisch-türkischen Beziehungen über, die „einerseits sehr gut“ seien, da die Türkei die „Seidenstraßen-Initiative“ (One Belt, one Road) Beijings positiv aufnehme, die Türkei andererseits aber hinsichtlich der „korrekten Anti-Terror-Politik und Nationalitätenpolitik in Xinjiang“ hintergründig kritisiere. Einige inländische türkische Kräfte pflegten einen pan-türkischen Komplex und unterstützten eine extrem kleine Minderheit unter den Bewohnern Xinjiangs dabei, illegal in den Mittleren Osten zu gelangen, und dumme Bemerkungen zu machen, wenn die chinesische Regierung versuche, solche Vorgänge zu unterbinden.

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Großbritannien: Wer jetzt wichtig ist

Wer ist jetzt wichtig in der britischen Politik? „Politico“ zählt auf: Kandidat Boris Johnson (allerdings mit dem Makel des „Königsmörders“ behaftet, was schon dem Thatcher-Killer Michael Heseltine vor einem Vierteljahrhundert schadete), Kandidatin und Innenministerin Theresa May, Kandidat Liam Fox, Stephen Crabb, Nicky Morgan, und George Osborne (der zwar eine Kandidatur ausgeschlossen habe, aber wichtig bleibe). Bereits erklärte wie auch potenzielle Kandidaten werden bei Wikipedia gelistet.

Wichtig sei aber auch Jeremy Corbyn, so „Politico“, der zwar unter den Labour-Unterhausabgeordneten immer weniger Unterstützung genieße, dessen Ansehen an der Basis aber anscheinend ungeschmälert bleibe.

US-Präsident Barack Obama appellierte an David Cameron und andere EU-Führer, ein geordnetes Verfahren für den britischen Austritt zu gewährleisten. Auf einem Treffen mit den Staats- bzw. Regierungschefs Mexikos und Kanadas in Ottawa erklärte Obama, er habe mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gesprochen und ihr Interesse sei nicht Vergeltung, sondern dass der Austritt Großbritanniens funktioniere.

Hilfslieferungen in Syrien

Ein Konvoi mit Nahrungsmitteln und Medikamenten erreichte am Mittwoch Zamalka und Erbin, die Berichten zufolge letzten zwei syrischen Städte, die seit 2012 keine humanitäre Hilfe erhalten hatten, berichtet AFP. Beide Städte (oder Vororte) befinden sich unweit von Syriens Hauptstadt Damaskus.

Wirtschaftsminister Gabriel in Athen

„Kathimerini English Edition“ in einer Meldung von gestern nachmittag:

Der griechische Premierminister Alexis Tsipras wird Berichten zufolge den deutschen Vizekanzler Sigmar Gabriel am Donnerstag zu Gesprächen in Athen treffen.

Das Treffen mit Gabriel, der auch Deutschlands Wirtschaftsminister ist, findet Berichten zufolge um 13 Uhr in der Villa Maximos statt.

Es waren keine Details zum Thema der Gespräche verfügbar.

Die Deutsche Welle weiß, wer mitreist: über vierzig Unternehmensvertreter. Sie wollen bei Privatisierungen nicht leer ausgehen. Erneuerbare Energien stehen mit im Focus.

Auch politische Themen sollen eine Rolle spielen:

Es ist kein Geheimnis, dass Gabriel, aber auch der französische Präsident Hollande und der italienische Ministerpräsident Renzi, eine sich immer mehr wandelnde Syriza gerne in ihren Reihen sehen würden. In Gesprächen mit den Führungen der arg geschrumpften sozialdemokratischen Partei PASOK und der ebenfalls sozialdemokratischen Potami möchte der SPD-Chef für die Einheit der Mitte-Links-Spektrums in Griechenland werben.

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Morning Roundup: Brexit – „hundert bezahlte Wissenschaftler“

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Iran-Politik: Streit zwischen State Department und Finanzministerium

Zwischen US-Außenministerium (State Department) und Finanzministerium (Treasury Department) ist laut „Free Beacon“ ein grundsätzlicher und anhaltender Streit darüber entbrannt, inwieweit Iran Zugang zum amerikanischen Finanzsystem erhalten solle. Auf Forderungen aus Senat und Repräsentantenhaus, den Iran von US-Finanzmärkten auszuschließen, sei die Obama-Administration im Mai zwar nicht nachgekommen. Mittlerweile seien solche Versprechungen jedoch – aus dem Finanzministerium – gemacht worden. „Free Beacon“ beruft sich auf einen nicht namentlich Kongressmitarbeiter, dessen Arbeitsbereich mit der Obama-Administration zu tun habe.

Ökonom: Rechtspopulismus stellt „Eliten“ vor Grundsatzentscheidung

Systemische Hauptursache für den Aufstieg der Rechtspopulisten ist die jahrzehntelange Ausbreitung des Neoliberalismus in Wissenschaft, Medien und Politik,

konstatiert Stephan Schulmeister, ein österreichischer Ökonom, in einem Beitrag für den „Freitag“. Es sei die Behauptung der „Krisengewinnler“ – der Rechtspopulisten -, sie wollten den Primat der Poltik über die Märkte wieder herstellen, die sie so attraktiv für verunsicherte Wähler mache.

Ohne die Einsicht der Eliten, dass der Neoliberalismus das erfolgreichste Projekt der Gegen-Aufklärung und der (Selbst-)Entmächtigung sowie Ent-Moralisierung der Politik darstelle, werde man Krise und Rechtspopulisten nicht bekämpfen können, so Schulmeister, und verweist auf eine Wahl, vor der politische Führer beiderseits des Atlantiks in der Weltwirtschaftskrise ab 1929 standen:

In der Depression der 1930er Jahre (ausgelöst durch den Börsenkrach 1929) wählte Roosevelt mit seinem „New Deal“ den Weg der Selbst-Ermächtigung der Politik durch radikale Regulierung des Finanzsektors sowie durch eine aktive Beschäftigungs- und Sozialpolitik zur Bekämpfung der Armut und zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

In Deutschland ebnete die Sparpolitik des Anti-Faschisten Brüning Hitler den Weg zur Macht. Immer mehr Deklassierte folgten ihm. Denn er versprach jedem Deutschen Geborgenheit in der Volksgemeinschaft und lenkte Wut und Verbitterung auf Schuldige: „Oben“ das jüdische Finanzkapital, andere Nationen und der Völkerbund, „unten“ die Juden.

 

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Victoria Nuland in Ukraine und Russland

US-Vizeaußenministerin Victoria Nuland hielt sich am Mittwoch in Kiew zu Gesprächen mit der ukrainischen Führung auf. Es sei dabei um „Reform-Prioritäten“ und um die Minsker Abkommen gegangen, so die der russischen Interfax-Gruppe zugehörige Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine. Sie werde anschießend nach Moskau weiterreisen, um mit führenden russischen Offiziellen die Situation in der Ostukraine, um in Unterstützung des Normandie-Formats und der Trilateralen Kontaktgruppe die nächsten Schritte der Umsetzung der Minsk-Vereinbarungen zu diskutieren. Ein Treffen Nulands mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroshenko sei „laut Quellen“ während ihres Aufenthaltes in Kiew – entgegen ursprünglicher Planungen – nicht vorgesehen.

Japanisch-Russische Konsultationen

Japan und Russland haben bei Konsultationen auf Sondergesandten- bzw. Vizeministerebene in Tokio die Notwendigkeit festgestellt, Vorbereitungen für einen Besuch Präsident Vladimir Putins in Japan fortzusetzen. Mit anderen Worten: ein konkreter Termin steht noch aus. Putin hatte vor mehreren Jahren eine Einladung aus Japan erhalten. Ein solcher Besuch sei aber verschoben worden, nachdem Japan westliche Sanktionen gegen Russland unterstützte, so TASS in einer Meldung vom Mittwoch.

Russland verspricht sich von einer russisch-japanischen Annäherung sowohl geopolitische als auch ökonomische Vorteile. Japan wiederum interessiert sich für Investitionsmöglichkeiten in Russland, und verspricht sich von einem Friedensvertrag mit Moskau (bisher gibt es technisch gesehen lediglich einen Waffenstillstand zwischen den beiden Ländern) eine internationale Aufwertung.

 

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Brexiters: Trau‘ keinem Experten

Die Brexit-Kampagne sehe überall Nazis, so Robert Mackey, „The Intercept“. Tonangebend sei der frühere Londoner Bürgermeister Boris Johnson gewesen, der im Mai dem „Telegraph“ erklärte, die EU wolle einen Superstaat, genau wie Hitler.

Mackey:

Eine Art Höhepunkt wurde Dienstagabend erreicht, als Michael Gove, der Justizminister und Anführer der Leave-Kampagne, in einem Radiointerview gefragt wurde, warum die Wähler ihm vertrauen sollten, anstelle einer Vielzahl von führenden Wirtschaftsexperten, inklusive zehn Nobelpreisträgern, die warnten, ein Verlassen des gemeinsamen Marktes und ins Unbekannte könne die britische Wirtschaft ernsthaft schädigen und das Land in die Rezession kippen könne.

[…]

„Der Schlüsselsachverhalt ist hier, die Annahmen abzufragen, die gemacht werden, und zu fragen, ob das gute Argumente sind,“ sagte Gove. „Ich meine, wir müssen vorsichtig mit historischen Vergleichen sein, aber Albert Einstein wurde während der 1930er Jahre von den deutschen Behörden dafür angeprangert, falsch zu liegen, und seine Theorien wurden als falsch angeprangert, und einer der Gründe dafür, dass er angeprangert wurde, war der, das er Jude war.“

„Sie boten 100 von der Regierung bezahlte Wissenschaftler auf um zu sagen, dass er unrecht habe,“ fuhr Gove fort, „und Einstein sagte, „’schau‘ mal, wenn ich unrecht hätte, wäre einer genug gewesen.'“

Gove bezog sich – ungenau – auf ein Anti-Einstein-Buch, das 1931 in Deutschland veröffentlicht wurde, 100 Autoren gegen Einstein, das keine Veröffentlichung der Nazi-Regierung war, die zwei Jahre später an die Macht kam, das aber Beiträge einer Anzahl von Nazi-Sympathisanten enthielt.

[…]

Wenngleich Gove sich am Mittwoch für die Analogie entschuldigte – während er vor einem Bus mit einer Aufschrift mit einer falschen Statistik über Großbritanniens finanziellen Beitrag zur EU stand – waren die Bemerkungen des konservativen Politikers aus zwei Gründen von Bedeutung. Zum einen, weil sie zeigten, wie sehr eine komplexe Debatte über Wirtschafts- und Sozialpolitik in eine Art Streit überging, wie man sie eher aus einem Kommentierthread online kennt, wo Godwin’s Law immer zum Tragen kommt. Und zweitens, weil Gove selbst die letzten Tage der Kampagne damit verbracht hat, die Wähler zu drängen, eine Welle von Experten zu ignorieren, die argumentieren, dass die Vorteile einer fortgesetzten EU-Mitgliedschaft die Kosten für Großbritannien überwiegen, und lieber ihrem eigenen Instinkt zu vertrauen, dem zufolge etwas faul sei an einem Projekt, auf das die Deutschen so scharf sind.

Allerdings behauptet auch nicht jeder Befürworter eines Verbleibs in der EU, dass die „Remain-Kampagne“ sich mit einer auffallend löblichen Wahrheitsliebe hervorgetan habe. In diesem Zusammenhang führt Mackey den Juraprofessor Michael Dougan an, der gesagt habe, dass, „wenngleich die Remain-Kampagne sich in manchen Punkten nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, mit ihrer Nutzung fragwürdiger Statistiken, finde ich, dass die Leave-Kampagne im industriellen Maßstab in die Unehrlichkeit degeneriert ist,“ um dann 25 Minuten lang die wichtigsten Argumente der Brexit-Unterstützer zu widerlegen [Video dort.]

 

#BREXIT +++ UPDATE [8:31 Uhr] __by Auerbach +++ heute wird in England abgestimmt +++ Zahlen, Fakten, Infografiken und Charts zu Wirtschaftsleistung und Finanzen der EU, England, #Brexit und die Folgen im Backgroundguide des Data Grafik Teams vom Economist Magazin hier.

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Nordkoreanische Tests, chinesische Reaktion

Über zwei neuerliche nordkoreanische Raketentests, die entweder möglicherweise technische Fortschritte brachten oder ein Misserfolg waren, oder ein teilweiser Misserfolg, oder auf die das eine wie das andere (trial and error) zutrifft, ergab sich am Mittwoch zwischen einem Teilnehmer der Pressekonferenz beim chinesischen Außenministerium und der Ministeriumssprecherin Hua Chunying folgender Dialog:

Q: Die Demokratische Volksrepublik Korea startete heute zwei Mittelstreckenraketen, die beide als Misserfolge endeten. Die japanische Regierung und die Regierung der Republik Korea haben Besorgnis darüber ausgedrückt. Die chinesische Regierung ruft stets die relevanten Parteien dazu auf, Ruhe zu bewahren und Zurückhaltung zu üben. Wird China diesmal der DVRK gegenüber Bedenken äußern?

A: Wir haben die relevanten Berichte zur Kenntnis genommen. Die koreanische Halbinsel befindet sich zur Zeit in einer komplexen und heiklen Situation. Die relevanten Parteien sollten Aktionen vermeiden, die die Spannung eskalieren, und gemeinsam den regionalen Frieden und die regionale Stabilität wahren.

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Vergl. KBS, „Brennpunkt“, 16.06.16

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AIR: FDI-Liberalisierung Indiens „befeuern“ Kapitalzuflüsse

Der World Service des indischen Rundfunks, All India Radio (AIR), hebt in einem Kommentar wünschenswerte Wirkungen der Liberalisierungsmaßnahmen für Auslandsdirektinvestitionen (FDI) hervor, die die indische Unionsregierung bisher vorgenommen habe:

Dies war die vierte Runde von großen Änderungen hinsichtlich der FDI, seit die Regierung vor zwei Jahren ins Amt kam, und die zweite seit November vorigen Jahres, als die Bestimmungen für eine Anzahl von Sektoren – unter anderem Luftfahrt, Bau und Einzelhandel – erleichtert wurden. Zuvor hatte die Regierung die Deckelung auf FDI in Versicherungen und Verteidigung angehoben, bei gleichzeitiger Ermöglichung von Auslands[investitions]flüssen in die Eisenbahnen, die zwei Jahrzehnte lang nach den Reformen von 1991 geschlossen geblieben waren. Die Schritte befeuerten einen Sprung von 54 Prozent in den FDI-Flüssen im vergangenen Rechnungsjahr, auf einen Rekordwert von 55,5 Mrd. US-$. Diesmal konzentrierte man sich auf die Aufhebung der strengen Bedingungen, die oft mit der [ersten] Öffnung eines Sektors einhergehen, und die tendenziell Investoren abschrecken. Die Regierung hat daher die Regeln für Unternehmen der Verteidigungsindustrie gelockert, bei denen der Auslandseigentumsanteil bei über 49 Prozent liegt. Die Regierung hat nun klargestellt, dass, wenn die Verteidigungssstreitkräfte Güter benötigen, und mit Nutzung moderner Technologie im Gegensatz zum Stand der Technik produziert wird, eine örtliche Produktionsanlage hinzukommen kann.

Selbst beim Nahrungsmitteleinzelhandel entschied sich die Regierung, Forderungen zu ignorieren, nach denen für die Einzelhändler Beschaffungsnormen vorgeschrieben werden sollten, in einem Segment, in dem 100 Prozent FDI ohne Zusatzbestimmungen erlaubt wurden, was auch für den elektronischen Handel gilt. […]

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Vergl. „Morning Roundup“, 21.06.16, Weitreichende Reformen.

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